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Weihnachtsmuseum in Szentendre: wo der Zauber der alten Weihnacht bewahrt wird

Das Weihnachtsmuseum und -geschäft in Szentendre repräsentiert die alte weihnachtliche Atmosphäre in den vertrauten Straßen dieser Kleinstadt. „Die Menschen kommen nach Szentendre um zu flanieren, Essen zu gehen, die Luft, das Donau-Ufer zu genießen,” sagt Éva Hubay, die sich dieses Museum erträumt und verwirklicht hat. Das Hubay Haus, das das ganze Jahr über geöffnet ist, hat das Ziel, Ankömmlingen eine feierliche Atmosphäre und den Zauber der Weihnacht erleben zu lassen. Obwohl man unter den eindrucksvollsten Weihnachtsdekorationen auch Schweine mit Maske im Laden finden kann, mögen die Besucher die traditionellen Ziergegenstände am meisten. Wir haben uns über das Museum, alte ungarische Weihnachtsbräuche und über ungewöhnlichen und traditionellen Christbaumschmuck unterhalten. Interview.

Auf dem Dachboden haben Sie alte Kleinigkeiten von Ihrer Urgroßmutter gefunden, hier begann Ihre Liebe zum Christbaumschmuck. Erinnern Sie sich noch daran, was für Weihnachtsdekorationen das waren? 

Eine kleine silberne Glocke und ein Engel.

Danach haben Sie angefangen, Christbaumschmuck zu sammeln?

Ja.

Sie stammen aus einer Familie aus Oberungarn. Welche Gewohnheiten hatten Sie zu Weihnachten in Ihrer Familie?

Zu Weihnachten kamen immer Gerichte aus Fisch- und Schweinefleisch auf den Tisch, gefülltes Kraut (Töltött káposzta) war ein Muss. Geflügel durfte nicht gegessen werden. Man sagt, dass sonst das Glück zerscharrt wird. Außerdem wurde immer noch ein zusätzliches Gedeck auf den Tisch gelegt, für den Fall, dass noch jemand einkehrt. Unter die Tischdecke legten wir immer etwas Geld, obwohl ich nicht genau verstanden habe, warum. Die Essensreste wurden beiseite getan und um Mitternacht den Tieren gegeben.

Sind die Feiertage in Ungarn heutzutage anders als in Ihren Kindertagen?

Generell sind es die gleichen Gewohnheiten. Man hat zum Beispiel beibehalten, dass man am 24. keinen Müll rausbringt, man keine Wäsche aufhängt, nicht wäscht…

Wir sind in Szentendre, wo vor 11 Jahren das Weihnachtsmuseum eröffnet wurde. Warum gerade hier?

Weil es eine vertraute Kleinstadt ist, in der Nähe von Budapest. Viele Leute fahren für einen Ausflug hierher. In Szentendre findet man für gewöhnlich multikulturelle Bewohner. Es gibt 5 verschiedene Kirchen, 5 verschiedene Religionen, die bis heute noch tätig sind. Und nicht zuletzt ist hier das Zentrum der orthodoxen Kirche.

Fact

Mit der Schaffung des Hubay Hauses und einem Weihnachtssalon wurde eine Idee von Éva Hubay und ihrer Familie Wirklichkeit. Während der Adventszeit im Jahre 2010 öffnete in der malerischen Atmosphäre der Innenstadt von Szentendre ein Geschäft seine Türen. Mehr als 5000 Stücke besonderer Weihnachtsdekorationen aus privater Sammlung werden hier zum Verkauf angeboten. Weihnachtsschmuck hergestellt mit verschiedenen Techniken und mit Bezug zu den Feiertagen, Grußkarten, welche die Geschichte der letzten 200 Jahre bis heute beinhalten.

Es gibt nicht viel Konkurrenz auf diesem Markt, doch ein Weihnachtshaus ist sehr viel größer: Das Haus in Gödöllö ist 300 Quadratmeter groß und besteht aus 9 Räumen. Planen Sie zu erweitern? 

Wir planen keine Erweiterung. Dies hier ist ein originales altes Haus, welches wir renoviert haben. Wir wollen nicht größer sein als ein Familienhaus, so ist es heimelig. Wir können so unseren Besuchern die Atmosphäre des alten Weihnachtsfestes nahebringen und zurückgeben. Hier wird hauptsächlich alter Weihnachtsschmuck ausgestellt. Auch die neueren Stücke werden in alter Umgebung gezeigt. Wir haben auch Fotoecken entworfen, in denen sich die Besucher zwischen geschmückte Weihnachtsbäume setzen können, um Fotos zu machen. Die Atmosphäre ist festlicher als in einem einfachen Geschäft. Die Menschen kommen nach Szentendre um zu flanieren, Essen zu gehen, die Luft, das Donau-Ufer zu genießen. Unser Ziel ist es, dass diejenigen die uns besuchen, sich bei uns auch wohlfühlen. 

Sie haben auch im Sommer geöffnet. Wer kommt auf die Idee, im Sommer Weihnachtsschmuck zu kaufen? 

Diejenigen, die gerade nach Szentendre kommen. Wir haben im Sommer unheimlich viele Besucher aus dem Ausland. Viele kommen aus Australien, Neuseeland, Kanada. Wir haben auch viele israelische Gäste. Viele junge Leute kommen vorbei, um ihren Großmüttern einen klassischen Weihnachtsschmuck mitzubringen, eine Glocke oder eine Kugel. Und das tun sie zu jeder Jahreszeit.

Und viele kaufen hier ihre Souvenirs, unabhängig von der Jahreszeit. Junge Paare, die sich auf ein Rendezvous in Szentendre getroffen haben. Später, nach der Hochzeit, kommen sie oft zurück, entweder mit ihren kleinen Kindern oder in Erwartung eines Babys, und kaufen ihre erste Kugel auf der das erste Weihnachten geschrieben steht. 

Woher kommt der Schmuck aus der Sammlung?

Es gibt Schmuck, den ich bei einer Auktion ersteigere, oder ich finde etwas auf dem Sperrmüll oder auf einem verlassenen Dachboden. Bekannte geben mir auch Bescheid, wenn sie gerne eine Weihnachtsdekoration dem Museum anbieten möchten. Mein Sohn befindet sich im Moment in Deutschland und er hat auf einem Dachboden ein paar alte Kisten mit Ziergegenstände gefunden. Diese sammelt er ein, sortiert sie und bringt sie mit nach Hause.

So fülle ich den Bestand auf, denn die Besucher nehmen regelmäßig etwas mit. Im Laden sind es auf diese Weise zwei klassische ungarische Stücke weniger geworden. Man sieht, dass die Leute diesen alten Schmuck lieben. (lacht)

Typische altungarische Motive sind Sodaflaschen, Unicum Flaschen, und die sogenannte Csongor-Zigarre.

Fact

Csongor ist eine ungarische Zigarrenmarke. Nach 1948 wurde die Csongor-Zigarre in Ungarn, wahrscheinlich in Eger, produziert. Die Csongor wurde mit einer inneren Papierumhüllung hergestellt, also keine echte Zigarre. Als ob man eine Zigarette in Tabakblätter gewickelt hätte. Diese Marke hat bis in die späteren Jahrzehnte überlebt. Nach ihrem Verschwinden unternahm die Zigarrenfabrik Újfeértó einen weiteren Versuch, sie wiederzubeleben. Obwohl die Verpackung als auch der Inhalt in einem Design hergestellt wurden, die den Erwartungen der Zeit entsprachen, war es kein Erfolg. Quelle: dohanymuzeum.hu

Bis heute wird ungarischer Weihnachtsschmuck in Oberungarn hergestellt. Von dort bringen wir viele schöne handbemalte Glaskugeln mit. Wir haben auch eine selbst entworfene Kollektion, die in Tschechien auf Grundlage von alten Stickmotiven handbemalt wird. Diese entsprechen auch dem ungarischen Geschmack und sind bei Ausländern sehr beliebt, weil sie die charakteristischen ungarischen Farben und Formen auf den schneeweißen Kugeln erkennen.

Vor hundert Jahren war das, was die Leute gerne an den Baum gehängt haben, von Land zu Land noch sehr unterschiedlich. Heute begegnet man der Globalisierung auch schon zu den Weihnachtstagen. Zum Beispiel sind die skandinavischen Elfen auf dem ungarischen Markt stark präsent. Gerät das „ungarische Weihnachten” dadurch in Gefahr?

Meiner Meinung nach sind die ungarischen Weihnachtsgewohnheiten überhaupt nicht in Gefahr. Einerseits ist die Bevölkerungsgruppe, die diese skandinavischen Elfen kauft, nicht sehr groß. Andererseits ist die Veränderung und Weiterentwicklung von Weihnachtsbräuchen und -dekorationen ein normaler Prozess. Dennoch suchen 80% von uns immer noch nach dem Klassischen, nach rotem und goldenem Schmuck und Weihnachtskugeln. Diese Grinche und Elfen werden nur aus Vergnügen gekauft. Die Intimität entsteht durch den am Baum hängenden Weihnachtsschmuck, der dem Raum sein Funkeln zurückgibt. Durch unterschiedlich helle, in verschiedenen Farben leuchtende Kugeln, die die Lichter im Raum reflektieren wird ein Weihnachtsbaum bewundernswert. Wir sehen uns in den Kugeln, tatsächlich spiegeln wir uns darin wider. Diese mysteriöse Atmosphäre eines Weihnachtsbaums kann ein Grinch nur schwer herstellen.

Sie verkaufen auch maskierte Schweinchen als Christbaumschmuck. Wie gefällt das den Kunden? Verdirbt es nicht die Weihnachtsatmosphäre? Gibt es dafür wirklich eine Nachfrage, nachdem die Epidemie seit fast 2 Jahren unser Leben bestimmt?

Die Farben, Formen und Muster der Weihnachtsdekoration folgen seit jeher dem aktuellen Trend. Ich hoffe, wir haben Glück, und dieses Schweinchen wird bald nur noch eine Erinnerung an diese Pandemie sein. Im Grunde bringt uns ein Schweinchen Glück. Man sagt, es gräbt das Glück aus. Ganz zu schweigen, dass Schweinefleisch für uns Ungarn eine bedeutende Nahrungsquelle war. Früher waren die Winter sehr hart. In den Wintermonaten musste sich jeder selbst um sein Überleben kümmern. Heute ist die Welt eine andere, aber es gibt viele Bräuche, die zur Weihnachtsnacht am Leben erhalten wurden und viele davon sind mit dem Schwein verbunden.

Foto: Facebook-Seite des Weinachtsmuseums

Es wird jedes Jahr, während einer 5-tägigen Weihnachtsausstellung in Frankfurt bestimmt, was aktuell angesagt ist. Wie ist der Trend in diesem Jahr?

Den diesjährigen Trend kann ich an einer Christbaumspitze recht treffend beschreiben. Sie hat eine tief lachsbraune, mit blau kombinierte Farbe und es finden sich kleinen Sternchen darauf. Es gibt ein Licht, einen Farbverlauf, aber diese Farbe zu bestimmen ist sehr schwierig. Doch meiner Meinung nach ist nicht der Farbton das Wichtige, wichtig ist, dass es glänzt.

Wie wird Ihr Weihnachtsbaum dieses Jahr?

Mein Weihnachtsbaum wird genauso, wie meine Enkel ihn schmücken. Für mich ist das der wunderschönste Baum, sei er beklebt, oder mit Knete, oder mit kleinen Kinderzeichnungen verziert. Er ist mit Liebe geschmückt und unter diesem Weihnachtsbaum fühle ich mich am wohlsten.

Geschrieben von Borbála Verseghi-Nagy, übersetzt von Katharina Haffner, Fotos: Attila Lambert