Nach Auffassung eines linken Journalisten vermittelt das milde Urteil die Botschaft, dass der Regierung nahestehende Straftäter mit weniger schweren Konsequenzen zu rechnen haben. Ein Fidesz-Abgeordneter des Europäischen Parlaments wettert ebenfalls gegen die aus dem Urteil abzulesende Nachsicht, glaubt aber, dass es nur eines in einer ganzen Serie ähnlich gelagerter Sprüche sei, eine Presseschau von Budapost.
Gábor Kaleta, ungarischer Botschafter in Peru, war heimlich von der ungarischen Polizei in sein Heimatland zurückgeführt worden. Zuvor hatten die US-amerikanischen Strafverfolgungsbehörden ihre ungarischen Kollegen darauf aufmerksam gemacht, dass der Diplomat Teil eines internationalen Pädophilenrings sei. Das FBI bat die Ungarn, ihr Vorgehen geheim zu halten, da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Die Behörden fanden auf Kaletas Computer 19.000 Dateien mit pädophilem Inhalt, darunter auch Aufnahmen sexuell motivierter Gewalt. Er wurde zu einer einjährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie zur Zahlung von 540.000 HUF (rund 1.500 Euro) verurteilt.
Miklós Hargitai hält die vom Urteil ausgehende Botschaft für einen Appell an Pädophile, „nach Ungarn zu kommen, dem Fidesz beizutreten und in Sicherheit zu sein“. In einem Kommentar der regierungskritischen Tageszeitung Népszava wirft der Autor dem Staatsanwalt und dem Gericht vor, sie hätten nicht einmal den Versuch unternommen, die Strategie des Verteidigers zu durchkreuzen. (Der Jurist hatte die pädophilen Aktivitäten seines Mandanten als das harmlose Betrachten von zugegebenermaßen unanständigen Bildern in privater Atmosphäre dargestellt – Anm. d. Red.) In Wirklichkeit habe Kaleta zu diesen an kleinen Kindern verübten Gewalttätigkeiten und Misshandlungen beigetragen, denn diese Szenen hätten nur stattgefunden, weil Leute wie er für entsprechende Aufnahmen zu zahlen bereit gewesen wären. Hargitai wirft der Regierung vor, Pädophile auch innerhalb der katholischen Kirche zu schützen und damit Ungarn zum letzten Land innerhalb der Europäischen Union zu machen, das der Vertuschung pädophiler Verbrechen nach wie vor Vorschub leiste.
In einem Facebook-Posting bezeichnet der Fidesz-Abgeordnete Tamás Deutsch das Urteil als schändlich. Es weise auf die allgemein von ungarischen Gerichten praktizierte Milde hin, die völlig unabhängig von der jeweiligen Regierung sei. Sarkastisch spricht der Politiker von deren „grenzenloser Unabhängigkeit“. Als weiteres Beispiel für ihre Milde verweist Deutsch auf zwei Mordfälle, die von den Gerichten auf die leichte Schulter genommen worden sein. „Schämen Sie sich, unendlich unabhängiger ungarischer Gerichtshof!“, ruft er in seiner Schlussbemerkung aus.
(via Budapost.eu, Beitragsbild: MTI/Szilárd Koszticsák)