Parlamentsabgeordnete Dóra Dúró hielt vor einigen Tagen eine Pressekonferenz ab, bei der sie das Buch „Märchenland für alle“ „vernichtete“. Laut der Politikerin fördert das Buch „Homosexualität“ und somit sei es ein „Angriff auf die ungarische Kultur“. In den Geschichten des Bilderbuchs sind unterschiedliche Minderheiten, darunter auch LGBTQ-Charaktere zu finden. Der ungarische Verband der Verleger und Buchhändler (MKKE) verurteilte die Aktion, was sonst zu höheren Umsätzen führte.
Das Buch mit dem Titel „Märchenland für alle“, das von der Lesbischen Gesellschaft „Labrisz Lesbian Association“ heruasgegeben wurde, enthält bekannte Geschichten, die so umformuliert wurden, dass die Helden die Benachteiligten und Beladenen dieser Welt sind. Darunter Behinderte, Alte, Mißbrauchsopfer, Zigeuner, Adoptierte, Lesben und Schwule, sowie Transgender. Sie leben in polyamoren, Regenbogen- oder geschiedenen Beziehungen, und an einigen Stellen wird nicht die Heirat, sondern die Scheidung als Erlösung gefeiert.
Infolgedessen ist Polly Anna Roma, Aschenputtel eine Lesbe und in einer der Geschichten gibt es auch einen Transgender-Drachentöter. Eine überwältigende Mehrheit der umgeschriebenen Geschichten befasst sich jedoch nicht mit LGBTQ-Themen. Laut den Autoren besteht ihr Zweck darin, Toleranz und Akzeptanz des Andersseins zu lehren.
Das Buch empörte nicht nur rechtsextreme Kreise, sondern auch einige familienfreundliche Organisationen. Das rechtskonservative Portal CitizenGO sammelte fast 70.000 Unterschriften und forderte die Buchhandlungen auf, das Buch aus den Regalen zu nehmen.
Die Gewährleistung einer gesunden Entwicklung der Kinder ist wichtiger als die Verbreitung modischer, aber bald verschwindender politisch-sexueller Ideologien
steht in ihrer Erklärung. Ihre Aktivisten wurden danach von Unbekannten schwer bedroht, falls sie ihre Initiative fortsetzen sollten.
Bei einer Pressekonferenz am Freitag riss die Politikerin von „Mi Hazánk“, Dóra Dúró, die Seiten des Buches einzeln auseinander und zerkleinerte sie dann öffentlich. Sie argumentierte
Mi Hazánk toleriert es nicht, dass Kinder homosexueller Propaganda ausgesetzt sind, auch nicht, indem er abnormale Lebensweisen in Bilderbücher schleicht, die eine Lüge sind, da homosexuelle Prinzen nicht Teil der ungarischen Kultur sind
Dúrós Aktion machte sofort Schlagzeilen und erzeugte Kritik gegenüber der radikalen Partei. Laut einem der Autoren:
… Märchen sind für Kinder nicht schädlich. Es ist eher ein Mangel an Liebe, Vernachlässigung und insbesondere an jeglicher Form von Gewalt. Und ein Buch zu zerstören ist Gewalt
Eine Erklärung des ungarischen Vereins für Verlage und Buchhändler (MKKE) verurteilte ebenfalls Dúrós Aktion. Sie sagten, es ist traurig, dass „ein Mitglied des ungarischen Parlaments ein Buch öffentlich zerstört – einfach, weil sie mit dessen Inhalt nicht einverstanden war. Die Vernichtung von Büchern für politische Zwecke ist jedoch eine der beschämendsten historischen Erinnerungen in Ungarn und Europa. Es ist keine einfache Meinungsäußerung, sondern eine Verbindung mit dem Erbe der Nazi-Buchbrenner und kommunistischen Buchfetzen.“
Die kontroverse Aktion von Dúró hatte offenbar positive Auswirkungen auf die Werbung und den Verkauf des Buches, da es Berichten zufolge in den meisten Läden ausverkauft ist und ganz oben auf der Bestsellerliste von Book24.hu steht.
(Via: Ábrahám Vass – Hungary Today, seidwalkwordpress.com, Beitragsbild: Labrisz Association- Facebook)