Ein regierungsnaher Kolumnist wirft der Akademie der Wissenschaften vor, weit links orientierte Persönlichkeiten der ungarischen Geschichte in der symbolischen Ruhmeshalle der Nation bewahren zu wollen. Ein linker Kommentator äußert die Hoffnung, dass die Regierung doch noch von der Zuweisung der MTA-Forschungszentren unter die Ägide einer neuen Stiftung Abstand nehmen werde. Presseschau von budapost.de.
Laut dem Gesetzentwurf zur Reform der staatlich geförderten wissenschaftlichen Forschung, den der Minister für Innovation und Technologie am Dienstag dem Parlament vorgelegt hat, sollen die 15 Forschungszentren der Akademie künftig unter der Aufsicht einer öffentlichen Stiftung betrieben werden, deren Vorsitzender gemeinsam vom zuständigen Minister und dem Präsidenten der Akademie ernannt werden würde. Sechs der zwölf Vorstandsmitglieder werden den Plänen zufolge vom Minister delegiert, die restlichen sechs von der Akademie gewählt. Die Akademie hat massive Einwände gegen die Gesetzesinitiative erhoben: So äußert sie sich besorgt „über die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung“ und fordert unter anderem, dass der Vorstand der geplanten Stiftung wichtige Entscheidungen mit Zweidrittelmehrheit treffen müsse.
In Magyar Nemzet kritisiert György Pilhál die Akademie mit scharfen Worten, denn sie habe keinerlei Einwände dagegen, dass in der nordungarischen Stadt Salgótarján noch immer nach extrem linken Persönlichkeiten benannte Straßen existieren würden. Laut Gesetz dürften Straßen und Plätze nicht nach Anhängern totalitärer Regimes oder Personen benannt werden, die ihnen den Weg geebnet hätten. In allen möglichen Zweifelsfällen sollten die zuständigen Behörden die Akademie der Wissenschaften konsultieren, zitiert der Autor aus den einschlägigen Rechtsvorschriften. Die linke Mehrheit im Stadtrat von Salgótarján habe Anträge auf Umbenennung von sieben Straßen nach Stellungnahmen seitens der Akademie der Wissenschaften zurückgewiesen. „Ich küsse die Akademiker“, schreibt Pilhál und argumentiert, dass alle sieben dieser Namen etwas mit der Geschichte des Kommunismus zu tun hätten.
„Es könnte sich als politischer Selbstmord erweisen, würde der Akademie der Wissenschaften ihr Reichtum weggenommen“, schreibt Tamás Beck in Népszava. Grüne und Liberale hätten im Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament an Stärke zugelegt und übten Druck auf die Europäische Volkspartei mit dem Ziel aus, sie möge den Fidesz in die Schranken weisen. In einem ersten Schritt habe die Regierung den Gesetzentwurf zur Justizreform zurückgezogen und somit ihre Idee der Etablierung einer neuen Gerichtsstruktur aufgegeben, die in Auseinandersetzungen mit der öffentlichen Verwaltung entschieden hätte. Mit einem Verzicht auch auf die Reform der wissenschaftlichen Forschung würde Ministerpräsident Viktor Orbán seinen Realitätssinn unter Beweis stellen, notiert Beck.
(Via: budapost.de)