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Spiegel-Meinungsartikel über Klaus Johannis: „Ein Hetzer als Karlspreisträger“

Ungarn Heute 2020.05.06.

Mit dem Titel „Ein Hetzer als Karlspreisträger“ erschien am Montag im Spiegel über Klaus Johannis ein Meinungsartikel. Laut des Autors erinnert die jüngstere Manifestation des rumänischen Staatspräsidenten an „dunkle Zeiten“. Der rumänische Präsident hatte kürzlich der sozialdemokratischen Partei seines Landes den „heimlichen Versuch“ unterstellt, „Siebenbürgen den Ungarn zurückzugeben“.

Die Abgeordnetenkammer in Rumänien, dessen größte Fraktion die PSD stellt, hatte zuvor keinen Termin für eine Abstimmung über einen Gesetzesentwurf zur territorialen Autonomie des Székler-Landes anberaumt. Laut rumänischem Gesetz sollten Gesetzesvorlagen, über die nicht innerhalb von 45 Tagen nach ihrer Einbringung abgestimmt wird, automatisch als angenommen gelten. Mittlerweile wurde der Gesetzentwurf von der zweiten Kammer des Parlaments, dem Senat, abgelehnt. Während er als Staatspräsident zusammen mit der Regierung versuche, gegen die Corona-Pandemie zu kämpfen, so Johannis, hätten Vertreter der ungarischen Minderheit zusammen mit den oppositionellen Sozialdemokraten ein Komplott geschmiedet. „Sie kämpfen in den geheimen Büros des Parlaments dafür, Siebenbürgen den Ungarn zu geben“, sagte Johannis. Er sprach den Chef der Sozialdemokraten, Marcel Ciolacu, dennoch persönlich an: „Was hat ihnen der Führer aus Budapest, Viktor Orbán, dafür versprochen?“

Der Spiegel-Artikel erinnert daran, dass Johannis Ende letzten Jahres mit dem Karlspreis ausgezeichnet wurde. Der Preis wird jedes Jahr von der Stadt Aachen an eine Persönlichkeit verliehen, die sich durch die Verteidigung europäischer Werte auszeichnet.

Doch nun hetzt der aktuelle Preisträger Klaus Johannis gegen die ungarische Minderheit in Rumänien. Manche erinnert das an dunkle Zeiten

schreibt der Autor.

Keno Verseck erinnert auch daran, dass Johannis bislang als ein Politiker galt, „der nationalistischen Versuchungen widersteht“. Im Osten Europas ist das unter Staats- und Regierungschefs schon seit Längerem nicht mehr die Regel, deshalb bekommt Johannis in diesem Jahr den Aachener Karlspreis – so Verseck.

„Johannis gehört in Rumänien zur Minderheit der Siebenbürger Sachsen, die nach dem Zweiten Weltkrieg kollektiv unter Faschismusverdacht stand und wie alle Minderheiten des Landes leidvolle Erfahrungen mit dem grotesken Nationalismus der Ceausescu-Diktatur machen musste. Doch nun betreibt Johannis selbst ein politisches Spiel mit einem der übelsten Klischees rumänischer Nationalisten – dem Mythos, dass Ungarn eine Abspaltung des Landesteiles Siebenbürgen anstrebe und die ungarische Minderheit Rumäniens dabei als fünfte Kolonne benutze“ – stellt der Autor in seinem Artikel fest.

Verseck wies auf den „schwarzen März“1990 in Rumänien hin: „Verschwörungstheorien zur Abspaltung Siebenbürgens brachten Rumänien im März 1990 an den Rand eines Bürgerkrieges. Bis heute hetzen rumänische Nationalisten gern kollektiv gegen die knapp anderthalb Millionen Ungarn im Land.“

Der Autor betont schließlich, dass Johannis‘ jüngster Auftritt im postkommunistischen Rumänien ohne Beispiel sei. Sowie auch präzedenzlos sei, dass „ein Staatsoberhaupt eines EU-Landes einem EU-Nachbarn vorwirft, mitten in der Coronakrise separatistische Pläne zu verfolgen“.

Zahlreiche Politiker und prominente Publizisten verurteilten Johannis‘ Aussagen. Sie verlangten vom Präsidenten eine Entschuldigung. Der ungarische Premier Viktor Orbán reagierte eher besonnen. Zwar habe er solche Sätze „nicht einmal in den schlimmsten antidemokratischen, verworrenen Zeiten aus Rumänien gehört“. Er würde aber bis zur Klärung von Johannis‘ Aussagen empfehlen, sich nicht „nach dem vor uns hingeworfenen Handschuh“ zu bücken.

Presseschau von budapost: Äußerungen des rumänischen Präsidenten Johannis als anti-ungarisch gebrandmarkt

Fact

Autor des Artikels, Keno Verseck wuchs in der Deutschen Demokratischen Republik auf, die er 1984 verließ. Seit 1991 berichtet Verseck als freier Journalist über mittel- und südosteuropäische Länder mit Schwerpunkt Ungarn und Rumänien, wo er 1991 bis 2000 als Korrespondent in Budapest, Bukarest, Cluj-Napoca, Brașov und Miercurea Ciuc tätig war, sowie über Wissenschaftsthemen wie Astronomie, Astrophysik und Raumfahrt für deutsch- und rumänischsprachige Zeitungen, Radio- und Fernsehsender. Seit 2000 reiste er regelmäßig für Recherchen nach Mittel- und Südosteuropa. Seine Publikationen erschienen unter anderem auf dem Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung, in die Tageszeitung, Berliner Zeitung, Der Standard, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Spiegel Online, Die Zeit und Technology Review. Seine Berichte wurden unter anderem vom Deutschlandfunk, vom Westdeutschen Rundfunk, der BBC und der Deutschen Welle gesendet. (Via: wikipedia.org)

(Via: spiegel.de, Beitragsbild: MTI/EPA/AFP/Ludovic Marin)