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Das Museum für Völkerkunde präsentiert in der Ausstellung „Koloriertes Ungarn. Verschollene Fotografien aus dem Jahr 1862“ verloren geglaubte ungarische Fotografien aus dem 19. Jahrhundert, die für die Londoner Weltausstellung aufgenommen wurden.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht eine Serie von Volkstrachten-Fotografien, die in ungarischen Ortschaften aufgenommen wurden, seit mehr als anderthalb Jahrhunderten nicht mehr zu sehen war und auf der Londoner Weltausstellung 1862 präsentiert wurde, teilte das Museum am Donnerstag der MTI mit.
Die verloren geglaubten Fotografien von János Tiedge kamen als Leihgabe aus der Sammlung des Victoria & Albert Museum in London nach Budapest und werden von einer Reihe von Kopien begleitet, die im Museum für Völkerkunde aufbewahrt werden.
Die beiden Sammlungen ergänzen sich gegenseitig und erinnern an die früheren Einwohner von 36 Städten und Dörfern.
Die Aufnahmen farbenfroher Kostüme, die noch nie in Budapest gezeigt wurden, werden vom 5. März bis zum 15. September im Museum für Völkerkunde ausgestellt und erzählen die Geschichte ihrer Entstehung von der Organisation bis zur Weltausstellung.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die Fotografie und die Weltausstellung zwei charakteristische Ausdrucksformen der Modernität. Ihre gegenseitige Rolle wird durch die Londoner Weltausstellung von 1862 gut veranschaulicht, wo die ungarische Sektion kolorierte Volkstrachten-Fotografien von János Tiedge enthielt.
Diese Fotografien gehören zu den frühesten fotografischen Erinnerungen an die ungarische Kulturgeschichte, waren aber bisher nur vom Hörensagen bekannt.
Kürzlich hat sich dank der Digitalisierung der Bestände des Victoria & Albert Museums in London herausgestellt, dass einige der verloren geglaubten Bilder erhalten geblieben sind.
Auch das Museum für Völkerkunde verfügt über einen Teil der Kopien von Tiedges Bildern, so dass die aktuelle Ausstellung etwa zwei Drittel der einst in London gezeigten Bilder anhand der Originale und zeitgenössischer Kopien zeigen kann.
In der Mitteilung wird daran erinnert, dass das in London ausgestellte Kostümpanorama in einer Zeit voller Erwartungen entstanden ist. Nach dem Jahrzehnt des starren Autoritarismus, das auf die Revolution von 1848/49 und den Freiheitskampf folgte, gab es ab Oktober 1860 eine kurze konstitutionelle Periode mit Meinungsfreiheit und Parlamentswahlen.
Das Land befand sich im Fieber der nationalen Kultur, und jeder, der konnte, trug ungarische Kleidung und hörte ungarische Musik.
Auch in Ermangelung von Steuereinnahmen begannen die nationalen Institutionen dank der Opferbereitschaft der Gesellschaft aufzublühen. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass Ungarn, das zum österreichischen Kaiserreich gehörte, auf der Londoner Ausstellung sein Gesicht zeigen konnte. Die Farbfotografien gaben eine Momentaufnahme der vielfältigen und farbenfrohen Trachten der Bürger, Bauern, Gutsarbeiter und Komitatsbediensteten in der Tiefebene und Transdanubien wieder.
So waren es die Menschen selbst, die das Land repräsentierten.
Auf die erste Ausschreibung für die damalige Weltausstellung meldeten sich 1861 etwa zehn Gemeinden, was für ein nationales Fotopanorama nicht ausreichte. Daraufhin beauftragte Vince Jankó, Wirtschaftsschriftsteller und Organisator, den Pester Fotografen János Tiedge, das Land zu bereisen und fünf Personen aus jeder Region in „anständiger Kleidung“ zu fotografieren: einen alten Mann, einen Mann mittleren Alters, einen jungen Mann, eine Frau und ein junges Mädchen.
Da dies nicht überall möglich war, sind auf den 76 in London gezeigten Bildern Bauern aus Szeged (Szegedin), Pécska (Petschka, Pecica) und Csanád (Tschanad, Cenad), Bürger aus Veszprém (Wesprim), ein Ochsenkarren aus Pápa (Poppa), Arbeiter der Maschinenfabrik Vidats, Lohnarbeiter aus Káloz, Jäger aus Sümeg (Schimeck), Adlige aus Szentgál (St. Gall) und Komitatsbedienstete zu sehen, die alle einen Einblick in das Ungarn des 19. Jahrhunderts geben. Die Fotografien zeigen reale Personen, keine Charaktere oder ethnisch-nationale Berufstypen, und die Authentizität der fotografierten Kleidung wurde durch die Teilnahme von Einheimischen gewährleistet.
Via MTI Beitragbild: MTI/Lakatos Péter