Wöchentliche Newsletter

Orbán: Europawahl als Votum gegen Migration

Ungarn Heute 2019.01.11.

Das erste „Regierungs-Info“ 2019 wurde nicht – wie gewöhnlich – vom Kanzleramtsminister Gergely Gulyás, sondern selbst von dem Ministerpräsidenten Viktor Orbán gehalten. Der Premier gibt nur sehr selten den Journalisten die Möglichkeit  Fragen zu stellen. Seine letzte Pressekonferenz hatte er unmittelbar nach seinem jüngsten Wahlsieg im April gegeben. Korruption, Medien, Migration, EP-Wahlen, György Soros, das sog. „Sklavengesetz“ und Proteste in Ungarn – die Journalisten durften zu allen Themen Fragen stellen; anwesend waren auch zahlreiche ausländische und regierungskritische Medien. Die Teilnahme einiger regierungskritischer Nachrichtenportale sowie des Senders Klubradio mit Verweis auf die „Überfüllung des Saales“ im Vorfeld war abgewiesen worden. Bericht. 

„Heute müssen sie sich  – anstelle von Gergely Gulyás – mit mir zufrieden geben“ – so begann der Ministerpräsident sein Auftritt vor Medien, wobei ihn nicht nur ungarische sondern auch ausländische Journalisten fragen konnten. Am Anfang berichtete er über die Regierungssitzung, die am Mittwoch stattfand. Danach kamen die Fragen.

„Die ungarische Wirtschaft ist stabil, sie ist in guten Händen“

Die Regierung hatte am Mittwoch ihre Regierungssitzung, wo auch der Finanzminister, Mihály Varga befragt wurde. Der Minister hat die folgenden Zahlen bekanntgegeben – so Orbán. Wirtschaftswachstum liegt bei 4,6%, die Staatsverschuldung sank bis auf 71%, das Land hat ein 2%-iges Defizit, der Verbrauch wächst um 6%. Die neuste Nationale Konsultation, die im November gestartet wurde ist sehr beliebt – so der Ministerpräsident,  mehr als 1,382 Millionen Menschen haben diese zurückgeschickt. „Das ist ein Beweis dafür, dass für die Ungarn die Familie wichtig ist.“
Im Jahr 2010 arbeiteten 3,7 Millionen Menschen in Ungarn, heute schon 4,5 Millionen. „Wenn alles gut geht, diese Zahl kann sogar die 5 Million erreichen, das würde eine Vollbeschäftigung bedeuten.“ – so Orbán.
Seiner Meinung nach ist der Mangel an Arbeit „eher gut als schlecht“, denn wenn es nicht zu viele Arbeitnehmer gibt, können die Menschen ihre Rechte besser durchsetzen. Über das Überstundengesetz sagte Orbán: es habe mit Arbeitskräftemangel nichts zu tun: „Viele KMU-s konnten bisher die nötigen Überstunden nicht durchführen, das Gesetz gibt ihnen eine große Freiheit.“

Orbán wies auch darauf hin, dass derzeit 6 Prozent der ungarischen Arbeitnehmer im Ausland arbeiten.

„Mein Freund (Manfred Weber) wurde reingelegt, deshalb hat er gegen Ungarn gestimmt“

Auf die Frage, warum die ungarische Regierung Manfred Weber als Spitzenkandidat immer noch unterstützt, sagte Orbán: „Es gibt Fälle, wobei man reingelegt wird, das hätte mit meinem Freund geschehen können.“ Laut Orbán steht auf der Webseite der „Soros-Uni“ (Central European University), dass sie keine ausländische Ausbildung hat. Das hätte den Politiker – laut Orbán – irreführen können.

„Man wird bei den EP-Wahlen über die Migration entscheiden.“ – betonte der Premier. Laut Orbán gebe es derzeit in Europa „zwei Zivilisationen, mit einer gemischten christlich-muslimischen Zivilisation auf der einen Seite“, dem ein „christ-demokratisches“ Lager gegenüberstehe, dem er sich selbst mit seiner Fidesz-Partei zurechnet. Den migrationsfeindlichen italienischen Innenminister Matteo Salvini bezeichnete er als „mutig“.

Er fügte hinzu: bisher konnten die Bürger nur in Ungarn ihre Meinung zur Einwanderung äußern, in den anderen europäischen Ländern war dies nicht möglich. Deshalb seien die Wahlen im Mai eine gute Gelegenheit für die Europäer, ihre Meinung zu äußern, betonte er.

„Ungarns Ziel ist es, dass (…) die migrationsablehnenden Kräfte im Europaparlament, dann in der Europäischen Kommission und schließlich, als Ergebnis nationaler Wahlen, im Europäischen Rat (der Staats- und Regierungschefs) die Mehrheit erlangen“,

Laut Orban ist das beste Modell der modernen europäischen Christdemokratie jetzt in Brasilien. Ihm gefalle dessen Losung „Brasilien vor allem, Gott über allem“, führte Orbán weiter aus.

Das regierungsnahe Portal origo.hu fragte: was die Meinung des Ministerpräsidenten von einer möglichen gemeinsamen Liste der Oppositionsparteien bei den EP-Wahlen ist. Orbán sagte: „Wenn die Opposition diesen Weg wählt, damit wird sie sich ihr eigenes Grab schaufeln. Ich bin nicht verpflichtet, es zu verhindern.“

Er fügte auch hinzu: er war nicht überrascht, dass Judith Sargentini, „Vertreterin der Einwanderungspolitik“ mit der ungarischen Opposition in Brüssel zusammen protestierte.

„Wir wollen eine gute, tiefe, ehrliche, europäische Beziehung zu Deutschland, was jetzt wir nicht haben“

Über die neugewählte CDU Vorsitzende, Annegret Kramp-Karrenbauer sagte er erneut, dass er sie persönlich nicht kennt, folgt aber ihrer Arbeit eng und liest ihre Reden regelmäßig. Orbán erzählte, als er zum ersten Mal zum Ministerpräsidenten gewäht wurde, hat er von dem damaligen deutschen Kanzler Helmut Kohl den folgenden Rat bekommen: „Man soll seine präsidiale Position in der Partei unbedingt behalten, ohne diese kann man nicht gut regieren.“ Es sei ungewöhnlich, wenn diese Rollen voneinander getrennt sind – so Orbán. „Ich bin erregt, wie das man in Deutschland schaffen können.“ Es gebe Verhandlungen zwischen CDU und Fidesz, man versuche solche Fragen zu besprechen, wo es noch Konflikte geben – fügte Orbán hinzu.

„Wir wollen eine gute, tiefe, ehrliche europäische Beziehung zu Deutschland, was jetzt wir nicht haben. Das liegt daran, dass Deutschland unsere Migrationspolitik nicht akzeptiert. Ich sehe hier keinen Kompromiss.“

„Es gibt in Ungarn keine bedeutende Korruption“ 

Viktor Orbán wurde auch über das Ausmaß der Korruption in Ungarn befragt. „Es gibt keine bedeutende Korruption in Ungarn. Dabei soll es eine „null Toleranz“ geben.“ Er fügte hinzu: es lohnt sich,  nachzudenken, wie es in Ungarn vor 2010 aussah. „Es gab kein Wirtschafts-Wachstum, kein öffentliches Vermögen, und die Schulden nahmen zu, zum Teil deswegen, weil das Geld gestohlen wurde. Korruption existiert vor allem in den armen Ländern.“ – so Orbán.

Bezüglich der schnellen Bereicherung seiner Familienmitglieder (Schwiegersohn István Tiborcz und Freund Lőrinc Mészáros Red.) in den vergangenen Jahren wollte er sich nicht lang äußern und bezeichnete dies als „geschäftliche Frage“. Orbán antwortete auf die mehrmals aufgestellte Frage immer kurz, mit einem einzigen Satz:

„Ich beschäftige mich mit geschäftlichen Fragen nicht.“

Medienvielfalt

„Ungarn hat eine linke, liberale Medienmehrheit. Jeden Tag als ich aufstehe, weiß ich genu, dass ich heute wieder in einem „Gegenwind“ arbeiten soll. Die Mehrheit von ihnen arbeitet gegen mich.“ Laut Orbán ist man heute an der Grenze eines „Epochenwechsels“.

„Der gesamte öffentliche Diskurs in Europa basierte bisher auf einem liberalen Konzept, ein jeder weiß, dass es so ist. Diese Ära ist aber vorbei.“

(Fotos: MTI – Szilárd Koszticsák)