Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ist am vergangenen Sonntag auf dem 27. Kongress der ungarischen Regierungspartei Fidesz von den 1.358 Delegierten einstimmig zu deren Vorsitzenden wiedergewählt worden. In seiner Dankesrede erklärte Orbán einen Sieg bei den Wahlen 2018 zu seinem wichtigsten Ziel. Der Ministerpräsident definierte drei Aufgaben für seine Partei: die erreichten Ergebnisse zu verteidigen, das geistige und seelische Fundament dieser Politik zu verankern sowie die Zukunft Ungarns zu schützen. Kommentare zum Fidesz-Parteitag vom zurückliegenden Wochenende, ungarische Presseschau von budapost.de:
Nach Ansicht von Szabolcs Szerető sind die Worte des Regierungschefs als Wahlkampfrede zu verstehen. In Magyar Nemzet begrüßt der konservative Kommentator die Tatsache, dass Orbán seine Partei gegenüber rassistischer und klassenbezogener Diskriminierung abgegrenzt habe, obwohl – so Szerető – die Regierung diese Vorgaben nicht immer erfüllen könne, vor allem was das Thema Migranten angehe. Der Kommentator betrachtet die Behauptung des Ministerpräsidenten, bei seinen Hauptgegnern handele es sich um Nationalstaaten samt das Christentum attackierende globale Eliten, als rhetorischen Trick, der auf eine Mobilisierung seiner Anhänger abziele, statt sich echte politische Ziele zu setzen. Szerető würde sich einen realistischeren Ton und eine Erörterung sachbezogenerer Themen wie Korruption, Gesundheitsfürsorge und Bildung wünschen.
Róbert Friss von der linksorientierten Tageszeitung Népszava vergleicht die Vision, die hochrangige Fidesz-Protagonisten auf dem Kongress der Regierungspartei haben durchblicken lassen, mit der Ideologie von Bolschewisten und Nazis. Nach Überzeugung des Kommentators hat der Fidesz eine alternative Realität geschaffen, um den Niedergang der ungarischen Wirtschaft und Gesellschaft zu verschleiern. Die normalen Bürger Ungarns würden eine komplett andere Sichtweise im Hinblick auf die Lage der Nation haben als die Delegierten des Fidesz-Parteitags, notiert Friss.
Ministerpräsident Orbán hat nach Ansicht von Attila Rovó eine Wendung hin zu anti-westlichen und illiberalen Vorstellungen vollzogen, weil er eingesehen habe, dass Ungarn in Sachen Wohlstand nicht mit den reichen Staaten des Westens mithalten könne. Auf Index spekuliert der liberale Kommentator, dass die anti-westliche Rhetorik des Fidesz den Ungarn suggerieren solle, sie hätten mit Blick auf ihre westlichen Gegenüber keinerlei Grund für Neidgefühle.
Ottó Gajdics von Magyar Idők stimmt mit dem Regierungschef darin überein, dass die ungarischen Wähler die Oppositionsparteien und nicht die Regierung ersetzen wollten. Es sei doch merkwürdig, so der regierungsnahe Autor, dass die Oppositionsparteien ungeachtet der klaren Führung des Fidesz in den Meinungsumfragen offenbar nach wie vor davon ausgingen, die Bürger wünschten sich eine neue Regierung. Gajdics findet es widerlich, dass sich die „zynischen und hasserfüllten“ Oppositionsparteien hinsichtlich der Erfolge Ungarns eines demagogischen und Panik heraufbeschwörenden Vokabulars bedienten. Damit, so Gajdics, würden sie den Fidesz schwächen.
Dániel Kacsoh weist in einem Kommentar für Magyar Hírlap die Kritik der Linken zurück, wonach die Popularität der Regierung einzig mit ihrer Migrationspolitik sowie ihrer Rhetorik zu erklären sei. Der regierungsfreundliche Analyst argumentiert, es sei nicht die Regierung, die eine alternative Wirklichkeit kreiere, sondern vielmehr die Linke, die nicht zu begreifen scheine, dass die Ungarn auch mit den ökonomischen Leistungen des Fidesz zufrieden seien. Die Entschlossenheit des Kabinetts, das nationale Interesse an die erste Stelle zu setzen und es vor multinationalen Konzernen und Brüssel zu verteidigen, erkläre die Beliebtheit des Fidesz, hebt Kacsoh hervor.
via budapost.de, Foto: Szilárd Koszticsák – MTI