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Ein traumatisches Erlebnis oder eine schwere Stresssituation kann eine dauerhafte, in manchen Fällen lebenslange Verhaltensänderung bewirken. Obwohl dieses Phänomen gut bekannt ist, gibt es keine neurologischen Hintergründe und keine wirksame Heilung. Forscher des HUN-REN Experimentellen Medizinischen Forschungsinstituts (HUN-REN KOKI) haben dieses Problem nun in einem Stressmodell für Nagetiere untersucht. Ihre Ergebnisse, die in PLOS Biology veröffentlicht wurden, könnten die Behandlung von stressbedingten Verhaltensänderungen revolutionieren.
Ein Überfall auf der Straße, ein Unfall, eine Familientragödie oder eine Kriegserfahrung – bei einem beträchtlichen Teil (etwa 20 %) der Betroffenen können dauerhafte Verhaltensänderungen auftreten. Forscher unterscheiden zwischen der frühen, akuten (30 Tage nach der Belastung) und der späten (30 Tage nach der Belastung, posttraumatische Belastungsstörung, PTBS) Phase dieser Veränderung. Die Symptome sind in beiden Fällen ähnlich. Eines der bekanntesten Symptome der PTBS ist das häufige Abrufen von Erinnerungsspuren in unangemessenen Situationen.
Weniger bekannt ist, dass es neben intermittierenden Symptomen auch nahezu konstante Symptome geben kann, die Stimmung und Verhalten erheblich beeinträchtigen. Natürlich kann der Schweregrad dieser Symptome von Patient zu Patient unterschiedlich sein. Zu diesen Symptomen können Unruhe, Einschlafstörungen, emotionale Instabilität und Rückzug gehören, heißt es in er Mitteilung des Forschungsinstituts.
Obwohl viel darüber geforscht wird, wie das Gehirn Erinnerungen aufzeichnet und abruft, ist immer noch unklar, welche neuronalen Prozesse dauerhaften emotionalen Veränderungen zugrunde liegen könnten. Die Forscher wissen, dass sich die Aktivität der Neuronengruppen, die die Erinnerungen speichern, während des Aufzeichnens und Abrufens von Erinnerungen für kurze Zeiträume ändert. Wenn das Ereignis jedoch nicht abgerufen wird, bleibt die Gedächtnisspur im Gehirn in einem „ruhenden“ Zustand: Die Aktivität der Neuronen ist gering und ändert sich nicht. Den Forschern zufolge ist daher unklar, wie kurzfristige Aktivitätsänderungen im Zusammenhang mit Erinnerungen zu anhaltenden emotionalen Zuständen führen können, insbesondere in den ersten Tagen nach einem stressigen Ereignis.
Diese Frage ist auch deshalb wichtig, weil sich die wichtigsten Methoden zur Behandlung von PTBS derzeit auf das Auslöschen von Erinnerungen konzentrieren, was jedoch nicht sehr wirksam ist.
In einem Experiment mit einem Stressmodell für Nagetiere entdeckten die Forscher von HUN-REN KOKI eine anhaltende Spitze der neuronalen Aktivität nach einer Stresssituation, die tagelang anhielt.
Dies ist einzigartig, da das Gehirn normalerweise über starke Mechanismen zur Verringerung übermäßiger Aktivität verfügt, so dass bisher nicht bekannt war, dass eine derartig lange Periode anhaltender Aktivität existieren könnte.
Bei den Mäusen im Experiment wurde der Stress durch den Geruch eines Raubtiers (Fuchs) ausgelöst, dem sie 10 Minuten lang ausgesetzt waren. Nach dem Stress beobachteten die Forscher bei den Tieren eine erhöhte neuronale Aktivität, begleitet von Unruhe im Wachzustand, gestörtem Verhalten im Schlaf und längeren Schlafzeiten. Die erhöhte Aktivität wurde im Nucleus paraventricularis (PVN) beschrieben, ein Kerngebiet im Hypothalamus, also im Zwischenhirn. Das ist kein Zufall: Der PVN ist eine „Schaltzentrale“, in der Signale aus den Gehirnbereichen, die für Stress und Wachsamkeit kodieren, zusammenlaufen, bevor sie an den verhaltensregulierenden kortikalen Bereich weitergeleitet werden.
Die Forscher hemmten dann selektiv die PVN-Zellen für eine Stunde und stellten fest, dass es in diesem Fall zu keinem anhaltenden Anstieg der PVN-Aktivität kam.
Dies ging mit dem Ausbleiben von stressbedingten Verhaltensänderungen einher, die über Tage hinweg anhielten. Interessanterweise blieb die kurze PVN-Hemmung von nur einer Stunde signifikant wirksam, wenn sie erst fünf Tage nach dem Stressereignis angewendet wurde. Dieses Ergebnis vergrößert die Länge des Zeitfensters, innerhalb dessen eine mögliche Behandlung auf der Grundlage dieser Ergebnisse wirksam sein könnte.
Die Ergebnisse dieser Forschung deuten auf einen neuen Gehirnmechanismus hin, der für stressbedingte Verhaltensänderungen verantwortlich ist. Dieser Mechanismus könnte neue therapeutische Möglichkeiten für die Behandlung stressbedingter Probleme eröffnen. Durch die dauerhafte Regulierung der Aktivität des PVN könnte er den Weg für die Entwicklung von Behandlungen ebnen, die gegen stressbedingte Angst- und Traumastörungen wirksam sind. Das Verständnis solcher langfristigen neuronalen Veränderungen könnte zur Entwicklung gezielter Therapien beitragen, die stressbedingte Verhaltensstörungen lindern können.
Die Veröffentlichung kann hier nachgelesen werden.
via hun-ren.hu, Beitragsbild: pexels