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Gerhard Papke: Ungarischer Konservatismus wird als Bedrohung für links-grüne Hegemonie gesehen

Dániel Deme 2024.04.22.

Dr. Gerhard Papke ist FDP-Politiker und seit 2019 Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft mit Sitz in Berlin und Bonn. Wir haben Dr. Papke gefragt, was er über die Entwicklung der deutsch-ungarischen Beziehungen denkt und welche Fortschritte, wenn überhaupt, im letzten Jahr seit unserem letzten Gespräch zu diesem Thema gemacht wurden.


Seit unserem letzten Treffen im Juli 2023 hat sich in den deutsch-ungarischen bilateralen Beziehungen auf politischer Ebene nicht viel getan. Manche würden sagen, dass es an sich schon eine Leistung ist, dass sie sich nicht verschlechtert haben, wenn man die unüberbrückbare Kluft zwischen den Werten der derzeitigen Ampelkoalition in Berlin und der Orbán-Regierung bedenkt. Ist das Ihrer Meinung nach das Beste, was wir in der derzeitigen Konstellation erreichen können, oder haben wir in der jüngsten Vergangenheit Chancen verpasst, die Dinge zu verbessern?

Ich verfolge sehr aufmerksam, wie sehr sich die ungarische Regierung, aber auch die diplomatischen Vertretungen Ungarns in Deutschland um das deutsch-ungarische Verhältnis bemühen. An ihnen liegen die Probleme nicht. Die links-grüne Bundesregierung und ihre befreundeten Medien in Deutschland sehen in der ungarischen Politik eine Bedrohung ihrer eigenen ideologischen Hegemonie. Die ungarische Politik nationaler Selbstbestimmung, mit der klassischen Familie aus Mutter, Vater und Kindern im Mittelpunkt, auf der Basis der christlich-abendländischen Werte Europas, ist für die versammelte politische Linke in Deutschland eine Gefahr. Ungarn ist ein Leuchtturm. Viele Deutsche schauen dorthin und fragen sich, warum eine solche Politik nicht auch in Deutschland möglich sein soll. Die Parteien der Ampel-Regierung kommen in allen Umfragen zusammen nur noch auf ein Drittel der Stimmen. Um so härter wird die ungarische Politik diffamiert, gerade vor der wichtigen EU-Wahl im Juni.

Die Kampagne gegen Ungarn ist noch massiver geworden?

Leider ja. Als Anfang des Jahres linksextreme Gewalttäter beim ungarischen Kulturinstitut mitten in Berlin alle Scheiben eingeschlagen haben, konnte man darüber in deutschen Medien kaum etwas lesen. Diese Verbrecher haben übrigens auch die Deutsch-Ungarische Gesellschaft und mich bedroht, weil ich Kanzleramtsminister Gergely Gulyás zu einer Veranstaltung nach Berlin eingeladen hatte und pro-ungarische Positionen vertrete. Wenn ich mich in Deutschland zu ganz anderen Themen der Innenpolitik äußere, taucht in den Medien häufig der Hinweis auf, dass ich die ungarische Regierungspolitik verteidige – erkennbar in der Absicht, mich als Unterstützer einer angeblich undemokratischen Politik zu hinterfragen. Oder schauen Sie sich die Euphorie an, mit der die deutschen Mainstream-Medien über Péter Magyar berichten: Dass er ein Gespräch mit seiner damaligen Ehefrau Judith Varga unter dubiosen Umständen aufgenommen und für seine öffentliche Kampagne verwendet hat, werden Sie in Deutschland nur selten hören. Auch nicht, dass Judith Varga ihm schwere häusliche Gewalt vorwirft. Jeder, der gegen Orbán auftritt, ist für die deutsche Linke ein potentieller Hoffnungsträger, egal, welche Figur das auch sein mag.

Foto: Wikipedia

Einige halten die derzeitige deutsche Führung für die logische Konsequenz von Merkels Erbe. Aber auch die CDU-CSU, die größte Oppositionskraft, scheinen nicht in der Lage zu sein, mit dem Merkelschen Denken zu brechen, das ihren Kurs stark nach links verschiebt. Wo sollte ein Ungar anfangen, nach potenziellen politischen Verbündeten unter seinen historischen Freunden zu suchen?

Helmut Kohl, der CDU-Vorsitzende und große Bundeskanzler der deutschen Einheit, hat sich als väterlichen Freund von Viktor Orbán betrachtet. Für die CSU in Bayern war Orbán über viele Jahre ein gern gesehener Ehrengast und Gesprächspartner. Heute machen beide Parteien um Ungarn einen großen Bogen, weil sie in der Tat immer weiter nach links gerückt sind und nach der nächsten Wahl ein Regierungsbündnis mit SPD oder Grünen wollen. Aber das Erstarken der AfD zeigt, dass sich immer mehr Deutsche vom Linkskurs der etablierten Parteien abwenden. Im September finden in Ostdeutschland drei wichtige Landtagswahlen statt. Wenn die CDU dann lieber mit Grünen und Kommunisten als mit der AfD zusammenarbeitet, werden ihr noch mehr Wähler davonlaufen. Das ist vielleicht auch eine Chance für die Werteunion, die neue Partei von Hans-Georg Maaßen. Das deutsche Parteiensystem ist aktuell so stark in Bewegung wie nie zuvor. Selbst für Kenner der deutschen Politik ist schwer einzuschätzen, wie es in zwei Jahren aussehen wird. Aus ungarischer Sicht sollte man daher eher abwarten und sorgfältig prüfen, wer sich bei diesem Veränderungsprozess der deutschen Parteien als verlässlicher Partner erweisen könnte.

Trotz der Unterschiede in der deutschen politischen Landschaft ist es nicht schwer, bestimmte Schwerpunkte und Argumente zu erkennen, die sich im ungarischen Diskurs widerspiegeln. Ist das ein Zufall?

Wir stehen in allen Ländern der Europäischen Union vor einer ähnlichen, fundamentalen Richtungsentscheidung: Wollen wir die klassischen Werte Europas, unsere Art zu leben, verteidigen, oder ergeben wir uns einer unkontrollierten Massenmigration und der fortschreitenden Islamisierung? In Deutschland ist gerade eine Umfrage unter muslimischen Schülern im Bundesland Niedersachsen veröffentlicht worden. Zwei Drittel von ihnen sagen: „Die Regeln des Korans sind mir wichtiger als die Gesetze in Deutschland“. Und fast die Hälfte hält einen islamischen Gottesstaat für die beste Staatsform! Das lässt erkennen, was uns in Europa droht, wenn die links-grüne Politik nicht gestoppt wird.

Wie sehen Sie dabei die Rolle Brüssels?

Die Brandmauer zum Schutz Europas basiert ganz wesentlich auf der nationalen Selbstbestimmung: Die großartige Idee der europäischen Einheit lebt durch die freiwillige Zusammenarbeit souveräner Nationen zum Wohle aller, nicht durch einen aus Brüssel gesteuerten Super-Staat, der den Bürgern der EU gegen ihren Willen eine Völkerwanderung aus Afrika und dem Mittleren Osten aufzwingt. Um diese wichtige Frage wird es bei der EU-Wahl im Juni gehen.

Die beunruhigenden Szenen auf europäischen Straßen nach den Terroranschlägen vom 7. Oktober in Israel scheinen das ungarische Modell zu bestätigen, das seit 2015 davor warnt, dass religiöser Fundamentalismus, Hass und Antisemitismus durch illegale Migration aus dem Nahen Osten importiert werden. Wie können Ihre politischen Eliten angesichts der schwierigen Vergangenheit Deutschlands in Bezug auf die jüdische Gemeinschaft immer noch einen unkritischen Umgang mit diesem Thema rechtfertigen?

Ja, es ist einfach schrecklich, dass Antisemiten und Israel-Hasser wieder durch Deutschland marschieren können! Ich bin am 8. Oktober, einen Tag nach dem Terror-Angriff auf Israel nach Budapest geflogen und dort durch das jüdische Viertel gegangen. Unsere jüdischen Mitbürger dort konnten sich wie immer frei und sicher auf der Straße zeigen. Als ich in der Woche darauf nach Berlin zurückkam, war dort gerade ein Brandanschlag auf eine jüdische Synagoge versucht worden, obwohl sie rund um die Uhr von der Polizei bewacht wird. Die Deutschen sind genau sowenig Antisemiten wie die Ungarn, aber wir Deutschen importieren den Antisemitismus täglich mit der Massenmigration! Also wo wird Antisemitismus wirklich bekämpft, in Deutschland oder in Ungarn? Es wird höchste Zeit, diese Frage gerade in Deutschland offen zu diskutieren!

Die Synagoge in Oldenburg, die kürzlich einem Brandanschlag zum Opfer fiel.

Wie könnte Ungarn seiner Stimme in Deutschland mehr Gehör verschaffen und wie kann es den Deutschen seinen Standpunkt besser erklären?

Viktor Orbán ist in Deutschland bekannter als viele Bundesminister der Ampel-Regierung. Das ungarische Volk hat ihn viermal hintereinander mit absoluter Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt. Er sollte häufiger nach Deutschland kommen, um die Überzeugungen der Ungarn und seine Politik zu erklären. Und er sollte mehr Interviews in deutschen Medien geben. Viele Deutsche sind sehr interessiert daran, was er zu sagen hat.

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Via Hungary Today Beitragsbild: Hungary Today