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Durchsuchungen in drei Ministerien, bevor der Fall Schadl-Völner Schlagzeilen machte

Ungarn Heute 2022.02.02.

Staatsasnwälte führten auch Hausdurchsuchungen in drei Ministerien in Bezug zum vermeintlichen Korruptionsfall des ehemaligen stellvertretenden Justizministers Pál Völner und dem Präsidenten der ungarischen Gerichtsvollzieherkammer (MBVK), György Schadl, durch, berichtet der Sender RTL auf Grundlage der Untersuchungsdokumente.

Die Zentrale Hauptstaatsanwaltschaft leitete am 25. November eine koordinierte Operation ein: Etwa zur gleichen Zeit am Vormittag fanden Durchsuchungen im Büro des Ministerpräsidenten, im Ministerium für Humanressourcen und im Ministerium für Innovation und Technologie statt. (György Schadl befand sich zu diesem Zeitpunkt bereits unter anderem wegen des Verdachts der Bestechung in Untersuchungshaft, während Pál Völner erst später, am 7. Dezember, angeklagt wurde).

Die Behörden waren auf der Suche nach Unterlagen zu bestimmten Ausschreibungen, die György Schadl und Pál Völner zuvor telefonisch besprochen hatten.

Laut Anklage der Staatsanwaltschaft hatte György Schadl, der Vorsitzende des Gerichtsvollzieherverbandes, jahrelang korrupte Handlungen mit Pál Völner vorgenommen, den Schadl regelmäßig dafür bezahlte, dass er in seinem Auftrag Einfluss auf verschiedene Angelegenheiten nahm. Einige davon betrafen die Gerichtsvollzieher, aber sie arbeiteten auch in anderen Angelegenheiten zusammen. Ein solcher Fall war der Versuch des ehemaligen Staatssekretärs, eine Ausschreibung für einen wasserkraftbetriebenen Motor für Schadls Unternehmen zu erhalten.

Laut einem abgehörten Telefongespräch, versuchte der mit Korruption beschuldigte Politiker die Eröffnung der Ausschreibung mit János Süli zu organisieren, dem Minister ohne Portfolio verantwortlich für die Ausweitung von Paks, der sagte, er sei „gespannt“ auf den Vorschlag von Völner.

Die Staatsanwälte begannen ihre Durchsuchung im Büro von Süli im Büro des Ministerpräsidenten. Sie forderten die Unterlagen zu Schadls Unternehmen und zu Ausschreibungen für reduzierte Kohlenstoffemissionen an.

Die Staatsanwälte suchten fast eine Stunde lang nach den Dokumenten, fanden aber schließlich nichts und sagten, dass auch im Kalender von Minister Süli kein Eintrag über eine Sitzung zu diesem Thema zu finden sei. Die Behörden nahmen schließlich eine Liste mit Zuschüssen aus dem Ministerium mit. Zehn Minuten vor dem Ende der Durchsuchung erschien der Minister ohne Portfolio, János Süli, und wurde ebenfalls über den Grund der Durchsuchung informiert.

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Zu den Studenten sollen Verwandten bzw. nahestehende Personen von Pál Völner und dem Stabschef des Ministerpräsidenten, Antal Rogán gehören.Weiterlesen

Aus den Ermittlungsunterlagen geht nicht hervor, wie viel die Staatsanwälte den Mitarbeitern der Ministerien, die bei den Durchsuchungen anwesend waren, über die laufenden Ermittlungen mitgeteilt haben. RTL fragte bei der Regierung an, ob Ministerpräsident Viktor Orbán oder andere Mitglieder der Regierung von den Durchsuchungen wussten und, falls ja, ob sie von dem untersuchten Fall wussten, erhielt aber keine Antwort.

Aus den Ermittlungsunterlagen geht auch hervor, dass die Staatsanwaltschaft bereits am 10. November die Aufsichtsbehörde für geregelte Tätigkeiten (die für die Überwachung des Tabakwarenhandels, der Strafverfolgung, des Glücksspiels und der Liquidation zuständig ist) über die Verhaftung von György Schadl informiert hatte, der unter anderem der Bestechung verdächtigt wurde. Die Regierung teilte nicht mit, ob die Behörde diese Information an einen der Minister oder den Premierminister weitergegeben hat.

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Völner, der seit August 2019 auch als Ministerialbeauftragter für die Ungarische Gerichtsvollzieherkammer zuständig war, wird beschuldigt über einen längeren Zeitraum regelmäßig Bestechungsgelder in Höhe von 2 bis 5 Millionen Forint von György Schadl, dem Vorsitzenden der Gerichtsvollzieherkammer, erhalten zu haben.Weiterlesen

Viktor Orbán hatte auf einer Pressekonferenz Mitte Dezember auf eine Frage von RTL News geantwortet, dass er von dem Verfahren gegen Pál Völner erst an dem Tag erfahren habe, an dem die Staatsanwaltschaft die Aufhebung seiner Immunität beantragt habe, was am 7. Dezember geschah. Auch der Leiter des PMO, Gergely Gulyás, sagte dasselbe.

Fact

Der Völner-Schadl-Skandal brach Anfang Dezember aus, als die Generalstaatsanwaltschaft die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Pál Völner beantragte, der stellvertretender Minister und Staatssekretär des Justizministeriums war. Völner, der seit August 2019 auch Ministerialbeauftragter für die Ungarische Gerichtsvollzieherkammer war, wird vorgeworfen, über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig Bestechungsgelder in Höhe von 2 bis 5 Millionen Forint von György Schadl, dem Vorsitzenden der Gerichtsvollzieherkammer, erhalten zu haben. Insgesamt soll der ehemalige stellvertretende Minister unter anderem 83 Millionen Forint erhalten haben, um bestimmte Personen zu Gerichtsvollziehern zu ernennen, die alle von Schadl unterstützt wurden. Der Fall hat zwölf Verdächtige, darunter acht Gerichtsvollzieher. Völner trat mit sofortiger Wirkung von seinem Amt zurück, seine Immunität wurde eine Woche später aufgehoben, und er erschien später freiwillig vor der Zentralen Oberstaatsanwaltschaft. In einer Erklärung schrieb er, der Antrag der Staatsanwaltschaft sei „ziemlich obskur, oberflächlich, widersprüchlich, an mehreren Stellen inkohärent“, und in einigen Teilen sei nicht einmal klar, welches Verbrechen ihm vorgeworfen werde. Nach Ansicht des Fidesz-Politikers enthält der Antrag der Staatsanwaltschaft auch zahlreiche falsche Behauptungen.

Präsident des Nationalen Amtes für das Justizwesen ordnet umfassende Untersuchung an

Währenddessen hat die Nachrichtenseite 444 berichtet, dass Ungarns Justizwesen von einem weiteren, sich kürzlich ereigneten Fall mit György Schadl „sichtbar erschüttert wurde“, da dieser laut der Staatsanwaltschaft einen anderen Gerichtsvollzieher aus seiner Praxis verdrängen wollte. Nachdem er sich von einem Richter am Budapester Stadtgericht behindert fühlte, versuchte er, ihn zu Fall zu bringen.

Zu diesem Zweck wandte er sich an György Barna Senyei, den Präsidenten des Landesamts für das Justizwesen (OBH), der Verwaltungsstelle der Gerichte. Das OBH gab daraufhin eine Erklärung ab, dass Senyei sich tatsächlich mit Schadl getroffen habe, verwies ihn aber an Péter Tatár-Kis, den Präsidenten des Budapester Stadtgerichts.

Tatár-Kis habe Schadl empfangen, räumte er in einer internen Erklärung ein. In dieser Erklärung sagte Tatár-Kis auch, dass er Schadls Vorgehen als Beschwerde gegen den Richter betrachtet habe und dass eine kurze Untersuchung eingeleitet worden sei, aber „ich sah keine Gründe für die Einleitung eines Disziplinar- oder sonstigen Verfahrens gegen meinen Kollegen“.

Der Präsident des OBH scheint sich jedoch nicht vom Präsidenten des Budapester Stadtgerichts beruhigen zu lassen, denn er hat eine umfassende Untersuchung des Falls angeordnet.

Im Rahmen der Untersuchung soll geprüft werden, ob die im Jahr 2021 beim Stadtgericht eingegangenen Beschwerden und Mitteilungen im Einklang mit den Vorschriften bearbeitet wurden. Außerdem soll geprüft werden, in welcher Form und auf welche Weise György Schadl eine Beschwerde gegen einen Gerichtsmitarbeiter des Zentralen Bezirksgerichts Pest eingereicht hat und wie seine Beschwerde im Rahmen welchen Verfahrens untersucht wurde.

(geschrieben von Hungary Today, Titelbild: MTI/Soós Lajos)