Ein regierungsfreundlicher Kolumnist begrüßt den Beschluss der Budapester Regierung, mehr als 300 Venezolaner ungarischer Abstammung aufzunehmen. Auch ein Kommentator aus dem linken Spektrum stimmt der Entscheidung zu, hält es aber für eigentümlich, dass humanitäre Hilfe von ethnischer Verwandtschaft abhängig gemacht werden sollte. Presseschau von budapost.de.
Die ungarische Regierung habe heimlich mehr als 300 Venezolanern ungarischer Abstammung Zuflucht gewährt. Das berichtete András Földes am Freitag in einem Beitrag für das Nachrichtenportal Index. (Tatsächlich jedoch war der Vorgang nach Ankunft einer ersten Gruppe bereits im April vergangenen Jahres öffentlich geworden.) Laut Földes sprechen die venezolanischen Ungarn kein Ungarisch. Trotzdem seien ihnen neben kostenlosen Flugtickets nach Ungarn auch eine zeitweilige Unterbringung, freie Integrations- und Bildungsprogramme sowie Arbeitserlaubnisse angeboten worden. Die MSZP warf der Regierung vor, Migration zu erleichtern sowie öffentliche Gelder für Flüchtlinge aus Venezuela aufzuwenden. Der für das Amt des Regierungschefs zuständige Kabinettsminister Gergely Gulyás erklärte vor Pressevertretern am Donnerstag, dass die venezolanischen Ungarn keine Flüchtlinge seien, sondern aufgrund des Abstammungsprinzips (ius sanguini) die ungarische Staatsbürgerschaft erhalten hätten. In Ungarn ebenso wie in vielen entwickelten Staaten können im Ausland geborene Kinder von Auswanderern die ungarische Staatsbürgerschaft erlangen. Diese im englischen Sprachgebrauch „dormant citizen“ (eine Person besitzt zwei Staatsbürgerschaften, doch nur jene des permanenten Aufenthaltsortes ist aktiv) genannten Personen müssen beweisen, dass ihre Vorfahren die ungarische Staatsbürgerschaft besaßen und können sich dadurch von Geburt an als ungarische Staatsbürger registrieren lassen.
Zsolt Bayer wirft der MSZP Sozialchauvinismus und Diskriminierung von Ungarn vor. Der Kolumnist von Magyar Nemzet erinnert daran, dass die Linke jahrzehntelang Bemühungen der Regierung kritisiert habe, außerhalb der Landesgrenzen lebenden Ungarn zu helfen. Für besonders geschmacklos hält es der regierungsnahe Kommentator, wenn hilfsbedürftige venezolanische Ungarn mit Anspruch auf die ungarische Staatsbürgerschaft als „Migranten“ bezeichnet werden. Bayer fragt sich und seine Leser, ob die Linke dieselbe hasserfüllte Sprache auch im Falle nicht-ungarischer Flüchtlinge benutzen würde.
Die ungarische Regierung habe berechtigterweise den venezolanischen Flüchtlingen Schutz gewährt, stellt Gábor Horváth in Népszava fest. Zwar begrüßt er den humanitären Akt, hält es aber für durchaus problematisch, dass die Regierung Hilfe auf Grundlage der Abstammung anstatt einer Notsituation angeboten habe. Dieselbe Hilfe sollte allen Flüchtlingen gewährt werden, nicht nur ethnischen Verwandten, meint der Kolumnist aus dem linken Spektrum. Ähnlich wie András Földes von Index glaubt auch Horváth, dass der Vorgang eigentlich hätte geheim bleiben sollen, denn die gegen Migranten gerichtete Propaganda der Regierung erschwere eine offene Hilfe für in Not geratene Menschen.
(Via: budapost.de)