Der ungarische Ministerpräsident, Viktor Orbán besuchte gestern Wien, wo er unter anderem von dem neuen österreichischen Bundeskanzler, Sebastian Kurz zu einem Arbeitsgespräch empfangen wurde. Nach dem Treffen wurde eine gemeinsame Pressekonferenz organisiert, wobei sowohl nachbarschaftspolitische Themen als auch die Zukunft Europas und die Positionierung in europäischen Fragen im Mittelpunkt gestanden haben.
Ungarns Premier war am Dienstag in der österreichischen Hauptstadt sehr beschäftigt. Nach seinem Treffen mit Ex-Vizekanzler und Vorsitzende des Instituts für den Donauraum und Mitteleuropa, Erhard Busek am Vormittag sollte er sich zu einem Arbeitsessen mit dem österreichischen Bundeskanzler, Sebastian Kurz (ÖVP) eilen, nach dem im Bundeskanzleramt gemeinsame Pressestatements abgegeben wurden. „Ich darf offenbaren, dass es nicht unser erstes Gespräch war“, informierte der ungarische Ministerpräsident.
Viktor Orbán und Sebastian Kurz waren sich darin einig, dass die illegale Migration gestoppt werden; die Sicherung der EU-Außengrenzen ein wichtiges, gemeinsames Anliegen sein müsse. Österreichs Bundeskanzler bekräftigte, dass die Zusammenarbeit mit Ungarn in der Grenzsicherung fortgesetzt werde, während sich Ungarns Premier für die Hilfe Österreichs an der ungarischen Südgrenze bedankte.
Sebastian Kurz wies auch auf die in der Europäischen Union gestiegenen Spannungen, insbesondere seit der Flüchtlingskrise, hin. „Österreich möchte daher als ein Brückenbauer zwischen den Visegrád-Staaten und westeuropäischen Ländern wirken. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, Spannungen abzubauen, denn es ist wichtig, dass wir in der Europäischen Union gut zusammenarbeiten“, erklärte der Bundeskanzler. Viktor Orbán bedankte sich dafür, dass Österreich diese Brückenfunktion wahrnehmen wolle. Er betonte zudem die Bedeutung der Region Mitteleuropa innerhalb der EU.
Ich hatte heute ein gutes Arbeitsgespräch mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor #Orban in Wien. #Ungarn ist für uns ein wichtiges Nachbarland. Wir sind dankbar für die Zusammenarbeit beim Schutz der #EU-Außengrenzen & bei der Schließung der #Westbalkanroute. 1/3 pic.twitter.com/dEitYPjbC6
— Sebastian Kurz (@sebastiankurz) 30. Januar 2018
Über kontroverse Themen, wie der Ausbau des ungarischen Atomkraftwerks Paks II. und die von Wien geplante Indexierung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder habe man sich ausgetauscht, sagte der Bundeskanzler. Diese Themen seien nicht Gegenstand einer bilateralen Debatte, sondern auf europäischer Ebene entschieden und gelöst werden müssten, fügte der ungarische Regierungschef bei der Pressekonferenz hinzu. Der intensive bilaterale Dialog werde weiter fortgesetzt, versicherten beide Regierungschefs am Ende der Pressekonferenz.
Am Nachmittag besuchte Orbán Kardinal Christoph Schönborn im Erzbischöflichen Palais. Nach diesem Treffen hat er in der ungarischen Botschaft den österreichischen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) empfangen.
Anstatt Ungarn zu kritisieren, hätte man damals (2015 – Anm. der Redaktion) dankbar sein müssen, dass es die EU-Außengrenze geschützt habe, erklärte Heinz-Christian Strache bei der gemeinsamen Pressekonferenz nach dem Treffen. „Wir lehnen die von der EU verordnete sozialistische Zwangsverteilung ab. Jedes Land muss selbst entscheiden dürfen, wie viele Flüchtlinge es aufnehmen darf“, erklärte der Vizekanzler im Zusammenhang mit der Migrationspolitik. „Der heutige Tag ist ein Neustart“, sagte Viktor Orbán. Die österreichische Vorgängerregierung sei Ungarn-feindlich gewesen, die jetzige sei fair, fasste der ungarische Premier seine Erfahrungen zusammen.
Für den ungarischen Ministerpräsidenten stand zum Schluss am Abend ein Treffen mit Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) im Hotel Sacher auf dem Programm.
via mti.hu, miniszterelnok.hu, bundeskanzleramt.gv.at, diepresse.com; Foto: Balázs Szecsődi – Miniszterelnöki Sajtóiroda/MTI