Die ungarische Regierung hatte in der vergangenen Woche neue großformatige Plakate eingeführt. Auf ihnen wird festgestellt, dass es Sache Ungarns und nicht der Vereinten Nationen (UN) sei, Entscheidungen in der Frage der Einwanderung zu treffen. Währendessen hatte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein bei der Eröffnung der Sitzung des Menschenrechtsrats am vergangenen Montag in Genf Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán als Rassisten beschimpft.
In Ungarn wirft ein regierungsfreundlicher Kommentator den Vereinten Nationen vor, sie versuchten der Linken mit Blick auf die Parlamentswahlen am 8. April Schützenhilfe zu geben. Ein konservativer Kritiker der Regierung dagegen hält die Fidesz-Kampagne gegen die UN für zum Scheitern verurteilt.
Die Vereinten Nationen würden die Parteien des linken Spektrums im Wahlkampf unterstützen, lautet der Vorwurf von Gergely Kiss, Redakteur der Tageszeitung Magyar Idők. Die UN wolle Druck auf Ungarn in der Hoffnung ausüben, dass der Fidesz geschlagen und eine neue linksorientierte Regierung Umverteilungsquoten für Migranten beschließen werde, vermutet der regierungstreue Kommentator. Dies würde die Souveränität Ungarns schwächen und die demografische Zusammensetzung des Landes verändern. Kiss äußert den Verdacht, dass die UN mit einer Migrantenumverteilung den westeuropäischen Ländern helfe wollten, die mit erheblichen Problemen bei der Bewältigung der Migrantenkrise kämpfen würden.
Die Regierung wolle die UN zum Feind abstempeln, nachdem sie festgestellt habe, dass ihre Anti-Soros-Kampagne nicht länger funktioniere, schreibt Szabolcs Szerető in Magyar Nemzet. Nach dem Fiasko bei der Bürgermeisterwahl in Hódmezővásárhely suche der Fidesz nach neuen Mobilisierungsmöglichkeiten, um den eigenen Sieg bei den Parlamentswahlen im April sicherzustellen, glaubt Szerető. Weiter wirft der Kommentator dem Fidesz vor, er kennzeichne nicht nur die UN, sondern auch die Roma als potenzielle Feinde, mit deren Hilfe sich seine Kernanhängerschaft auf die Beine bringen ließe. (Im Zusammenhang mit den Gefahren von Migrationsbewegungen hatte Ministerpräsident Viktor Orbán vergangene Woche in Miskolc geäußert, dass sogar eine „Binnenmigration“ von Mitgliedern der großen ungarischen Bevölkerungsgruppe der Roma erhebliche soziale Spannungen hervorrufen könne – Anm. d. Red.) Die Fidesz-Kampagne gegen die UN sei zum Scheitern verurteilt, weil es sich dabei um eine entferne, machtlose und unpersönliche Institution handele, sagt Szerető abschließend voraus.
Am vergangenen Montag äußerte der scheidende UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Said Raad al-Hussein äu folgende Kritik: „Fremdenfeindliche Menschen und Rassisten in Europa haben jedes Gefühl der Peinlichkeit über Bord geworfen – wie Ungarns Viktor Orbán, der diesen Monat sagte: ‚wir wollen nicht, dass unsere Farbe mit anderen vermischt wird‘.“ In seiner Reaktion forderte Ungarns Außenminister Péter Szijjártó vor dem Rat den Rücktritt al-Husseins. „Er verdient nach solchen Anschuldigungen diese Position nicht“, sagte er. Gleichzeitig bezeichnete Szijjártó Migration als gefährlichen Trend, der gestoppt werden müsse, weil er Terrorismus fördere.
Said Raad al-Hussein hat am Dienstag seine Bezeichnung des ungarischen Ministerpräsidenten als Rassisten verteidigt. „Es ist Zeit, um sich gegen das Mobbing von Herrn Orban und seinen Konsorten zu wehren“, sagte der Hochkommissar. Er werde dem Wunsch Ungarns, sofort zurückzutreten, nicht nachkommen. „Ich stehe zu jedem einzelnen meiner Worte.“ Die ungarische Vorstellung, dass es weniger wertvolle Rassen gebe, müsste schon längst aus den Köpfen aller Menschen verschwunden sein. „Das unverfroren aus dem Mund eines Anführers eines modernen Landes in der Europäischen Union zu hören, sollte jeden Einzelnen von uns erzürnen“, so al-Hussein.
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