Ein regierungsfreundlicher Kolumnist erinnert daran, dass Ungarn Europa und das Christentum seit seiner Gründung durch den Heiligen Stephan verteidigt habe. Sein linkes Gegenüber vermutet jedoch, dass die Ungarn die religiöse Interpretation des Feiertags nicht so ohne weiteres schlucken würden, eine Presseschau von Budapost.
György Pilhál von Magyar Nemzet würdigt den Umstand, dass der Stephanstag in den vergangenen drei Jahrzehnten in seiner ursprünglichen Bedeutung begangen worden sei. Der regierungsnahe Kommentator erinnert daran, dass es die Kommunisten nicht vermocht hätten, sich den Nationalfeiertag anzueignen und seine christlichen und nationalen Aussagen durch eine kommunistische Symbolik zu ersetzen, in deren Zentrum das aus der ersten Augusternte gewonnene neue Brot gestanden habe. Dem Heiligen Stephan sei es vor allem darum gegangen, die Assimilierung Ungarns im Byzantinischen Reich zu verhindern. Zu diesem Zweck habe er ein römisch-katholisches Ungarn gegründet und es zu einem Teil Europas gemacht. Seitdem habe Ungarn Westeuropa und das Christentum gegen äußere Bedrohungen verteidigt – sei aber von Europa in der Not sich selbst überlassen worden, so die Interpretation Pilháls, der resümiert: Es grenze an Zauberei, „dass Ungarns Tag des Heiligen Stephan sonnendurchflutet sei, während sich in der benachbarten Welt Gottlosigkeit und Dunkelheit ausbreiten“.
Ungeachtet der Anstrengungen der Regierung, den Stephanstag als christlichen und nationalen Feiertag auszugestalten, würden die Ungarn die Festlichkeiten doch sehr unterschiedlich interpretieren, notiert Miklós Hargitai. In Népszava äußert der linke Kolumnist die Vermutung, dass die meisten Ungarn den Nationalfeiertag mit dem alljährlichen Feuerwerk zum 20. August identifizieren würden. (Das stets im Bereich der Donau im Budapester Stadtzentrum veranstaltete Feuerwerk fällt jedoch dieses Mal angesichts der von Massenveranstaltungen ausgehenden Covid-19-Gefahr aus – Anm. d. Red.) Hargitai findet es wohlfeil, dass die Regierung christliche Werte feiere, ohne im Einklang mit ihnen zu handeln. Die Ungarn sollten am 20. August lieber das neue Brot feiern und hoffen, dass sie nächstes Jahr um diese Zeit genug zu essen haben würden, empfiehlt der Autor.
(via budapost.de, Beitragsbild: MTI/Péter Komka)