Wöchentliche Newsletter

Vereint gegen Corona

Daniel Vargha 2020.08.03.

Im Dezember 2019, als das neuartige Coronavirus in China erschien, hatten die meisten Länder der Welt noch keine Ahnung, wie schwierig die Herausforderungen sein würden und niemand hat bis dahin selbst von dem Erreger gehört. Der Wendepunkt in der Wahrnehmung der Epidemie erfolgte, als das Virus den Kontinent bei Italien erreichte. Zu dieser Zeit wurde es aber von vielen immer noch als „Wuhan-Virus“ bezeichnet. Der rasche Anstieg der Zahl von aktiven- sowie Todesfällen in der Lombardei löste bei fast allen europäischen Regierungen eine schnelle, panikartige Reaktion aus. Ein Beweis dafür, dass Europa des 21. Jahrhunderts auf eine globale Pandemie nicht vorbereitet war.

Von den Ereignissen der ersten Welle der Corona-Pandemie gelernt, und wegen der noch erwarteten zweiten Welle sollte man in Europa eine geeignete Gesundheitsstrategie so schnell wie möglich entwickeln. Es ist vor allem ein angemessener, gemeinsamer Aktionsplan für das Gesundheitswesen nötig, der nicht nur die gesundheitlichen sondern auch die wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Krise berücksichtigen soll. Vielleicht ist der Zusammenhang zwischen den beiden Themen auf den ersten Blick nicht erkennbar, sie sind aber tatsächlich stark miteinander verbunden und können sich sowohl auf eine positive als auch auf eine negative Weise gegenseitig beeinflussen.

Die zunehmende Zahl von Infektionen im benachbarten Österreich, Slowenien, Kroatien, Serbien, Rumänien und der Ukraine sollte uns klar machen, dass eine effiziente Präventionsstrategie, im Rahmen eines koordinierten Handelns aller Nationen der Region erfordert. Dies fordert eine breitere Kooperation innerhalb der gesamten Europäischen Union. Es stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang die WHO in den Entscheidungsprozess einbezogen werden könnte, da die USA die Zuverlässigkeit der Institution in Frage gestellt hatten, so dass sich Washington keine gemeinsame Zukunft mehr mit der Organisation vorstellt.

Landeschefärztin: Ungarn testet mehr als die Empfehlung der WHO

Das erste Problem betrifft die Diagnose. Trotz der Tatsache, dass man überall der Welt PCR-Tests zum Nachweis des Virus SARS-CoV-2 benutzt, können wir nicht über eine einheitliche Testmethode sprechen, da in vielen Fällen die Spezifität einen Vorrang vor der Sensitivität hat. Das führt endlich zu einer Reihe falscher Ergebnisse. Darüber hinaus verwenden verschiedene Labors häufig unterschiedliche PCR-Methoden, um das Virus zu testen.

Fact

Der Nachweis für SARS-CoV-2 läuft über Abstriche aus dem Mund-, Nasen- oder Rachenraum. Der Abstrich kann Erbgut des Virus enthalten. In für die entsprechenden Verfahren geprüften Laboren wird das virale Erbgut durch einen empfindlichen molekularen Test nachgewiesen. Der vollständige und komplizierte Name lautet Real-time Reverse Transkriptase Polymerase-Kettenreaktion (englisch abgekürzt RT-PCR). Das Gerät vervielfältigt das wenige genetische Material der Probe in mehreren Zyklen. Durch den Einsatz fluoreszierender Stoffe sieht man, ob die gesuchten Gensequenzen des Virus vorliegen oder nicht. (https://www.quarks.de/)

Bei denjenigen, die sich bereits von der Coronavirus-Krankheit erholt haben, werden Tests mit einem noch größeren Grad an Diversität verwendet. Diese Tests detektieren spezifisch die Antikörper, die vom menschlichen Immunsystem produziert werden, um die Krankheit zu bekämpfen. Diese Tests können noch problematischer sein. Es gab Nachrichten über Fälle, in denen eine Wassermelone oder eine Kartoffel positiv getestet wurde und auch ein frisch geöffneter, aber noch nicht verwendeter Test zeigte ein positives Ergebnis.

Deswegen wäre es wichtig, eine gemeinsame Diagnosemethodik innerhalb der EU zu entwickeln, und an dieser Forschungsarbeit sollten medizinische Experten aus allen Mitgliedstaaten teilnehmen. Gleiches gilt für die Forschung und Entwicklung von Impfstoffen. Die treibende Kraft hinter dieser Forschung sollte nicht der freie Wettbewerb auf dem Markt sein, was für den laissez-fairen Kapitalismus charakteristisch ist. Stattdessen sollte ein gemeinsames europäisches Forschungsprojekt die Ressourcen und das Fachwissen aller Mitglieder vereinen. Dies würde die Effizienz und Geschwindigkeit von Forschungsprojekten zur Bekämpfung des Virus erhöhen. Diese Entwicklungen würden sowohl den sozialen Zusammenhalt bei der Bekämpfung der Pandemie als auch das Vertrauen in den Medizinern und der Wichtigkeit der Impfstoffen stärken.

Das zweite Problem ist selbst die Bekämpfung der Pandemie. Wie viele Corona-Fälle legitimieren die Einführung von neuen Beschränkungen? Welche Maßnahmen müssen überhaupt eingeführt werden? Wir haben gesehen, dass einige Länder die notwendigen Maßnahmen zu spät ergriffen haben, damit haben sie ihre Gesundheitssysteme an den Rand des Zusammenbruchs gebracht.

Kanzleramtsminister: Ungarns Schutzbemühungen gegen Corona waren erfolgreicher als in West-Europa

Wir müssen die Wirksamkeit der bisherigen Gesundheitsbestimmungen überprüfen, um den richtigen Weg für das Epidemiemanagement finden zu können. Es ist ein grundlegendes Missverständnis in der Medizin, dass man nur dann handelt, wenn es schon Probleme gibt, also wenn die Krankheit schon vorhanden ist. Einer der wichtigsten Bereiche der Gesundheitsversorgung ist die Präventivmedizin. Natürlich ist auch ein gut ausgestattetes Gesundheitssystem sehr wichtig, aber nicht immer das wichtigste. Anstatt Tausende von Beatmungsgeräten auf irrationale Weise zu kaufen, sollten wir uns darauf konzentrieren, ein gemeinsames europäisches Protokoll zu entwickeln, das in allen Mitgliedstaaten angewendet werden könnte.

Corona: Überflüssige Beatmungsgeräte werden in Afrika und Asien verkauft

Man sollte aber vorerst einheitliche Gesundheitssysteme schaffen, da der finanzielle Hintergrund, die Kapazität und die Qualität der medizinischen Dienstleistungen zwischen den europäischen Staaten sehr unterschiedlich sind. Der Aufbau von Kapazitäten könnte auch durch die Verringerung der Korruption im Gesundheitswesen verbessert werden. Das gemeinsame Ziel sollte dabei die Priorisierung sozialer Zielen gegenüber persönliche Interessen sein. 

In Bezug auf die Grenzsperren ist die Verantwortung der an der Grenze des Schengen-Raums (einschließlich Ungarns) positionierten Länder besonders groß. In dieser Hinsicht sollte sie unter anderem den Transitverkehr während der Epidemie einschränken, mit Ausnahme der für die Heimfahrt genutzten humanitären Korridore. Dies liegt im Interesse der EU.

Kanzleramtsminister: Die Regierung behält die Beschränkungen bei

Eine erfolgreiche Verteidigung erfordert konzertierte, einheitliche Maßnahmen, die nur durch die Institutionen der Europäischen Union durchgeführt werden können. Insbesondere in der Corona-Krise könnte endlich die gemeinsame Stärke der EU-Staaten demonstriert werden, wobei der Schwerpunkt nicht auf dem Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten, sondern auf der Zusammenarbeit liegen sollte.

Die Möglichkeit der Einrichtung eines gemeinsamen europäischen Forschungszentrums sollte nicht ausgeschlossen werden. Diese Institution könnte uns helfen, ein Gleichgewicht zwischen den Grundsätzen der Souveränität der Mitgliedstaaten und der Zentralisierung der Macht zu finden um eine mögliche zweite Welle – oder eine andere zukünftige Pandemie – viel effizienter zu behandeln.

Mit diesem gemeinsamen Institut hätten wir die Möglichkeit, uns besser auf die oben genannten Probleme zu konzentrieren, um wirksamer gegen die zweite Welle oder gegebenenfalls gegen eine neue Art von Krankheitserregern vorgehen zu können.

(Geschreieben von c. med. dent. Dániel András Vargha, Beitragsbild: Jeyaratnam Caniceus – Pixabay)