Die Maßnahme ermöglicht es der Regierung, schnellere und entschiedenere Entscheidungen zu treffenWeiterlesen
Das Mathias Corvinus Collegium (MCC) veranstaltete am 8. März eine Buchvorstellung des Buches „Global gescheitert? Der Westen zwischen Anmaßung und Selbsthass“ geschrieben von Prof. Dr. Susanne Schröter, Leiterin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam. Wir haben uns mit der Expertin für Ethnologie und Islamwissenschaften über die Auswirkungen der Masseneinwanderung und den Kontrast zu Ungarn unterhalten.
Ungarn gerät häufig in den Mittelpunkt der Kritik, weil es die Verbreitung des religiösen Extremismus in Europa mit der Masseneinwanderung verbindet. Wieso ist Ihrer Meinung nach dieser Zusammenhang im heutigen politischen Diskurs in Europa ein Tabuthema?
Es ist empirisch einfach nicht bestreitbar, dass religiöser Extremismus etwas mit Massenzuwanderung zu tun hat. Man muss es einfach nur betrachten, und zwar nicht erst seit 2015 sondern auch vorher schon. Alleine der Anschlag auf das Welthandelszentrum in New York ist maßgeblich von arabischen Studenten in Hamburg geplant worden. Die haben sich dort in einer Moschee radikalisiert, welche auch danach noch – bis 2010 – ein Hotspot von Dschihadisten gewesen ist. Noch neun Jahre länger.
Man hat dieses Thema einfach die ganze Zeit ignoriert und tut es bis heute. Es gab nur eine kurze Phase, wo man ein bisschen aufmerksam geworden ist, nämlich als der sogenannte islamische Staat in Syrien und im Irak die Oberhand hatte und die ganzen Auslandsdschihadisten/Foreign fighters angeworben wurden. Da Anschläge in Deutschland durchgeführt worden sind, sowie in Paris, in Belgien, in Spanien, hatte man plötzlich die Idee, dass es tatsächlich ein Problem gibt, aber das ist nicht so weit durchgedrungen, dass man die Migration infrage gestellt hat und das tut man heute auch nicht. Ich bin wirklich erstaunt. Wir haben eine so starke Zunahme auch an kleineren Anschlägen oder an Messerübergriffen auf Frauen, vor allem Lehrerinnen, Schülerinnen.
Selbst wenn wir wissen, dass das muslimische Migranten sind, und wir nachvollziehen können wann sie ins Land gekommen sind, wird es trotzdem nicht behandelt, die Presse versucht das sehr schnell wieder aus den Medien herauszukriegen.
Die Politik nimmt es nicht auf, weil sie Angst haben es nützt nur Rechtsextremen etwas. Und weil sie es nicht annehmen, haben wir natürlich auf der Rechten sowieso ein Thema, auf das man sich fokussieren kann. In allen europäischen Ländern haben wir rechte Parteien, die sich mit Migration beschäftigen und deshalb will der Rest nichts mehr damit zu tun haben bzw. kehrt alle Probleme mit der Migration, vor allem mit der Migration von Muslimen, unter den Teppich. Das Problem ist natürlich, dass sich Islamismus nicht einfach auflösen wird, es wird sich auch Gewalttätigkeit und Frauenfeindlichkeit nicht auflösen. Das merken wir und wenn es nicht bearbeitet, nicht behandelt wird, dann wird es immer mehr zunehmen und wir haben eine unregulierte Migration – das haben wir, vor allem in Deutschland, weil die meisten nach Deutschland wollen. Und in Deutschland gibt es keine vernünftige Politik, es wird nur immer gesagt „wir bearbeiten die Anträge, wenn jemand Asyl beantragt und wer hier kein Recht hat, muss wieder gehen“.
Faktisch sind die Ämter gar nicht mehr in der Lage die Anträge zeitnah zu bearbeiten, viele Leute stellen gar keinen Antrag mehr, sondern verschwinden einfach und diejenigen, die abgelehnt werden, werden nicht abgeschoben. Wir haben alleine in Deutschland über 300.000 Personen, die abgeschoben werden müssten. Es passiert aber nicht. Es passiert nicht, weil es keine Abkommen mit den Heimatländern gibt oder weil die Leute dann plötzlich nicht mehr aufzufinden sind oder weil irgendein NGO Rechtsanwalt sagt, dass die Person krank ist und nicht abgeschoben werden kann. Mittlerweile sind unsere Kommunen komplett überlastet, kommen überhaupt nicht mehr nach, wir haben noch nicht einmal mehr Unterkünfte. Es passieren jetzt Fälle, in denen die eingesessene Bevölkerung ausziehen muss, damit Flüchtlinge einziehen können. Wir hatten auch einen Fall, in dem ein Altenheim aufgelöst wurde, weil man mit Flüchtlingen mehr Geld verdienen kann. Mittlerweile gibt es sehr viel Verärgerung in der Bevölkerung.
Das war eine verfehlte Migrationspolitik. Es wird immer gesagt, wir suchen Fachkräfte. Wir kriegen aber viel zu wenig Fachkräfte. Warum sollen wir denn Fachkräfte kriegen, wenn wir nur Leute annehmen, die zum Großteil noch nicht mal alphabetisiert sind. Jeder weiß, dass das die falsche Gruppe ist und dann werden humanitäre Dinge mit wirtschaftlichen Aspekten vermischt.
Ungarn aber hat die Grenze dicht gemacht, alle kritisierten Ungarn als unmenschlich, fremdenfeindlich.
Aber jetzt über die lange Zeit – Deutschland kommt auch mittlerweile an seine Grenzen – haben viele Länder ihre Politik vollkommen geändert, von einer ganz großen Aufnahmebereitschaft bis zu vollkommen geschlossenen Grenzen. Auch in Deutschland reden immer mehr Leute davon, wie man die unregulierte Migration stoppen kann und kommen zu der Konklusion, dass man die Grenzen schließen muss. Ungarn hat das schon längst gemacht, jedoch möchte keiner sagen, dass das der richtige Weg war. In dieses große Problem spielen viele Dinge hinein, wie z.B. dass man sich überschätzt hat und dachte, dass alles klappen wird, jedoch klappt das mit dem Islamismus überhaupt nicht.
Dann gibt es natürlich den Widerspruch zwischen linken Regierungen oder linken politischen Akteuren, die grundsätzlich gegen den Nationalstaat sind und eher für eine Welt ohne Grenzen votieren. Diese Idee ist jedoch nicht real, nicht praktikabel. Wenn man junge Leute in Tunesien, Marokko oder auch vielen afrikanischen Ländern südlich der Sahara fragt, will die Hälfte nach Europa und die allermeisten nach Deutschland. Dass das nicht geht, weiß jeder. Solange man alle Leute rein lässt und dann so wie Angela Merkel sagt „wir schaffen das“, ist das ein Pull-Faktor. Die jungen Leute sehen, dass sie in Deutschland ohne Arbeit Geld kriegen. Man versteht aber noch nicht, dass es da eine Endlichkeit gibt.
Es gibt zwei Konzepte: zum einen das Konzept der Nation, welches Ungarn stark vertritt, das heißt der Nationalstaat Ungarn bestimmt, was im Land geschieht und nicht Brüssel. Zum anderen gibt es diejenigen, laut denen der Nationalstaat dazu kein Recht hat und dass auf EU-Ebene entschieden wird.
Ich glaube, dass mittlerweile – ohne dass es so explizit geäußert wird wie von Viktor Orbán – sehr viele europäische Staatschefs genauso agieren und sagen, wir nehmen keine mehr auf, wir kommunizieren das zwar nicht, aber wir machen es einfach nicht. Letztendlich sehe ich nicht, dass diese linken Vertreter sich durchsetzen werden. Im Moment ist es ein Ringen auf europäischer Ebene und Viktor Orbán macht es seinen Gegnern ja sehr leicht, er ist sehr direkt, er ist in seiner Wortwahl auch nicht immer ganz diplomatisch. Aber ähnlich wie er machen es viele andere auch.
Besteht also demnach die Chance, dass sich das vom ungarischen Nationalkonservatismus skizzierte post-liberale Demokratiemodell im deutschen Kulturkreis verbreitet, so wie es zum Beispiel in Amerika geschieht?
Ich würde das nicht als post-liberal bzw. illiberal bezeichnen. Seine Kritik ist eher gegen die Linke gerichtet. Ich finde es nicht liberal, andere Staaten zu zwingen, ihre Migrationspolitik nach einer Zentrale in Brüssel auszurichten. Liberal wäre, dass die Ungarn selber entscheiden. Genauso wie bei uns in Deutschland unsere eher linkslastige Regierung vorschreibt, wie wir mit LGBT umgehen oder ob wir gendern. Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt es ab, aber die Regierung möchte das mit Gesetzen und Verordnungen erzwingen. Das ist alles andere als liberal, das ist autoritär. Ich würde eher kritisieren, dass diese Politik, die immer wieder versucht sich gegen andere durchzusetzen – auch mit finanziellen Zwangsmaßnahmen auf der EU-Ebene oder mit Gesetzen auf nationaler Ebene – nicht liberal ist. Das erinnert eher an die Kommunisten, die in der Sowjetunion oder in China an der Macht waren, nämlich Leute, die auf einen starken Staat setzen, der alles gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzt. Eigentliche finde ich das illiberal.
Sie haben vorhin angesprochen, dass viele Probleme unter den Teppich gekehrt werden. Sie beschäftigen sich auch mit der Frage der Integration. Es deuten immer mehr Zeichen darauf hin, dass die politische Elite im Westen diese Bemühungen in der Praxis aufgegeben hat. Wieso konnte dies so passieren? Welche Folgen hat es, wenn der Integrationsprozess ins Stocken gerät?
Die Folgen sind die, dass wir Parallelgesellschaften bekommen, die sich zu Gegengesellschaften entwickeln und ihre eigenen Regeln und Werte haben und immer wieder konfrontativ sind. Das sehen wir nicht nur an Beispielen wie den Silvesterunruhen, das sehen wir vor allem in den Schulen. In den Schulen gibt es mittlerweile religiöses Mobbing durch muslimische Schüler, bestimmte Unterrichtsinhalte können nicht mehr durchgeführt werden, da islamische Eltern sagen, sie seien gegen den Koran, bestimmte Themen können nicht mehr angesprochen werden, weil es Gewalt zur Folge haben könnte. Wir sehen, dass das Bildungssystem leidet. Eine missglückte Integration führt auch dazu, dass Bildungssysteme ausgehöhlt werden und keiner mehr unterrichten will. Ich kenne viele Lehrer, die gar nicht mehr unterrichten wollen, weshalb wir einen Lehrermangel haben. Leute wollen nicht mehr Lehrer werden, weil das keine Zustände sind, in denen man für Bildung garantieren kann. Wir haben Schulen, in denen 80 Prozent der Schüler kein Deutsch mehr sprechen und die restlichen 20 Prozent versuchen, von dort wegzukommen, weil sie dort keine Bildung bekommen.
Integration kann nur klappen, wenn sie in kontrollierten Bahnen verläuft und wenn man genau weiß, welche Leute man holt. So machen das Einwanderungsgesellschaften. Alle Einwanderungsgesellschaften wählen aus, wen sie einladen und haben Kriterien und betreuen die Menschen so, dass sie ankommen können. Das kann man aber nicht, wenn man unkontrolliert Leute aus Afghanistan oder anderswoher holt, man gar nicht weiß, wer das ist, und Leute fehlen, die sie richtig betreuen. Das hat Parallelgesellschaften und Chaos zur Folge und auch, dass Frauen im öffentlichen Raum zunehmend unsicher sind. Silvester hat das angefangen und bis heute nicht aufgehört. Wenn ich mir jetzt Silvesterbilder anschaue, sind da keine Frauen mehr auf der Straße. Ich kenne viele Frauen, die früher auf der Straße gefeiert haben, es jetzt aber nicht mehr tun. Sie fahren abends auch nicht mehr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.
Sie sprachen über religiöses Mobbing in der Schule. In Ungarn haben sich die historischen Glaubensgemeinschaften spontan der Pflege der nationalen Werte verschrieben. Im Gegensatz dazu sind die deutschen Kirchen unter anderem die größten finanziellen Förderer der Einwanderung und begrüßen offen die Islamisierung des Landes. Für einen Außenstehenden ist dies so gut wie unerklärlich. Wie erklären Sie sich diese Erscheinung?
Zum einen gibt es die religiöse Begründung: Jesus war Flüchtling, also müssen wir uns um die Flüchtlinge kümmern. Aber gerade die evangelische Kirche setzt ganz stark darauf, dass sie dadurch Mitglieder bekommen. Sie hoffen, junge Leute anlocken zu können, in dem sie sich für Seenotrettung einsetzen, für Flüchtlinge einsetzen und gar Kirchenasyl gewähren. Sie hoffen damit Kreise zu erreichen, die längst kirchenfern sind. Das funktioniert aber nicht, die Kirchen verlieren permanent an Mitgliedern. Sie vernachlässigen darüber den Bereich der Spiritualität und der Seelsorge, also ihr Kerngeschäft. Wenn die Kirche sich jetzt in eine Flüchtlings-NGO verwandelt oder, wie immer über die evangelische Kirche gesagt wird, in eine Vororganisation der Grünen, dann hat sie ihre eigentliche Aufgabe schon aufgegeben.
Zum anderen arbeiten die Kirchen auch ganz stark mit den Muslimen zusammen, weil sie letztendlich wollen, dass sich religiöse Organisationen irgendwie in diesem Säkularisierungsprozess halten. Das macht sie wiederum für andere überhaupt nicht glaubhaft, weshalb es auch viel Kritik an den Kirchen gibt.
Fotos: mit freundlicher Genehmigung des MCC