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Tausende protestierten vor dem Parlament gegen das „Anti-LGBTIQ-Gesetz“

Ungarn Heute 2021.06.15.

Heute wird das Parlament über ein Gesetz-Paket, unter anderem zum härteren Vorgehen gegen pädophile Straftäter entscheiden. Tausende demonstrierten am Montag vor dem Parlament gegen die damit zusammenhängende Gesetzesänderung, die auch „homosexuelle Propaganda“ bei unter 18-Jährigen verbieten würde.

Das Thema „Pädophilie“ trat in den öffentlichen Diskurs, als im letzten Sommer Gábor Kaleta, der ehemalige peruanische Botschafter in einer FBI-Untersuchung gegen einen internationalen Pädophilenring identifiziert wurde. Der Botschafter Ungarns speicherte mehr als 19.000 kinderpornografische Fotos auf seinem Büro-Laptop. Kaleta wurde zu einem Jahr Haft  (ausgesetzt für zweieinhalb Jahre) und einer Geldstrafe von 540.000 Forint verurteilt.

Pädophiler Ex-Diplomat verurteilt
Pädophiler Ex-Diplomat verurteilt

Nach Auffassung eines linken Journalisten vermittelt das milde Urteil die Botschaft, dass der Regierung nahestehende Straftäter mit weniger schweren Konsequenzen zu rechnen haben. Ein Fidesz-Abgeordneter des Europäischen Parlaments wettert ebenfalls gegen die aus dem Urteil abzulesende Nachsicht, glaubt aber, dass es nur eines in einer ganzen Serie ähnlich gelagerter Sprüche sei, eine Presseschau von Budapost. […]Weiterlesen

Kaum ein Jahr später, am 25. Mai dieses Jahres, legten die beiden Fidesz-Abgeordneten Máté Kocsis und Gabriella Selmeczi einen Gesetzentwurf über ein strengeres Vorgehen gegen pädophile Straftäter und die Änderung bestimmter Gesetze zum Schutz von Kindern vor.

Am vergangenen Donnerstag hat dann der Gesetzgebungsausschuss des Parlaments ein Paket von Änderungen angenommen, das über die Ziele des ursprünglichen Gesetzes hinausgeht.

Dieser Teil der vorgeschlagenen Änderung enthält die folgenden Regeln:

  • Im Kinderschutzsystem schützt der Staat das Recht der Kinder auf Selbstidentität gemäß ihrem Geburtsgeschlecht.
  • Es ist verboten, pornografische Inhalte und Inhalte, in denen „Geschlechtsidentität abweichend vom bei der Geburt zugewiesenen Geschecht, Geschlechtsoperationen und Homosexualität gefördert und beworben“ würden, unter 18 Jahren zugänglich zu machen.
  • Firmen und Institutionen werden die entsprechenden Inhalte in der Werbung auch verboten, „wenn bestimmendes Element die Förderung, Zurschaustellung oder Selbstdarstellung der Geschlechtsidentität, Geschlechtsanpassung oder Homosexualität ist“.
Reaktion der Oppositionsparteien auf die Szájer-Affäre
Reaktion der Oppositionsparteien auf die Szájer-Affäre

Alle ungarische Parteien haben schon am Dienstag auf die Szájer-Affäre reagiert. Der Fidesz-Europaabgeordnete József Szájer kündigte am 29. November seinen Rücktritt als EP-Abgeordneter an. Zwei Tage später berichteten belgische Zeitungen, dass ein ungarisches Mitglied des Europäischen Parlaments an einer Sexparty in Brüssel teilgenommen habe, die aufgrund durch die Epidemie auferlegten Beschränkungen von der Polizei aufgelöst […]Weiterlesen

Tausende Menschen haben am Montagabend vor dem Parlament in Budapest gegen das geplante Gesetz demonstriert.

„Die Abgeordneten der Regierungspartei haben ausgrenzende und hasserfüllte Vorschläge eingebracht, die darauf abzielen, LGBTQI-Personen komplett aus der Öffentlichkeit zu entfernen und wichtige Schulprogramme zu verbieten, die sowohl jungen Menschen helfen, Zugang zu Informationen und Unterstützung zu erhalten, als auch eine akzeptierende und sicherere Umgebung für alle zu garantieren. Der Gesetzentwurf versucht, Täter von unverzeihlichen Verbrechen gegen Kinder mit Mitgliedern der LGBTQI-Gemeinschaft in einen Topf zu werfen“ schrieben die Organisatoren .

Laut den Organisatoren hatte es vor allem für Empörung gesorgt, dass die erst in der letzten Woche vorgestellten Regelungen Ergänzungen zu einem schon länger debattierten Gesetzespaket sind, das sich gegen sexuelle Gewalt und pädophile Handlungen richtet. „Homo- und Transsexualität werde damit nun in Verbindung gebracht.“

Das Parlament wird am Dienstag über den Vorschlag von Fidesz und KDNP abstimmen. Jobbik hat angedeutet, dass sie für das Gesetz stimmen wird.

Gleichzeitig kündigten die anderen Oppositionsparteien (LMP, Dialog und MSZP) in einer gemeinsamen Erklärung an, dass sie die Parlamentsabstimmungen boykottieren werden, darunter auch das homophobe Pädophilengesetz.

(Titelbild: MTI – Szilárd Koszticsák)