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Justizministerin: „Ungarn tut nur das, was alle in Europa tun“ – Welt Interview

Ungarn Heute 2020.04.13.

Ungarn tut nur das, was alle in Europa tun, sagte die ungarische Justizministerin Judit Varga in einem Interview, das am Sonntag in der Online-Ausgabe von „Die Welt“ veröffentlicht wurde. Die nennt Vorwürfe, ihr Land würde in der Corona-Krise die Demokratie aushebeln, „Falschnachrichten“. Laut der Ministerin gibt es eine „liberale Meinungsdiktatur“ in Europa. 

Sobald die Pandemie vorbei ist, wird Ungarn wie alle Länder den Ausnahmezustand aufheben, sagte Varga.

Der Ausnahmezustand wird aufhören, wenn die Gefahr nicht mehr besteht. Das ist ein objektives Kriterium

Der Zeitpunkt dieser Entscheidung werde jedoch nicht von anderen koordiniert, sondern sei Sache der nationalen Zuständigkeit, sagte die Ministerin.

Varga lehnte die Forderung der EU-Kommissarin Vera Jourova ab, die ungarische Regierung solle ihre Sonderbefugnisse so bald wie möglich aufgeben.

 Wir werden den Ausnahmezustand keinen Tag früher und keinen Tag später als nötig aufheben

Jourova hatte Ungarn kritisiert. Auch zahlreiche EU-Partner üben Kritik an Ungarns Vorgehen.

Corona-Gesetz: Justizministerin verteidigt, EU-Regierungen besorgt darüber

Jourova hat in dem Interview zudem gesagt, die Notstandsgesetze in vielen Ländern bedeuteten ganz allgemein eine potenzielle Gefahr für die Demokratie. Die ungarische Ministerin wies dies zurück.

Man sollte da nicht verallgemeinern

sagte sei. Solange die Notstandsgesetze im Rahmen der Verfassung blieben und das Verfassungsgericht funktioniere, gebe es keine Gefahr für die Demokratie – weder in Ungarn noch in anderen europäischen Ländern.

Varga bestand darauf, dass das Parlament das Gesetz über den Ausnahmezustand jederzeit zurückziehen könne. Auf die Frage, ob von einem Parlament, in dem der regierende Fidesz eine Zweidrittelmehrheit hat, eine Entscheidung erwartet werden kann, die dem Willen der Regierung widerspricht, sagte der Minister, dass diejenigen, die gegen diese Situation Einwände erheben, Probleme mit ungarischen Wählern haben.

„Dies ist keine rechtliche, sondern eine politische Angelegenheit. Die ungarischen Wähler haben vor zwei Jahren beschlossen, der Regierung eine Zweidrittelmehrheit im Parlament zu geben. In zwei Jahren werden sie erneut eine Entscheidung treffen“, sagte sie.

In Bezug auf die jüngsten Erklärungen zur angeblichen Auflösung des Parlaments sagte Varga, dass die westliche Presse die Situation völlig missverstanden habe. Das Parlament werde bis zum Ende seiner Frühjahrssitzung am 15. Juni „ganz normal“ weiterarbeiten. Die Gerichte und das Verfassungsgericht arbeiten weiterhin, das „System der gegenseitigen Kontrolle“ sei vorhanden, sagte sie.

Und warum hat man das Gesetz nicht einfach zeitlich befristet?

Laut Judit Varga kontrolliere der Parlamentsvorbehalt die Regierung stärker als eine zeitliche Begrenzung:

Warum kann man es nicht andersherum angehen

sagte Varga. Warum könne man nicht „verstehen, dass eine Befugnis des Parlaments, die Bevollmächtigung der Regierung jederzeit aufheben zu können, eine viel stärkere Garantie ist, als eine Zeitgrenze hineinzuschreiben, bis zu der das Land in weiß der Himmel welchem Zustand sein kann“?

Die Welt schließt den Artikel mit dem folgenden Satz: „Auch hier könnte die Antwort sein: weil die Regierungspartei Fidesz die Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament hat.“

(Beitragsbild: MTI – Szilárd Koszticsák)