Die Hitze weicht der Kälte, die Sonne verliert an Stärke, dafür nimmt der Wind zu. Die Short machen Platz für lange Hosen, das einfache Hawaii-Hemd kommt wieder in den Schrank, dafür kommt die Jacke hervor. Es ist Herbst in Budapest. Der Ansturm an Touristen bleibt allerdings ungebrochen, denn Budapest ist auch im Herbst eine Reise wert. Wir begeben uns auf den Weg, entlang der Donau und zeigen euch, wie schön ein Spaziergang entlang des Ufers sein kann.
Ich habe mir eine Jacke angezogen, die Sonne scheint und ein angenehmer Wind weht mir ins Gesicht. ideales Wetter für einen Spaziergang in meiner Lieblingsstadt.
Ich steige am Kossuth-Platz aus der Straßenbahn aus und gehe runter zum Ufer Richtung Kettenbrücke.
Als erstes fallen mir mehrere Dutzend Schuhe auf. Kleine und große. Alle aus Eisen.
Ich stehe am Denkmal, welche an die grausame Ermordung der ungarischen Juden im Jahre 1944-45, die ans Ufer gestellt, erschossen und anschließend dem Fluss überlassen wurden, erinnert. Dies geschah nicht nur hier, in der Nähe des Kossuth-Platzes, wo auch heute das Denkmal steht, sondern überall in der Stadt.
Ich schlendere weiter, höre in der Ferne das Glockenläuten der Basilika, gehe vorbei an Häusern zu meiner linken, und Kreuzfahrtschiffen zu meiner Rechten, die zu jeder Jahres- und Tageszeit hier anlegen und Dutzende Touristen in die Stadt bringen. Am Fuße der Kettenbrücke mache ich halt und genieße das einzigartige Panorama. Über mir die Bäume, bereits voll mit gelben, roten und braunen Blättern. Die Schönheit des Herbstes in Kombination mit der Aussicht überwältigt mich alle Jahre wieder.
Auf der Budaer Seite erblicke ich die Standseilbahn, die täglich von 7:30 Uhr – 22:00Uhr die Menschen vom Fuße der Kettenbrücke hoch in die Burg befördert. Unweit der Bahn befindet sich ein ganz besonderes Monument. Sie zeigt allerdings keine historische Figur, sondern eine Zahl. Eine ca. 2m große Null. Von hier aus werden die Kilometerzahlen für die größten Autobahnen bzw. Landstraßen des Landes gemessen. Komme ich z.B. mit dem Auto aus Österreich nach Ungarn, sehe ich auf der Autobahn bei Hegyeshalom, gleich nach der Grenze das Kilometerschild mit der Zahl 171 und weiß sofort, dass die Kettenbrücke von hier aus noch 171km entfernt ist.
Vorbei an der Kettenbrücke beginnt Richtung Süden das Donaukorso, auf der ich auf zahlreichen Restaurants stoße, die neben kulinarischem Essen auch Live-Musik und ein reichhaltiges Angebot an ungarischen Spezialitäten bietet. Während ich die Speisekarte vor einem der Restaurants studiere und der kellner mich freundlich invitiert näher zu kommen und Platz zu nehmen, rauscht eine Straßenbahn der Linie 2 vorbei, die zu einem der schönsten Straßenbahnlinien Europas gehört und einen perfekten Blick auf das Donau-Ufer bietet, welches seit geraumer zeit zum Weltkulturerbe gehört. Wer hier auf einem der Bänke, gerade abends, wenn die Stadt ausgeleuchtet ist, Platz nimmt, im Hintergrund die Musik aus einem der Restaurants hört und dabei das Panorama genießt, weiß, wieso diese Stadt zu einem der schönsten Städte Europas zählt und wieso das Donau-Ufer zurecht zum Kulturerbe gehört.
Das Korso selbst erstreckt sich von der Kettenbrücke bis hin zu der Elisabeth-Brücke und bietet neben einigen noblen Hotels auch Platz für das Vigadó-Gebäude, welches 1833 fertiggestellt und nach einer 10 jährigen Rekonstruktionszeit von 2004 beginnend, im Jahre 2014 wieder eröffnet wurde und heute mit seinem Festsaal und der prachtvollen Haupttreppe sowie der Eingangshalle für mich das schönste Bauwerk auf dem Korso ist und eine Sehenswürdigkeit nach einem langen Spaziergang, da hier bis heute Konzerte stattfinden, sowie Ausstellungen der zeitgenössischen ungarischen Kunst.
Interessant ist zu wissen, dass in diesem Gebäude die Stadt Budapest im Jahre 1873, nach dem Zusammenschluss von Buda, Pest und Óbuda seine Geburtsstunde hatte und zur neuen Hauptstadt Ungarns ernannt wurde.
Bei seiner Fertigstellung war das Vigadó-Gebäude das einzige Bauwerk mit einem Konzertsaal in Pest und namhafte Komponisten, wie Johan Strauß und Franz Liszt gaben hier Konzerte. Wer statt einem Konzert, so wie ich, nur ein Kaffee trinken möchte, kann dies hier ebenfalls tun und dabei einen Hauch Nostalgie der alten Kaffeehaus-Kultur verspüren.
Nach einer kleinen Stärkung setze ich meinen Spaziergang fort, aber nicht ohne einen Blick auf die Bronze-Statue an der Haltestelle am Vigadó geworfen zu haben. Es ist die Statue der kleinen Prinzessin vom Künstler László Márton. Er erschuf die kleine Prinzessin nach seiner Tochter, die mit sechs Jahren, verkleidet als Prinzessin, im Garten spielte. Später bestellte die Stadt Budapest eine Statue von Márton László, dem sofort die kleine Prinzessin als perfektes Motiv in den Sinn kam.
Während in Ungarn die Statue von Fachleuten kritisiert wurde, gefiel dem Herzog von Wales die Statue so gut, dass er es kopieren lies und lud später sogar den Künstler ein, damit er seine Kunstwerke in London im Rahmen einer Ausstellung zeigen konnte.
Es ist bereits einige Zeit vergangen seitdem ich meinen Spaziergang am Ufer der Donau begonnen habe, der Wind hat nachgelassen, von der Musik aus den Cafes ist kaum etwas zu hören, nur das Rauschen der Blätter im Wind lässt mich erkennen, dass es Herbst ist und so langsam erreiche ich das Ende es Korsos an der Elisabeth-Brücke.
Auch hier setzte ich mich auf den Platz vor dem Piaristen-Gymnasium auf eine Bank und bewundere für einige Minuten das Farbenspiel der Bäume auf dem Gellertberg.
Dabei fällt mein Blick unweigerlich auf die Bronze-Statue des Bischofs St. Gellert, welches im Jahre 1904 errichtet wurde. Die Statue thront in ca. 40m Höhe über den Straßen Budapests und steht, umringt von einem halbkreisförmigen Arkaden-Bau, genau an der Stelle, an der der Bischof einen Märtyrertod starb. Der Missionar Gellert, der ursprünglich aus Italien stammt, wurde wegen seinen politischen Ansichten von einem heidnischen Mob der Legende nach in einen Fass gesperrt und den Berg hinuntergerollt bis er schließlich in den kalten Fluten der Donau landete und ertrank. Die Ungarn haben Gellert viel zu verdanken. Er nahm eine Schlüsselrolle bei der Bekehrung der heidnischen Ungarn ein, deshalb erinnern sich die Ungarn noch heute mit dieser 7m hohen Statue und dem goldenen Kreuz in seiner rechten Hand an ihn.
Ich stehe von meinem Platz auf und setze meinen Spaziergang fort. Mittlerweile bekomme ich Hunger und so steure ich auf der Uferstraße die große Markthalle am Fővám-Platz, direkt neben der Freiheitsbrücke an, doch nicht bevor ich einen Blick in die Liebfrauenkirche geworfen habe, die die älteste Kirche des Landes ist und als Teil der Uferpromenade ebenfalls zum Weltkulturerbe der UNESCO gehört.
Das genaue Datum der Erbauung ist nicht bekannt, bekannt dafür ist allerdings die Tatsache, dass der zuvor erwähnte St. Gellert hier in dieser Kirche bestattet wurde.
Eine interessante Sache über die Kirche fällt mir dann beim herauskommen noch ein: Der Legende nach wurde die Kirche beim Neubau der Elisabethbrücke einige Meter verschoben, damit die Straße, die Richtung Ferenciek-Platz verläuft, gerade auf die Brücke zugehen kann.
Diese Legende stimmt allerdings nicht, die Brücke wurde versetzt gebaut, die Kirche steht nach wie vor dort, wo sie auch eins stand. Davon zeugt auch die Zufahrt auf die Brücke, von der Pester Seite kommend, da die Straße auf Höhe der Kirche einen leichten Knick macht.
Endlich bin ich an der großen Markthalle angekommen, Anlaufstelle für viele Touristen und Touristengruppen. Neben zahlreichen Souvenirs kann ich hier auch einen traditionellen Langosch für umgerechnet 3 Euro essen und mich stärken, denn der Weg zurück lohnt sich ebenfalls. Oder sollte ich die Linie 2 nehmen und aus der Bahn mir das Panorama und das Korso ansehen? Oder rüber auf die Budaer Seite und dort meine Entdeckungstour fortführen?
Egal wie ich mich entscheide, jede Möglichkeit ist eine Empfehlung von mir für einen tollen Herbsttag in Budapest.
(Geschrieben und Fotos von Márk Mervai)
(Quellen: budapest.com, wikipedia.org, programturizmus.hu, kozterkep.hu)