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Orbán-Berater: „Stabilität in Deutschland ist uns wichtig“

Enikő Enzsöl 2018.02.09.

In dem deutschen Koalitionsvertrag wurde Ungarn im Zusammenhang mit der deutsch-polnischen Partnerschaft zwar positiv dargestellt – „Dabei werden wir nicht vergessen, dass Polen und Ungarn den Grundstein für Europas und Deutschlands Wiedervereinigung in Freiheit gelegt haben.“ – aber in Ungarn und in den anderen Visegrád-Staaten (V4) wird die Einigung der CDU, CSU und SPD mit gemischten Gefühlen betrachtet.

„Stabilität in Deutschland ist uns wichtig“, sagte ein Berater von dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ und begrüßte, dass Angela Merkel eine Regierung bilden konnte. Von Anfang an war trotz allem Streit in der Migrationspolitik eine erneute Kanzlerschaft Merkels von Ungarn sowie von den anderen Visegrád-Ländern (Polen, Tschechien und die Slowakei) erwünscht.

Der gewachsene Einfluss der SPD, insbesondere Martin Schulz als designierter Außenminister kann aber der ungarischen Regierung Anlass zur Sorge geben. Schon als EU-Parlamentspräsident hatte Schulz das Land scharf kritisiert, und nun hat Budapest die Befürchtung, dass sich das ohnehin schon angespannte Verhältnis mit Deutschland in der jetzigen Konstellation verschlechtern könnte.

Es gebe „wieder eine deutsche Frage in Europa“, nämlich die Frage, wie sich Berlin in den nächsten Jahren positionieren wird, behauptet der Orbán-Berater. Eine Entfremdung zwischen Deutschland und den Visegrád-Staaten könne durch eine einseitige Orientierung zu den Reformplänen von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und hin zu überstaatlichen Strukturen in Europa, begleitet von einer verächtlichen Grundhaltung gegenüber Warschau und Budapest eintreten.

Merkels bisherige Sparpolitik könnte auf Druck der SPD aufweichen, was „auch der deutschen Wettbewerbsfähigkeit in der Region“ schaden würde, meint man in den Visegrád-Ländern. Was von Merkel gewünscht wird: dass sie die Visegrád-Staaten als strategische Partner umarmt, statt sie zu belehren. „Es liegt in beiderseitigem Interesse, den Dialog zu führen und auch in schwierigen Fragen den Partner nicht vor vollendete Tatsachen zu stellen“, meint man in Prag.

via welt.de, handelsblatt.com; Foto: Reuters