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Ist es möglich, mit Kaffee eine Revolution zu gewinnen? Auch wenn ein erfolgreicher Ausgang nicht garantiert ist, haben trotzdem viele Revolutionen in einem Café oder einer Kneipe begonnen. Denken wir an die große französische Revolution, die amerikanische Bürgerrevolution und nicht zuletzt an die ungarische Revolution und den Unabhängigkeitskrieg 1848/1849. Es gab sogar auch Revolutionen, die genau wegen des Kaffees ausgebrochen sind, wie 1785 in Preußen, wo das damalige Gesetz den Konsum auf Adlige, Priester und hohe Offiziere beschränkte. 1675 verbot der englische König Karl II. den Kaffeegenuss, weil er befürchtete, dass in den Kaffeehäusern Klatsch und Tratsch über ihn und die Königin verbreitet werden könnten. Es war fast so, als hätte er im Voraus gewusst, dass ein Kaffeehaus eines Tages die Geburtsstätte gefährlicher Ideologien sein würde.

Auch in Ungarn waren die Kaffeehäuser die Zentren des gesellschaftlichen Lebens. Man denke nur an das Café Pilvax, das einer der Ausgangspunkte der Revolution 1848 war. Pilvax (originelle Schreibweise: Pillwax) Ort wurde vor allem von jungen Reformisten aufgesucht. Lustigerweise hieß das Lokal davor Café Renaissance (=Neugeburt). Der Name passt gut zum Freiheitskampf.

An der Wand waren Bilder der Französischen Revolution zu finden. Diese Bilder haben fast als unterschwellige Werbung gewirkt auch mit dem Wissen, dass bei dem Ausbruch der französischen Revolution (1789) das Café ebenso eine wichtige Rolle spielte. Während der Französischen Revolution versammelten sich die Jakobiner zum Beispiel im Café Procope, das heute noch existierende Kaffeehaus in Paris.

Im Café Pilvax wurde die Gesellschaft der Zehn unter der Leitung von Petőfi und Jókai gegründet. Im März 1848 verkündete der Jugenddelegierte aus Preßburg (Pozsony) hier den Ausbruch der Revolution in Wien. Hier rezitierte Petőfi zum ersten Mal das Nationallied und die Zwölf Punkte wurden erstmals veröffentlicht.

Fact

Die Anwesenheit von Kaffee war für die Ungarn nicht immer mit kathartischen historischen Ereignissen verbunden. Laut der Erzählungen, als die türkische Armee einen Teil von Ungarn besetzt hat, hat man den ungarischen Fürsten zu Verhandlungen eingeladen. Das Treffen wurde im Rahmen eines Mittagessens organisiert, an dessen Ende Kaffee getrunken wurde. Daher das Sprichwort: Jetzt kommt die schwarze Suppe, d.h. jetzt kommen die türkischen Forderungen, jetzt kommt die „Türkenfalle.“ Andere Quellen sagen, dass es es sich um ein Gericht auf Blutbasis handelt und es mit dieser Geschichte nichts zu tun hat.

Seit wann gibt es eigentlich Kaffee in Ungarn?

Nach der Legende war der Fürst von Siebenbürgen, Mihály Apafi, der erste Ungar, der Kaffee konsumierte. Dieser Kaffe wurde persönlich vom Ali Pascha- der ihn zum Fürsten gemacht hat-  in seinem Zelt in Érsekújvár angeboten. Es ist den Türken zu verdanken, dass die „Schwarzsuppe“ ein Teil unseres Alltags geworden ist. Die Türken waren die ersten, die die ersten Kaffeehäuser im Land aufgemacht haben.

Die erste offizielle Kaffeelieferung nach Ungarn wurde von einem türkischen Kaufmann namens Bechram im Jahr 1579 durchgeführt – Dieses Jahr ist die Geburt der ungarischen Kaffeekultur. Allerdings sollten wir hinzufügen, dass zunächst nur die Türken in den Genuss des Kaffees kamen

Das erste echte ungarische Café, in dem unsere Landsleute ein heißes Getränk genießen konnten, war das 1714 eröffnete Café von Cavesieder Blasius (=Balázs der Kaffeemacher). Später kamen andere Cafés hinzu, in denen der intellektuelle Austausch stattfand.

Kaffee und Reformzeit? 

In der heutigen Petőfi Straße (früher Úri Straße) wurde ein Haus von Károly Libasinszky, einem polnischen Adligen gebaut. Er hatte das Recht, Kaffee zu verkaufen, denn vermietete er das Gebäude. Der erste, der im Erdgeschoss schwarzen Kaffee brühte, war Ferenc Privorszky. Damals hieß das Kaffeehaus Café Renaissance und wurde 1838 eröffnet. Außer den Gemälden, die die französische Revolution darstellten gab es auch Gemälde, die die großen Persönlichkeiten der ungarischen Geschichte zeigten. Diese wurden von dem schwedischen Maler Eduard Mollie gemacht. Später im Jahr 1842 wurde das Geschäft von Károly Pilvax übernommen.

Fact

Einige große Namen waren schon im Café. Menschen wie der große ungarische Dichter Sándor Petőfi, der das Café Pilvax ab 1844 zu seinem Stammlokal machte. Hier wurde die „Gesellschaft der Zehn“ (=“A tizek társasága“) gegründet. Petőfi hat oft in Pilvax sein Frühstück konsumiert.

Das Café wurde dann von János Fillinger gemietet, aber der alte Name blieb erhalten. Der neue Chef war selbst ein militanter Mann und hat Gemälde über die Helden der Französischen Revolution an die Wände gehängt. Fillinger scheute sich nicht, sich politisch zu engagieren: Auf Petőfis Vorschlag hin hieß das Restaurant bis August 1848 „Halle der Freiheit“, und in seinen Mauern befand sich sogar ein Rekrutierungsbüro. Sie spielte also eine wichtige zentrale Rolle bei der Pester Revolution.

Leider gibt es Pilvax nicht mehr. Das ursprüngliche Gebäude, wo sich das Kaffee befand wurde 1911 abgerissen. Das neue Pilvax, das ganz in der Nähe eröffnet wurde, knüpft nur dem Namen nach an seine frühere Vergangenheit an. Aus welchem Kaffeehaus die nächste mögliche Revolution ausgehen wird? Wir hoffen doch natürlich, dass dies nicht geschehen wird. Oder wir werden höchstens über eine weitere „Kaffeerevolution„, eine weitere „neue Welle“ von Kaffeeerlebnissen berichten müssen, was in Ungarn bereits eine große Kultur hat.

Gastrorevolution 1848
Gastrorevolution 1848

Die Ausgangsorte von Revolutionen und Aufständen haben im Laufe der Geschichte immer eine entscheidende Rolle gespielt. In vielen Fällen war dieser Ort eine Universität, wenn wir uns an die Revolution von 1956 und die Budapester Technischen Universität denken. Der Ort kann auch eine Kneipe sein, wie es beim Münchner Bierputsch 1923 der Fall war, und […]Weiterlesen

Quellen: ng.24.hu, origo.hu, Beitragsbild: Wikimedia Commons (Háry Gyula)