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Presseschau von budapost: Rechtsstaatlichkeitskontroverse – und kein Ende

Ungarn Heute 2020.12.02.

Die Ministerpräsidenten Ungarns und Polens warten nach eigenem Bekunden auf einen Kompromiss im Streit über einen Zusammenhang von Einhaltung rechtsstaatlicher Normen und Zahlungen aus EU-Töpfen. Kommentatoren aus beiden politischen Lagern diskutieren unterdessen weiterhin die möglichen Folgen der Auseinandersetzung. Presseschau von budapost.de. 

Die ungarisch-polnische Drohung, sowohl den Haushalt der Europäischen Union als auch das Coronavirus-Rettungspaket per Veto zu blockieren, könnte massiv nach hinten losgehen. Diese Befürchtung äußert Róbert Friss in einem Kommentar für die Tageszeitung Népszava. Deutschland habe sich unter Berücksichtigung der Interessen deutscher Investoren gegenüber Ungarn nachsichtig verhalten. Der linke Kolumnist zitiert aus einer Erklärung des Interessenverbands deutscher Unternehmen mit Niederlassungen in Osteuropa, in der Warschau und Budapest aufgefordert werden, auf ein Veto gegen den EU-Haushalt zu verzichten. Investoren, so die Unternehmen weiter, seien bei der Planung ihrer Aktivitäten auf Berechenbarkeit und Stabilität angewiesen. Eine „Hängepartie“ sei nicht hinnehmbar. Falls sich deutsche Unternehmen gegen die ungarische Regierung wenden würden, dürfte die politische Führung Deutschlands diesem Beispiel folgen, warnt Friss abschließend.

Rechtsstaatsmechanismus der EU: Ungarn und Polen fordern Neuverhandlungen
Rechtsstaatsmechanismus der EU: Ungarn und Polen fordern Neuverhandlungen

Ungarns und Polens Ministerpräsidenten Viktor Orbán und Mateusz Morawiecki besprachen in einem Vieraugengespräch im Budapester Karmeliterkloster gemeinsam ihre Taktik in der Blockade des EU-Haushalts. Orbán betonte am Ende des Gesprächs: Ungarn wird keinen Vorschlag akzeptieren, der Polen für inakzeptabel hält. Laut Morawiecki könnte ein Rechtsstaatlichkeitsmechanismus zum Zerfall der EU führen.  Die Verknüpfung einer politischen Debatte […]Weiterlesen

In einem Gastbeitrag für Magyar Hírlap vertritt Imre Boros die Auffassung, dass die gegen Ungarn gerichteten Klagen wegen vermeintlicher Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit unbegründet seien. Während des Beitrittsprozesses, so erklärt der zwischen 1998 und 2002 für die ersten Finanztransfers der EU nach Ungarn zuständige Minister, habe Ungarn sein institutionelles und legislatives System systematisch an die Anforderungen der Union angepasst. Dabei sei sein Land eher einer Gemeinschaft als einem Imperium beigetreten, betont Boros. In der Folge seien immer neue Richtlinien erlassen worden – einige davon mit nachteiligen Wirkungen.

Mittlerweile sei Ungarn überzeugt, dass der Führung der Union nicht noch mehr Macht auf Kosten der Mitgliedstaaten übertragen werden sollte. Ungarn wolle verhindern, dass sich die EU zu einem Imperium entwickele. Deshalb werde dem Land die Nichteinhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien vorgeworfen. Diese fälschliche Behauptung stelle eine Herausforderung an das Prinzip der Demokratie dar, konstatiert Boros.

(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI/Pressestelle des Premiers, Zoltán Fischer)