Die Europäische Volkspartei (EVP) wird ihren Kurs nicht ändern und hat klargestellt, dass diejenigen, die zur Parteifamilie gehören wollen, ihre Werte befürworten sollen – sagte Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der EVP im Europäischen Parlament, am Dienstag als Reaktion auf Anmerkungen des ungarischen Premierministers Viktor Orbán zur Mitgliedschaft seiner Fidesz-Partei.
Bei einer Pressekonferenz am vergangenen Donnerstag sagte Orbán, Fidesz sei nicht an der EVP in ihrer jetzigen Form interessiert, und es sei eine Änderung innerhalb der Parteifamilie erforderlich.
Die EVP schrumpft und verliert an Einfluss, Positionen und Sitzen, weil sie in die falsche Richtung geht, in eine liberale, sozialistische, zentristische Richtung
sagte Orbán.
Der Premier fügte hinzu: es seien Änderungen innerhalb der Parteigruppe erforderlich. Die Frage ist, ob Fidesz genug Gewicht hat, um Änderungen zu erzwingen oder einzuleiten, sagte Orbán. Sollte sich die EVP als nicht veränderbar erweisen, wird die europäische Politik eine neue christdemokratische Initiative brauchen, um den Aufstieg der linken Bewegung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron auszugleichen, sagte der Ministerpräsident. Die Regierungspartei Fidesz hat seine Mitgliedschaft in der EVP noch im vergangenen März suspendiert.
Weber reagierte auf einer Pressekonferenz am Rande der Plenartagung des EP in Straßburg auf Orbáns Gedanken. Er sagte, dass die in der EVP sitzenden Fidesz-Abgeordneten „zuverlässig“ sind und zur Arbeit der Fraktion beitragen. In Bezug auf Orbáns Aufruf zur Änderung sagte er, die EVP werde ihre Richtung nicht ändern, sondern „die Entwicklungen der kommenden Tage sorgfältig beobachten, um festzustellen, ob es irgendwelche positiven Änderungen innerhalb des Fidesz gibt“.
Als Weber die 40-prozentige Unterstützung der EVP bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im vergangenen Jahr feststellte, sagte er, dass die Richtlinien und Werte der EVP kjlar seien und keine Änderungen nötig seien.
Alternativen für Fidesz
„Die Alternative für den Fidesz wäre die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR)“ – so Boris Kálnoky, Ungarn-Korrespondent mit Sitz in Budapest für die Tageszeitung „Die Welt“ und andere deutschsprachige Medien. Der Journalist schrieb in der deutschsprachigen „Budapester Zeitung“, dass die größte Gruppe unter deren 62 Abgeordneten die 26 Vertreter der polnischen Regierungspartei PiS sind. Kálnoky rechnet so, dass vier Sitze nach dem Brexit (am 31. Januar) entfallen würden, jene der britischen Konservativen. Aber mit einem Beitritt von Fidesz-KDNP würden 13 dazukommen, vielleicht sogar mehr, wenn mit dem Fidesz verbündete Parteien wie der RMDSZ (Bund der Rumänien-Ungarn) ebenfalls die EVP verlassen sollten. Deren Größe würde dann von gegenwärtig 182 auf etwa 170 Sitze schrumpfen (von 705 im neuen Parlamentszuschnitt nach dem Brexit), die der EKR wiederum auf etwas mehr als 70 steigen.
Eine mitteleuropäische Fraktion im Europaparlament hat Orbán einmal eine attraktive Idee genannt. Das auf EU-Politik spezialisierte Nachrichtenportal Politico schrieb gar unter Bezug auf ungarische Regierungsquellen, Orbán wolle den Fidesz definitiv aus der EVP nehmen und in die EKR führen, wo er eine prominente Funktion übernehmen würde
so Kálnoky.
In der italienischen Zeitung „La Repubblica“ schrieb man in der Zwischenzeit darüber: zwischen Fidesz, der italienischen Liga und der polnischen Regierungspartei sollen schon Gespräche laufen, um eine neue Familie europäischer Parteien zu gründen.
Die EVP will ihrerseits bald über der Verbleib von Fidesz in ihrer Parteienfamilie entscheiden.
(Via: euronews.com, mti.hu, Beitragsbild: MTI – Szilárd Koszticsák)