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Die Linke: Ungarns Grenzzaun ist eine traurige Entwicklung

Enikő Enzsöl 2017.09.20.

Deutsche Parteien und Politiker wurden von dem ungarischen Nachrichtenportal Mandiner vor der Bundestagswahl aufgesucht, um mit denen über deutsche und internationale Politik und über Ihre künftigen Pläne zu sprechen. Der AfD-Politiker Marc Jongen und zwei FDP-Politiker Christoph Meier und Marcus Faber wurden im Interviewreihe von Stefan Liebich, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Auswärtigen Ausschuss gefolgt. Das auf dem Portal in ungarischer Sprache erschienene Interview wurde von Gergő Kereki in deutscher Sprache geführt.

Stefan Liebich, Obmann der Fraktion DIE LINKE im Auswärtigen Ausschuss (Foto: stefan-liebich.de)

– Was ist Ihre Grundbotschaft für die deutschen Wähler?

– Wir wollen, dass diejenigen, die viel Geld haben, mehr zu unserem Gemeinwesen beitragen, damit Armut besser bekämpft werden kann. Wir wollen, dass die Waffenexporte Deutschlands gestoppt werden. Und wir wollen, dass die noch bestehenden Ungerechtigkeiten zwischen Ost und West behoben werden.

– Würden Sie mit SPD und Grünen eine Koalition bilden?

– Ja, wenn wir gemeinsam unser Land sozialer gestalten wollen.

– Wie beurteilen Sie das TV-Duell Merkel gegen Schulz?

– Aus meiner Sicht war es kein Duell, da hier die Vorsitzenden der zwei Regierungsparteien miteinander über ihre geringen Differenzen geredet haben.

– Welche waren die schlechtesten Entscheidungen von Merkel in den vergangenen Jahren?

– Sie hat mit ihrer Austeritätspolitik den Bestand unserer Europäischen Union gefährdet. Wenn in deutschen Boulevardzeitungen die Griechen als faul bezeichnet werden und in griechischen Zeitungen Merkel mit Hitlerbart karikiert wird, illustriert das diese Entwicklung.

– Was denken Sie über Migration? Seit 2015 können wir über eine Zuwanderung von 1,2 Millionen Migranten nach Deutschland sprechen. Welche Erfahrungen haben Sie?

– Gute. Die meisten Deutschen wollen Menschen, die in Not sind, helfen. Und unsere demographische Entwicklung braucht Einwanderung.

–  Was denken Sie über die Europäische Union? Ist die heutige Lage in Europa gut?

– Nein. Die EU driftet auseinander. Das muss gestoppt werden, denn wir brauchen sie dringend. Es muss Reformen geben, die die Union sozialer, demokratischer und ziviler macht.

– Wer keine Flüchtlinge aufnehmen will und die Grundrechte der EU missachtet, kriegt kein Geld. Also keine Flüchtlinge kein Geld bzw. kein Rechtsstaat kein Geld. Stimmen Sie zu?

– Die Regeln, auf die sich die EU verständigt hat, gelten für alle gleichermaßen. Wer versucht, sich ihnen zu entziehen, muss mit einem Verlust von Stimmrechten und finanzieller Unterstützung rechnen.

– „Wir dürfen unser Budget nicht benutzen, um politisch motiviert zu strafen. Jeder Euro, den die EU Polen gibt, kehrt nach Deutschland zurück. Die Polen benutzten das Geld um der deutschen Bauindustrie Aufträge zu geben, sie kauften deutsche Maschinen, LKWs.“ –  Günther Oettinger hat diese Sätze gesagt. Wenn er Recht hat, ist die „keine Flüchtlinge, kein Geld bzw. kein Rechtsstaat kein Geld”-Politik nur eine leere politische Drohung.

– Es geht nicht um Strafen, sondern um das Einhalten gemeinsamer Verabredungen. Wer sich dem entzieht, muss mit Konsequenzen rechnen. Im Übrigen teile ich Oettingers Positionen meist nicht.

– Was denken Sie über die Migrationspolitik von Viktor Orbán?

-Ungarn war das Land, das an vorderster Stelle zum Fall des Eisernen Vorhangs beigetragen hat. Hier wurden damals die Grenzzäune zerschnitten, heute werden sie wieder aufgebaut. Ich finde das sehr traurig.

via mandiner.hu, Foto: die-linke.de