Ein regierungsfreundlicher Kolumnist hält die Kritik der Opposition an den vorgeschlagenen Änderungen des Wahlgesetzes für unbegründet, ja sogar für absurd. Er verweist darauf, dass sich die Novellierung gegen kleine Pseudoparteien richte. Ein liberaler Kommentator ist ebenfalls der Ansicht, dass die vorgeschlagenen Änderungen für die Opposition nicht ungünstig seien. Dessen ungeachtet erachtet er es durchaus als problematisch, wenn die Regierung noch während des Coronavirus-Notstands derart wichtige politische Reformvorschläge unterbreite, eine Presseschau von Budapost.
Die von der Regierung vorgeschlagenen Änderungen des Wahlgesetzes (siehe BudaPost vom 13. November) sehen vor, dass die Parteien für die Bildung landesweiter Listen Kandidaten in mindestens 50 der 106 Einzelwahlkreise aufstellen müssen. Gegenwärtig liegt diese Untergrenze bei 27. Laut den vorgeschlagenen Neuerungen wäre künftig auch das Fotografieren der Stimmzettel in den Wahlkabinen für persönliche Zwecke gestattet.
Regierungspolitiker argumentieren, die vorgeschlagenen Änderungen würden es Mini-Pseudoparteien erschweren, bei den Wahlen nur anzutreten, damit sie öffentliche Wahlkampfsubventionen erhalten können. Die Aufhebung des Verbots, Stimmzettel zu fotografieren, erklärt sich durch eine EU-Verordnung. Sie gestattet es Einzelpersonen, falls gewünscht ihr Stimmverhalten offenzulegen. Mittlerweile haben die Oppositionsparteien die Regierung zum Verzicht auf die Gesetzesnovelle aufgefordert, da sie ihrer Meinung nach die Demokratie schwächen würde. Darüber hinaus hat sich die Opposition darüber beklagt, dass die wichtigen Änderungsanträge nach der Einführung des Coronavirus-Notstands eingereicht wurden. Somit könne sie keine Demonstrationen organisieren oder Unterschriften sammeln, um gegen die Novelle zu protestieren.
Péter Magyari hält es für eine beunruhigende Tatsache, dass die Regierung die Änderungsanträge erst nach Ausrufung des Ausnahmezustands vorgelegt hat. Allerdings glaubt er nicht, dass die vorgeschlagene Novelle des Wahlgesetzes den Interessen der Opposition schaden werde. Schließlich, so Magyari auf 444, habe die Opposition bereits geplant, gemeinsam oder zumindest koordiniert an den Start zu gehen. Der Vorschlag der Regierung werde die Streitigkeiten innerhalb der Opposition beenden und sie zwingen, mit einer oder zwei Listen anzutreten. Der liberale Kommentator befürchtet jedoch, dass die Regierung bis zu den Wahlen 2022 neuerliche Veränderungen des Wahlgesetzes vornehmen könnte, falls ihr dies die Interessenlage diktieren sollte.
Früher habe die Opposition die Regierung bezichtigt, die aktuell geltenden Bestimmungen erlassen zu haben, um kleine Pseudoparteien zu einer Kandidatur zu ermutigen und damit der Opposition Stimmen zu entziehen, erinnert Zsolt Bayer von Magyar Nemzet. Jetzt, da die Vorschriften überarbeitet und Pseudo-Parteien ins Visier genommen würden, sei die Opposition wieder unzufrieden, kritisiert der regierungsnahe Publizist. Er weist darauf hin, dass die meisten Oppositionsparteien bereits dafür plädiert hätten, mit einer Einheitsliste in die Wahl zu gehen, um Fidesz herauszufordern. Vor diesem Hintergrund hält Bayer die Kritik der Opposition an den Änderungsvorschlägen für absurd und unbegründet.
(via Budapost.de, Beitragsbild: MTI/István Biró)