Ungarn hat einem ehemaligen mazedonischen Ministerpräsidenten politisches Asyl gewährt. Diese Tatsache veranlasst die Kommentatoren zu diametral entgegengesetzten Einschätzungen über das von den ungarischen Behörden in der Causa Gruevski angewandte Verfahren. Eine Presseschau von budapost.de.
Noch nie habe ein verurteilter Straftäter in Ungarn so schnell Asyl erhalten wie Nikola Gruevski, schreibt Zoltán Ágoston in 168 Óra. Die Behörden hätten lediglich eine Woche benötigt, um alle Feinheiten der Angelegenheit zu untersuchen. Da der ehemalige Regierungschef nach Verlassen seines Landes von ungarischen Diplomaten von Albanien nach Budapest gefahren worden sei, dürfte die für ihn positive Asylentscheidung wohl bereits im Vorfeld getroffen worden sein, argwöhnt Ágoston. Der Kolumnist verweist auch auf eine Erklärung des US-Außenministeriums, in der der Prozess, bei dem Gruevski wegen Korruption zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden war, als „umfassend und transparent“ bezeichnet wurde.
Auf 24.hu räumt Zsolt Kerner ein, dass die mazedonische Justiz durchaus nicht unabhängig agiere. So seien beispielsweise alle Anklagen gegen den derzeitigen Ministerpräsidenten seit seiner Wahl fallengelassen worden. Dennoch glaubt der Kommentator, dass das mazedonische Gericht in diesem Fall mit seinem Schuldspruch gegen Gruevski wegen Korruption richtig gelegen habe. Hauptnutznießer der jüngsten Entwicklungen, so Kerner zum Abschluss seines Kommentars, sei der russische Präsident Wladimir Putin, der mit Hilfe Gruevskis den Beitritt Mazedoniens zur NATO verhindern wolle.
Zsolt Bayer dagegen weist Spekulationen zurück, wonach die Flucht Gruevskis vom russischen Präsidenten Putin inszeniert worden sei. In Magyar Idők verurteilt der umstrittene regierungsfreundliche Publizist wütend führende Oppositionspolitiker, wobei er Ferenc Gyurcsány namentlich erwähnt. (Der Vorsitzende der Demokratischen Koalition hatte angedeutet, dass Ministerpräsident Viktor Orbán Vorbereitungen für seine eigene Flucht zu irgendeinem späteren Zeitpunkt treffen würde – Anm. d. Red.)
Bayer verweist im Folgenden auf ein Dutzend Beispiele für verurteilte Ausländer, die in Frankreich und Belgien Asyl erhalten hätten, um zu beweisen, dass der aktuelle Fall bei weitem nicht so einzigartig sei, wie in oppositionellen Medien behauptet. Gruevskis „wirkliche Sünde“ besteht laut Bayer in dessen Widerstand gegen die vor zwei Jahren hereinbrechende Welle unkontrollierter Einwanderung. Damals sei er „Soros finanzierten NGOs“ entgegengetreten – Nichtregierungsorganisationen, die inzwischen die Presse in Mazedonien kontrollieren würden. Die Sonderstaatsanwaltschaft, die Gruevski angeklagt habe, sei ebenfalls auf von „Soros-Organisationen“ ausgeübtem Druck eingerichtet worden, behauptet Bayer.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: Balkan Insight)