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Regierung und Akademie der Wissenschaft vor einer Verständigung

Ungarn Heute 2019.03.13.

Die Meinungen über eine erste Vereinbarung, die den Streit zwischen der Akademie der Wissenschaften (MTA) und der ungarischen Regierung beilegen soll, gehen – wie zu erwarten – stark auseinander. Presseschau von budapost.de

Im Rahmen einer gemeinsamen Absichtserklärung skizzieren das Ministerium für Innovation und Technologie sowie das Präsidium der MTA eine Reform der wissenschaftlichen Forschung, bei der die entsprechenden Akademie-Institute künftig unter der Ägide einer neu zu errichtenden Stiftung arbeiten sollen. Die Stimmen innerhalb dieses Gremiums würden demnach paritätisch verteilt sein.

168 Óra veröffentlicht einen an rund 5.000 Forscher gerichteten Brief von Akademiepräsident László Lovász. Das Wochenmagazin interpretiert das Schreiben als Eingeständnis, dass die MTA vom Minister erpresst worden sei. (Lovász begründet seine Unterschrift unter der Absichtserklärung damit, dass die Regierung das Netzwerk von Forschungseinrichtungen der MTA in jedem Fall entzogen hätte, ohne ihr eine Kontrolle über die Institute zu ermöglichen. Mittlerweile haben sämtliche oppositionsnahen Medien die Kernpunkte des Briefes unter sehr ähnlichen Überschriften veröffentlicht. Eine Gruppe von mehreren hundert Forschern protestierte scharf gegen die geplante Übereinkunft, die auch von allen Oppositionsparteien verurteilt wurde – Anm. d. Red.)

Der weltweit renommierteste Physiker Ungarns, Ferenc Mező, spricht sich auf Mandiner für eine Verdreifachung der in die wissenschaftliche Forschung des Landes fließenden Finanzmittel aus. Allerdings seien die derzeitigen Strukturen ungeeignet, um diese Gelder auch effizient einsetzen zu können. Mező hält sowohl die vorbehaltlose Finanzierung von Forschungseinrichtungen als auch deren Unterordnung unter die MTA für unvertretbar. Diese Unterordnung sei in fortgeschrittenen Gesellschaften, darunter die USA und Deutschland, wo er in den letzten drei Jahrzehnten als führender Wissenschaftler hauptsächlich gewirkt habe, unbekannt, notiert der Physiker.

Auch der ehemalige liberale Parlamentsabgeordnete Károly Rab bezeichnet die MTA als ungeeignet, um den Verbund wissenschaftlicher Forschungszentren betreiben zu können. In Magyar Hang beklagt Rab, dass sämtliche systemischen Reformversuche der vergangenen dreißig Jahre am Widerstand des Führungspersonals gescheitert seien. Verständlich, dass sich die an der Aufrechterhaltung der derzeitigen Strukturen Interessierten beleidigt fühlten. Dennoch ist laut Rab eine wirkungsvollere Forschungstätigkeit unabdingbar. Dabei behaupte er nicht, dass die vorliegende Reform dafür sorgen werde. Immerhin gehe er aber davon aus, dass ohne eine institutionelle Reform keine wesentliche Verbesserung möglich sein werde.