Ein regierungsfreundlicher Kolumnist pflichtet der Strategie des Ministerpräsidenten bei, wonach die regionale Zusammenarbeit in Mitteleuropa gestärkt werden sollte. Ein linker Kommentator dagegen glaubt, dass es sich bei Viktor Orbáns Erwartungen im Hinblick auf Mitteleuropa um reine Luftschlösser handele. Eine Presseschau von budapost.de.
In einer Rede auf der Ungarischen Ständigen Konferenz (Magyar Állandó Értekezlet), einem aus ungarischen Parlamentariern und Verbänden der Auslandsungarn bestehenden Forum, erklärte Ministerpräsident Viktor Orbán, er wolle sein Land im Hinblick auf die Lebensverhältnisse zu einem der fünf führenden Staaten Europas machen. Er sagte voraus, dass sich die Visegrád-Staaten innerhalb der aktuell von der deutsch-französischen Achse dominierten Europäischen Union zu immer bedeutenderen Akteuren in den Bereichen Ökonomie und Politik entwickeln würden. Orbán forderte eine enge Koordination der mitteleuropäischen Länder, um ihre wirtschaftliche, politische und kulturelle Zusammenarbeit zu stärken. Der Ministerpräsident ergänzte, dass die westeuropäischen Staaten vor unüberwindlichen demographischen Herausforderungen stehen würden und der Multikulturalismus die Politik im Westen völlig umkrempeln dürfte.
Zsolt Bayer von der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Idők sieht Westeuropa vor einem zivilisatorischen Niedergang. Der nicht unumstrittene Publizist vertritt die Ansicht, dass sich Ungarn nicht dem von Individualismus, Konsumismus und „kranken“ politischen Ideologien geprägten Westen zugesellen sollte. Anstatt sich an der Übernahme westeuropäischer Normen zu versuchen, sollte Ungarn die Schaffung einer starken Union mitteleuropäischer Staaten in den Blick nehmen, so Bayer. Eine stärkere regionale Zusammenarbeit werde darüber hinaus dazu beitragen, die Einheit des Karpatenbeckens wiederherzustellen und die in Ungarn lebenden Ungarn mit denen in den Nachbarstaaten zu vereinen, notiert Bayer.
In einem sarkastischen Artikel für die Tageszeitung Népszava macht sich György Sebes über die Vision des Ministerpräsidenten lustig. Der linke Kolumnist nennt den Plan Orbáns, Ungarn zu einem der lebenswertesten Länder Europas zu machen, einen rhetorischen Gag. Mit seinem Hirngespinst über die herrliche Zukunft Ungarns wolle Orbán die Aufmerksamkeit von den aktuellen innenpolitischen Problemen ablenken, vermutet Sebes. Als wichtigste Aussage der Rede Orbáns sieht der Journalist die Absicht des Regierungschefs, mindestens bis 2030 an der Macht zu bleiben.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: http://foldrajz-weblap.hupont.hu/2/kozepeuropa )