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Minderwertige Lebensmittel in Osteuropa

Enikő Enzsöl 2017.10.12.

Frühere Untersuchungen haben bestätigt, dass in Osteuropa von den multinationalen Herstellern Lebensmitteln von minderwertiger Qualität verkauft werden. Passen die Hersteller Rezepte an Geschmäcker an oder bedeutet das gleich Pantscherei?

Die zahlreichen Mängel bei den Produkten der großen Konzerne in Osteuropa sei „einer der größten Skandale der jüngsten Vergangenheit”, sagte János Lázár, Kanzleiminister des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. Die ungarische Lebensmittelbehörde ließ 24 Markenprodukte untersuchen, die sie bei Discounterketten in Österreich und Ungarn kaufte und stellte deutliche Unterschiede fest. Das slowakische Landwirtschaftsministerium verglich 22 Nahrungsmittel und kam zum Ergebnis, dass die Rezepturen deutlich abwichen. Laut Untersuchung der Universität Prag im Auftrag einer EU-Abgeordneten gibt es in Tschechien geringeren Fischgehalt im Stäbchen und Sirup in der Cola.

Ungarn, der Slowakei, Tschechien, Polen, Slowenien, Kroatien, Bulgarien, Rumänien und Litauen haben deshalb ein länderübergreifendes Bündnis gegen die „Zweiklassengesellschaft in der EU” formiert. Um das Problem anzugehen, will die Europäische Union Leitlinien entwickeln, mit denen Produkte leichter auf einheitliche Standards überprüft werden können, da es nun keine Regel gibt, wonach Konzerne in jedem Land ihre Produkte mit der gleichen Rezeptur herstellen müssen.

Die Hersteller der betroffenen Produkte entgegnen: ihre Rezepte werden an die Geschmäcker in den Verkaufsländern angepasst. Die Frage, wo die individuelle Geschmacksvariation endet – und wo die Panscherei auf Kosten der Qualität beginnt, bleibt offen. Tomaso Duso, Experte für Lebensmittelhandel beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) meint: „Die Produkte sind ja nicht automatisch schlechter, nur weil die Firmen Zutaten benutzen, die weniger kosten.” Er fügte aber hinzu: „Wenn dabei Inhaltsstoffe zugesetzt würden, die gesundheitlich schädlich wären, dann wäre das tatsächlich ein Fall für den Verbraucherschutz und dann würde ich es den Herstellern anlasten.” Eine weitere Harmonisierung des EU-Verbraucherschutzes sei durchaus wünschenswert, aber es würde eine enorme Beschränkung bedeuten, wenn die EU künftig anhand des Durchschnittsgeschmacks eines Durchschnittseuropäers entscheiden würde, wie ein EU-Produkt schmecken muss, so der Experte.

via zeit.de, Foto: Picture Alliance