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Mitten im Krieg wird in der Ukraine ein Denkmal entfernt, das als Symbol ungarischer Identität gilt

Ferenc Rieger 2022.10.14.

Der Staatssekretär des Ministerpräsidiums für Nationale Politik  und ungarische Organisationen in Transkarpatien protestieren gegen die Entscheidung des Exekutivkomitees des Stadtrats von Munkatsch (Mukatschewo, Munkács) vom Donnerstag, die Statue des Turulvogels, die 2008 in ihrer ursprünglichen Form restauriert wurde und das Symbol der Stadt ist, von der Burg Munkatsch zu entfernen.

In einer Erklärung sagte János Árpád Potápi, es sei bedauerlich, dass es der Führung der Stadt mitten im Krieg am wichtigsten sei, ein Denkmal abzureißen, das ein Symbol der lokalen und transkarpatischen ungarischen Identität sei, während Ungarn die größte humanitäre Hilfsaktion seiner Geschichte durchführe, um den Kriegsflüchtlingen in der Ukraine zu helfen.

Er sagte, dass in einem Land mit europäischen Werten die Erhaltung historischer Denkmäler einer der wichtigsten Maßstäbe für die Minderheitenpolitik eines Landes sei.

Nach Ansicht von Potápi könnte dieser Schritt der Stabilität des multiethnischen Transkarpatiens entgegenwirken.

In der Erklärung heißt es, dass die Statue in der Burg von Munkatsch 1896 als eines der sieben Milleniumsdenkmäler errichtet wurde. Das Denkmal wurde 1924 von den tschechoslowakischen Behörden demontiert, und die Rote Armee, die in das Land einmarschierte, schmolz die fast eine Tonne schwere Bronzestatue 1945 ein.

Eine Kopie der 1945 zerstörten Statue wurde von dem Bildhauer Mihály Belény angefertigt. Das Restaurierungsprojekt wurde vollständig von dem ungarisch-amerikanischen Geschäftsmann Imre Pákh finanziert.

Wie das Nachrichtenportal mukachevo.net berichtet, hat der Stadtrat am Donnerstag das örtliche historische Museum aufgefordert, die Statue des Turulvogels in der Munkatscher Burg abzubauen und durch das ukrainische Staatswappen zu ersetzen. Am Nachmittag ist die monumentale Statue bereits entfernt worden, wie das Nachrichtenportal karpathir.com bekanntgab.

Das transkarpatische Nachrichtenportal kárpátalja.ma erinnerte am Freitag daran, das das Munkatscher Burgmuseum bereits 2018 eine Ausschreibung für die Gestaltung und Ausführung eines ukrainischen Staatswappen-Denkmals veröffentlicht hat. Da die Ausschreibung mit dem Sockel des Turul-Denkmals illustriert war, stand schon damals fest, wo das Hoheitssymbol platziert werden sollte.

Einem ukrainischen Nachrichtenportal zufolge, war das Vorhaben vermutlich eine Reaktion auf die „anti-ukrainische und feindselige Rhetorik der ungarischen Regierung“. Das Büro des Bürgermeisters von Munkatsch (ungarischer Bevölkerungsanteil ca. 10 %) war 2018 entschlossen, das Denkmal für die „militärische Macht Ungarns“ auf dem Bastion über der Stadt durch das Staatssymbol der Ukraine zu ersetzen.

UPDATE 14.10.2022, 14 Uhr: Nach Auskunft der Kommunikationssekretärin des KMKSZ gab es in Munkatsch einen Fliegeralarm, als die Anordnung zur Entfernung des Denkmals herauskam. Anschließend wurde die Statue in weniger als zwei Stunden entfernt und zwar so, dass sie einfach von ihrem Sockel abgesägt wurde. Die bronzenen Krallen des Vogels waren noch auf der Säule, während das fast eine Tonne schwere Kunstwerk in den Burggraben geworfen wurde. „All dies geschah in Windeseile in einem Land, in dem die Reparatur eines einfachen Schlaglochs Monate dauern kann“, fügte Karolina Darcsi hinzu.

Geblieben sind auf dem Sockel nur die Krallen des Turulvogels, die das Schwert umklammern. Foto: Kárpáti Igaz Szó Facebook

Am Freitag hat das ungarische Außenministerium den Geschäftsträger der ukrainischen Botschaft einberufen und ihn über die ernsthafte Besorgnis der ungarischen Regierung angesichts dieser unnötigen Provokation informiert.

Es steht außer Frage, dass die ungarische Volksgruppe in der Ukraine vor dem Krieg nicht korrekt behandelt wurde, aber die ungarische Regierung hat diese Frage seit Ausbruch des Krieges in den Hintergrund gedrängt“,

sagte Außenminister Szijjártó in einem Interview im Radiosender Infórádió.

„Wir sind der Meinung, dass dies diskutiert werden sollte, wenn der Frieden in der Ukraine wiederhergestellt ist. Was wir jetzt am besten tun können, ist, die bestmöglichen Kontakte zu den Verantwortlichen in Transkarpatien zu pflegen“, fügte Szijjártó hinzu und äußerte seine Vermutung, dass Gouverneur Viktor Mikita, der viel dafür getan hat, die anti-ungarische Stimmung in dem von ihm geleiteten Oblast einzudämmen, die Entfernung der Statue nicht gutheißen konnte.

Foto: Horváth Ferenc Facebook

Auch ungarische Interessenvertretungen in Transkarpatien protestierten gegen die Entfernung des Turul-Denkmals.

Der  Transkarpatisch-Ungarische Kulturverein (KMKSZ) hat mit Bestürzung von der „angeblichen Entscheidung des Exekutivausschusses des Stadtrats erfahren, das auf der Bastion der Munkatscher Burg errichtete Turul-Denkmal zu entfernen“. Die Organisation hält die Entscheidung auch deshalb für seltsam, weil die Turul-Statue, die ein Symbol von Munkatsch ist, 2008 auf Initiative der Stadtverwaltung „im Geiste der gemeinsamen historischen Vergangenheit und des friedlichen Zusammenlebens der Nationalitäten“ an ihren ursprünglichen Standort zurückgebracht wurde.

In seiner Erklärung weist das Präsidium der Ungarischen Demokratischen Allianz der Ukraine (UMDSZ) darauf hin, dass zum ersten Mal in den Jahrzehnten der unabhängigen Ukraine „eine Gemeinde nicht die Errichtung oder auch nur die Restaurierung eines Denkmals der Kultur und Geschichte des ungarischen Volkes zulässt“, sondern im Gegenteil seine Zerstörung anordnet. Die Organisation „protestiert nachdrücklich gegen diese Entscheidung“ und forderte die Mitglieder des Exekutivausschusses des Stadtrats von Munkatsch auf, sie zu widerrufen.

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Beitragsbild: Kárpátalja szép Facebook