Eine konservative und eine linksgerichtete Stimme stimmen darin überein, dass sich Ungarn einer demografischen Fehlentwicklung gegenübersehe. Diametral entgegensetzt sind jedoch ihre jeweiligen Lösungsansätze, um dem Bevölkerungsschwund entgegenzuwirken. Presseschau von budapost.de.
In der vergangenen Woche wurde im Rahmen einer weiteren „Nationalen Konsultation“ allen ungarischen Haushalten ein Fragebogen zum Themenbereich Familienwerte und familiäre Fördermaßnahmen zugesandt. Laut einem Bericht des Zentralen Statistikamtes könnte die Bevölkerung Ungarns bis 2070 aufgrund demografischer Entwicklungen auf sechs Millionen sinken. In seinem regelmäßigen Interview mit Kossuth Rádio bekräftigte Ministerpräsident Viktor Orbán am Freitag, dass seine Regierung jungen ungarischen Familien helfen wolle, so viele Kinder wie von ihnen gewünscht zu bekommen.
Katalin Botos begrüßt in Magyar Idők die Bemühungen der Regierung, den demografischen Negativtrend zu stoppen und fordert eine Rückkehr zu traditionellen Familienwerten. Diese werden nach Ansicht der konservativen Kolumnistin von marxistischen, liberalen und feministischen Ideologien untergraben. Botos mutmaßt, dass eine auf individuelle Freiheiten fokussierte liberale Ideologie Hingabe und die Verpflichtung Kindern sowie Ehepartnern gegenüber für weniger wichtig erachte. Botos betont, dass sie keinesfalls ein Abtreibungsverbot befürworte, stellt jedoch im gleichen Atemzug fest, dass die Liberalisierung der Abtreibung Familien schwäche. Verfügten Mütter über die Möglichkeit zur Abtreibung, könnte ihre Entscheidung für die Babys von Vätern dazu missbraucht werden, sich ihrer eigenen Verantwortung gegenüber den Kindern mit der Begründung zu entziehen, dass deren Austragen der freie Wille der jeweiligen Mutter gewesen wäre. Abschließend weist Botos nochmals darauf hin, dass Ungarns Bevölkerungsschwund nur durch eine Rückbesinnung auf traditionelle Familienwerte umzukehren sei.
Balázs Böcskei hält die Regierungskonsultation zum Themenbereich Familie für einen Winkelzug. In Népszava wirft der linksgerichtete Analyst dem Kabinett vor, die „Nationale Konsultation“ für die Propagierung seiner eigenen konservativen Ideologie zu missbrauchen, anstatt den Versuch zu unternehmen, etwas über die Bedürfnisse ungarischer Familien zu erfahren. Aus verschiedenen Umfragen gehe hervor, dass junge Ungarn aus sozialen und wirtschaftlichen Erwägungen weniger Kinder als eigentlich gewünscht bekämen. Um die Geburtenrate zu erhöhen, sollte die Regierung die Gleichstellung fördern sowie die Sozialausgaben erhöhen, welche die Regierung nach Einschätzung Böcskeis seit 2010 massiv gekürzt habe.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI – Zsolt Czeglédi)