Linke Kommentatoren betrachten den Weggang der US-akkreditierten Studiengänge der Central European University als eine massive Niederlage für die Demokratie. Nach Ansicht eines konservativen Analysten scheint sich der Westen nicht wirklich an der Angelegenheit zu stören. Presseschau von budapost.de.
Magyar Narancs zeichnet in ihrem regelmäßigen Leitartikel ein trostloses Bild vom öffentlichen Leben in Ungarn nach der „Vertreibung“ der Central European University aus Budapest. Die Redaktion beklagt, dass Jugendliche, die es vor einigen Jahren geschafft hätten, mit Hilfe einer Großdemonstration die Einführung einer Internetsteuer abzuwenden, die Vertreibung der CEU nunmehr nicht hätten verhindern können. Nur zwei Dutzend Menschen seien am Montag zu einer Solidaritätskundgebung erschienen. Magyar Narancs geht davon aus, dass die Mehrheit der ungarischen Bevölkerung im politischen Leben des Landes nicht vertreten sei.
Das linksliberale Wochenmagazin beschreibt die Oppositionsparteien als Teil des herrschenden Regimes und hält sie für „nützliche Idioten“ der Regierenden. Allerdings gebe es weiterhin Parteien und Bewegungen außerhalb des Parlaments sowie auch Medien, die die Realität widerspiegeln würden. „Die CEU ist weg, aber doch nicht ganz”, so Magyar Narancs.
(Die ungarischen Studiengänge bleiben in Budapest und wie Népszava berichtet, könnten nach der möglichen „Einbürgerung“ der US-akkreditierten CEU-Programme in Österreich gemäß den Regeln des Binnenmarktes diese dann auch in Budapest angeboten werden – Anm. d. Red.) Auf jeden Fall kommt Magyar Narancs zu dem Schluss: „Was die CEU lehrt, ist lebendige Wissenschaft in vielen ungarischen Köpfen und damit ist das nicht das Ende der Welt.“
Der alt-linke Kolumnist András Jámbor wirft der CEU vor, sie habe im vergangenen Jahr eine Verhandlungslösung zu finden versucht, anstatt einen politischen Kampf zu führen, um ihre „Vertreibung“ zu verhindern. Vor der ersten großen Pro-CEU-Demonstration, erinnert sich Jámbor auf Mérce, hätten CEU-Offizielle davor gewarnt, dass eine Teilnahme daran gefährlich sein könnte, und danach demotivierend auf Demonstranten gewirkt. Stattdessen, so glaubt der Kolumnist, hätten sie den Kampf anführen, Demonstrationen organisieren und finanzieren sollen. Die hergebrachten Methoden des akademischen und intellektuellen Einflusses funktionierten in der Politik nicht mehr, so Jámbor. „Was zählt, ist reine Gewalt“. Sein Fazit aus dem Fall CEU lautet: „In politischen Kämpfen sind Verhandlungen nur ein Mittel, nicht die Lösung.“
Balázs Böcskei kritisiert auf Azonnali den Schwermut der oppositionellen Reaktionen auf die Causa CEU. Ein neues Lied des liberalen Liedermachers János Bródy ist für ihn typischer Ausdruck dieser Stimmung. In ihm geht es um „jemanden, der sein Land geliebt hat, dessen Liebe von diesem Land jedoch nicht erwidert wurde“. Tatsächlich neigten oppositionelle Kommentatoren zu der Annahme, es sei die Schuld der Bevölkerung, wenn die amtierende Regierung nur auf kaum nennenswerten Widerstand treffe. Der linksorientiert Politologe hält diese Haltung für ungerecht und selbstzerstörerisch. Was bei einem gehaltvollen Song eines intellektuellen Liedermachers akzeptabel sei, werde in der Politik sicherlich nicht funktionieren. Im Gegensatz zur Ansicht Jámbors glaubt Böcskei, dass der Kampf der CEU in den letzten Monaten viel mehr wert gewesen sei als das, was die Opposition bisher getan habe. Um die Opposition politisch wirksamer zu machen, sollte sie zunächst verstehen, warum Straßenproteste nicht mehr Menschen angezogen hätten. Linke Analysten hätten daher in den kommenden Monaten viel zu tun, so seine Schlussfolgerung.
CEU-Rektor Michael Ignatieff habe irrtümlicherweise gehofft, dass die Vereinigten Staaten, die Europäische Union oder die Europäische Volkspartei den Lauf der Dinge rund um seine Universität verändern würden, schreibt Kristóf Trombitás auf Mandiner. Ministerpräsident Viktor Orbán sei wahrscheinlich zu Recht davon ausgegangen, dass abgesehen von einer gewissen verbalen Kritik nichts geschehen werde, was die Regierung zur Änderung ihrer Meinung zwingen würde. Solange die USA in bilateralen Verhandlungen zwei Themen ansprechen würden – Waffenverkäufe und die CEU –, bestehe kein Zweifel daran, welches davon für Washington wichtiger sei, so Trombitás. Ebenso würde es die Europäische Volkspartei wenige Monate vor den Wahlen zum Europäischen Parlament für unangebracht halten, sich vom Fidesz zu trennen. Alles in allem, so Trombitás, kümmerten sich internationale Entscheidungsträger nicht ernsthaft um das Schicksal der CEU.
(Via: budapost.de, Beitragsbild: MTI)