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Facebook-Debatte: Ex-Staatssekretär schimpfte auf das Gesundheitssystem, bekam vehemente Kommentare

Ungarn Heute 2022.04.21.

Der Generaldirektor des Ungarischen Nationalmuseums und ehemalige Staatssekretär für Kultur hat sich auf seiner Facebook-Seite empört darüber geäußert, dass seine alte Mutter medizinisch nicht angemessen versorgt wird. Der Bezirksarzt hat sie mit dem Verdacht auf eine Lungenentzündung nicht einmal aufgesucht. Auf den Post reagierten Tausende von Menschen auf die Kritik des ehemaligen Politikers, wobei viele meinten, der Direktor habe die Realität des ungarischen Gesundheitssystems gerade erst kennengelernt.

„Ist es wirklich vorstellbar, dass man heutzutage nur noch per Telefon einen Termin beim Hausarzt vereinbaren kann? Und wenn eine 72-jährige herzkranke Frau ihren Hausarzt anruft, weil sie Blutdruckprobleme hat und seit Tagen mit einer schweren Erkältung, wahrscheinlich einer Lungenentzündung, allein in ihrer Wohnung liegt, wie kann ihr Hausarzt ihr dann raten, nicht in die Praxis zu gehen, weil sie jemanden anstecken könnte?“ schrieb das ehemalige Fidesz-Regierungsmitglied László L. Simon, der derzeit Generaldirektor des Ungarischen Nationalmuseums ist, auf seiner Facebook-Seite.

Als ich ein Kind war, wäre Doktor Bátai in so einem Fall in Gárdony in seinen Trabant gesprungen und zu seinem Patienten gefahren. Ich verstehe nicht, wie wir hierher gekommen sind. Aber bitte, schieben Sie das nicht auf die Politik und die Gehälter der Allgemeinmediziner

fügte der ehemalige Fidesz-Staatssekretär hinzu.

Als Reaktion überströmten Tausende von Kommentare seine Social Media Seite.

„Guten Morgen! Willkommen in der holprigen ungarischen Realität der kleinen Leute!“ Dies ist nur einer von den Kommentaren, die unter dem Facebook-Post des Generaldirektors gepostet wurden.

Neben den Genesungswünschen für die Mutter von László L. Simon wurde der Kulturpolitiker von vielen Menschen „in der heutigen ungarischen Realität begrüßt“.

Was ist der Gegenstand der Überraschung? Seit fast zwei Jahren kommt man nicht mehr in die Arztpraxen, man erfährt am Telefon, was los ist… Wenn sie überhaupt rangehen.

Andere wiesen darauf hin, dass die Regierung anstelle vieler anderer Investitionen, wie z. B. Stadien, mehr in die Gesundheit investieren sollte. Nicht wenige nannten die bekannten Probleme der einheimischen Gesundheitsversorgung, darunter Personalmangel, niedrige Löhne und Burnout des Gesundheitspersonals sowie Massenabwanderung als mögliche Ursachen.

Einige von ihnen erinnerten daran, dass die Fidesz, die seit 12 Jahren an der Macht ist, eine ernsthafte Verantwortung für den derzeitigen Zustand des ungarischen Gesundheitssystems trägt, einschließlich des Systems der hausärztlichen Versorgung, das in den letzten beiden Jahren während der Pandemie besonders kritisch geworden ist.

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In der Zwischenzeit hat der Politiker seinen Beitrag gelöscht. Die Kommentatoren sind daher zu anderen Posts weitergezogen und setzten dort ihre kritischen Kommentare fort. Daraufhin hat László L. Simon jedoch eingeschränkt, wer seine Beiträge kommentieren darf.

Gerade heute hat die Ungarische Ärztekammer einen offenen Brief an den Premierminister geschrieben, in dem sie darauf hinweist, dass sich der Zustand des Gesundheitswesens trotz der Lohnerhöhungen für Ärzte nicht verbessert hat, sondern durch COVID sogar noch verschlechtert wurde. Es wurden Vorschläge unterbreitet, darunter die Schaffung eines unabhängigen Ministeriums, die jedoch vom Kanzleramtsminister schon heute abgelehnt wurde.

(Titelbild: MTI/Balogh Zoltán)