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Hat der Pegasus-Hersteller den Vertrag mit Ungarn und Polen gekündigt?

Ungarn Heute 2022.01.05.

Das israelische Verteidigungsministerium hat vor kurzem die Liste der Länder, in die Cyberwaffen exportiert werden können, eingegrenzt, berichtet das regierungskritische Portal Népszava. Dies bedeutet, dass Cyberwaffen nun an 37 statt an 102 Länder verkauft werden können. Es ist noch nicht bekannt, ob diese Entscheidung rückwirkend gilt, d.h. ob der Pegasus-Hersteller NSO seine Verträge mit Ungarn und Polen tatsächlich gekündigt hat, worüber frühere Presseberichte handelten. Die umstrittene Spionagesoftware sollte nur gegen Terroristen und das organisierte Verbrechen zum Einsatz kommen, doch soll es in mehreren Ländern auch gegen Politiker eingesetzt werden. 

Wie auch wir darüber berichtet haben, sollen unter anderem ungarische Journalisten und Geschäftsleute von der israelischen Cyber-Firma NSO mit ihrer Spionage-Software „Pegasus“ abgehört worden sein, die in der Lage ist, Smartphones zu hacken. Dies hat das investigative Portal Direkt36.hu noch im Sommer aufgedeckt. Die Recherche wurde durch die französische Rechercheorganisation „Forbidden Stories“ und die Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ geführt.

Die polnische Zeitung Gazeta Wyborcza berichtet jetzt, dass der Kauf der Software „Pegasus“ von dem dafür zuständigen polnischen Minister noch 2017 in Budapest arrangiert worden sein könnte. Auch die Polen haben noch keine Beweise dafür, wer genau angeordnet hat, einen führenden Oppositionspolitiker und Tusks Anwalt sowie einen Staatsanwalt, der sich gegen politische Einmischung in die Justiz ausgesprochen hat, im Jahr 2019 zu überwachen. Aber die israelische Spionagesoftware soll auch auf ihren Telefonen installiert worden sein.

Zeitungsberichten zufolge hätte die polnische Regierung die israelische Spionagesoftware Pegasus für 5,4 Millionen Euro kaufen können. Wie die polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza unter Berufung auf Euractiv berichtet, soll die Regierung die Spionagesoftware illegal erworben und dafür Gelder aus dem Justizfonds verwendet haben. (Der Justizfonds sammelt die von polnischen Gerichten verhängten Geldstrafen ein, die zur Unterstützung der Opfer von Straftaten und zur Verhinderung weiterer Straftaten verwendet werden.)

Die polnische Regierung wollte weder bestätigen noch dementieren, ob sie die Abhörmaßnahmen angeordnet oder die Spionagesoftware gekauft hat. Der Sprecher der polnischen Sicherheitsbehörde, Stanislaw Zaryn erklärte jedoch, dass die Regierung niemanden illegal abhöre, in begründeten Fällen gerichtliche Anordnungen einhole und keine politischen Motive für die Überwachung habe.

Die ungarische oppositionelle Zeitung Népszava macht darauf aufmerksam, dass die polnische Argumentation der Argumentation der ungarischen Regierung sehr ähnelt, nachdem auch in Ungarn berichtet wurde, dass Pegasus gegen Hunderte von Menschen eingesetzt werden könnte. Die ungarische Regierung hat die Vorwürfe zunächst weder bestätigt noch dementiert, sondern nur gesagt, dass in Ungarn alles rechtmäßig passierte. Nach Ansicht von Experten kann das einschlägige Gesetz jedoch sehr weit ausgelegt werden.

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Erst am 4. November gab der Fidesz-Abgeordnete Lajos Kósa zu, dass die Regierung die Software Pegasus tatsächlich gekauft hatte. Kósa wies auch darauf hin, dass die ungarischen Behörden mehrere ähnliche Instrumente eingesetzt haben. Zuvor hatte auch Justizministerin Judit Varga erklärt, sie habe die Genehmigung der geheimen Überwachungen an ihren Stellvertreter, Staatssekretär Pál Völner, delegiert.

Völner wurde später von der Generalstaatsanwaltschaft wegen Bestechung angeklagt. Der beschuldigte Politiker ist von seinem Regierungsamt, nicht aber von seinem Parlamentssitz zurückgetreten und kann sich jetzt frei verteidigen.

Die einzige bisher bekannte Folge des Pegasus-Skandals kann die angebliche Entscheidung sein, dass Israel keine Cybersicherheitsausrüstung mehr an unterschiedliche Länder verkaufen wird. Selbst der Export von Pegasus bedurfte in jedem Fall der Genehmigung der israelischen Regierung. Die Liste der Länder, in die israelische Unternehmen Cybersicherheitsausrüstungen verkaufen dürfen, wurde von 102 auf 37 Länder reduziert, wobei Ungarn nicht mehr auf der Liste steht.

Die aktualisierte Liste umfasst Österreich, Italien, Island, Irland, Estland, Bulgarien, Belgien, das Vereinigte Königreich, Deutschland, Dänemark, die Niederlande, Griechenland, Luxemburg, Lettland, Litauen, Liechtenstein, Malta, Norwegen, Slowenien, die Slowakei, Spanien, Portugal, Finnland, die Tschechische Republik, Frankreich, Kroatien, Zypern, Rumänien, Schweden, die Schweiz, Australien, Indien, Japan, Neuseeland, Südkorea, die Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada.

(Via: Népszava, 24.hu, Neue Zürcher Zeitung, Titelbild: Pixabay)