Am Donnerstag hat eine rechtsradikale Bewegung gegen sogenannte „Zigeunerkriminalität“ protestiert. Angesichts dessen vertreten eine regierungsnahe und sowie eine alt-linke Stimme diametral entgegengesetzte Meinungen über die Ursachen rassischer Segregation, eine Presseschau von Budapost.
Die Demonstration der Bewegung „Unser Vaterland“ in der Budapester Innenstadt richtete sich gegen, wie sie es nennt, „Zigeuner-Kriminalität“. Anlass war das Gedenken an die Opfer einer Messerstecherei, die sich vergangene Woche ereignet hatte (siehe BudaPost vom 27. Mai). Obgleich von der Polizei nicht genehmigt, versammelten sich Hunderte von Demonstranten vor dem Büro des Nationalrats der Roma und begaben sich zum Tatort. Dort versammelte sich eine größere Menschenmenge, um der beiden Opfer zu gedenken. Die Polizei beschlagnahmte Plakate und Flaggen und überprüfte die Identität von 72 Demonstranten. Gegen acht von ihnen wurden Ermittlungen eingeleitet.
In Magyar Demokrata beschuldigt Sándor Szarka Roma- und Menschenrechtsaktivisten, sie würden „unterprivilegierte Roma dazu ermutigen, die Ghettokultur als Norm zu betrachten“. Der regierungsfreundliche Kommentator stimmt jedoch mit Menschenrechtsaktivisten überein, die mit Blick auf die Roma vor stereotypen Verallgemeinerungen warnen. Allerdings sei die brutale Ghettokultur unter den armen Roma häufiger anzutreffen als andernorts in der Gesellschaft. Die Entschädigungszahlungen für in Gyöngyöspata an Schulen getrennt unterrichtete Roma-Kinder (siehe BudaPost vom 14. Mai) würden von antisozialen Roma als Ermutigung verstanden. Szarka behauptet, dass infolge der nachsichtigen Haltung von Menschenrechtsaktivisten antisoziale Roma noch aggressiver auftreten würden. So flüchteten auf ein menschenwürdiges Leben hoffende Roma- und Nicht-Roma-Familien, was die Segregation weiter verschärfen und die Verbreitung der Ghetto-Kultur verstärken würde, so Szarka abschließend.
Orsi Pósfalvi von Mérce bezeichnet den Begriff „Zigeunerkriminalität“, mit dessen Hilfe sich Rechtsradikale wieder in den Vordergrund schöben, als widerlich und beängstigend. Ohne zu erwähnen, dass die Polizei die Demonstration verboten habe und mehrere Teilnehmer strafrechtlich zur Verantwortung ziehen werde, wirft Pósfai der Ordnungsmacht vor, die Augen vor der illegalen Kundgebung verschlossen zu haben. Die alt-linke Kolumnistin äußert die Befürchtung, dass sich rassistische Rhetorik und romafeindliche Hetze irgendwann in Form von Gewalttaten gegen Roma entladen könnten.
Die vor zehn Jahren an Roma begangene Mordserie habe auch durch die Verbreitung ethnischer Stereotypen motiviert sein können. Die Nicht-Roma-Mehrheit habe ihre kollektive Mitschuld für die Ermordung von Roma-Familien noch immer nicht anerkannt, notiert Pósfai und versteigt sich zu der Behauptung, dass Ministerpräsident Viktor Orbán eine persönliche Verantwortung für das Mainstreaming von rassistischem Anti-Roma-Geschwätz trage. Sie begründet ihre Ansicht mit der Kritik Orbáns an dem Gerichtsurteil, Roma-Familien, deren Kinder in getrennten Klassen in der Stadt Gyöngyöspata unterrichtet wurden, eine Bargeldentschädigung zu zahlen.
(via budapost.hu, Beitragsbild: MTI/Kovács Tamás)