Früher gab es zahlreiche Volksbräuche in Ungarn in der Vorweihnachtszeit, von denen einige bis heute erhalten blieben. Diese Traditionen waren mehrheitlich in den ländlichen Gebieten verbreitet. Wir haben Ihnen einige gesammelt, damit Sie die vierwöchige Vorbereitungszeit, den Advent in Ungarn besser kennenlernen können.
Andreastag
Die Weihnachtszeit fängt in Ungarn am 30. November mit dem Andreastag, dem Todestag des heiligen Andreas, an. Mit diesem Fest sind mehrere Volksbräuche und Traditionen verbunden, welche auch heute noch lebendig sind.
In dieser Zeit waren Hochzeiten und andere laute Feste verboten, da man sich sowohl körperlich als auch seelisch auf die Weihnachtszeit vorbereitete
Am Andreastag wurde die Ehe vorausgesagt: Das Mädchen heiratete nach so vielen Jahren, sovielmal das Schwein gegrunzt hat, nachdem der Schweinestall betreten wurde. Darüber hinaus wurde auch gesagt, dass der Zukünftige aus der Richtung kommen werde, aus der man das Hundegebell hört, wenn man auf dem Hügel steht. Außerdem wurde an diesem Tag begonnen, die Schweine zu schlachten, da das Wetter in dieser Zeit schon kühl genug dafür war. Diese Schlachtfeste dauerten dann bis Fasching an.
Schweineschlachten in Solymár, 1925, Via: Fortepan / Korenchy László
Adventszeit
Das Wort Advent hat einen lateinischen Ursprung und wird ab dem fünften Jahrhundert gefeiert. Er beginnt am Vorabend des ersten Adventssonntags und dauert bis Weihnachten. In dieser Zeit durften weder Hochzeiten noch andere Feiern stattfinden, aber verschiedene Volksbräuche und Aberglauben waren trotzdem mit dem Advent verbunden. Unter den Letzteren kann man vor allem die Zaubereien rund um die Liebe erwähnen: Wenn ein heiratsfähiges Mädchen vor der Messe in der Früh drei Stückchen vom Glockenseil abriss um sie auf ihrem Haarband zu tragen, dann konnte sie damit rechnen, dass sie in der Faschingszeit heiraten werde.
Das Ritual „Die heilige Familie sucht Unterkunft“ wiederholt sich neun Tage lang vor dem Weihnachtsfest. Zu Ehren der Heiligen Familie tun sich neun Familien zusammen, um ab dem 15. Dezember bis zum Heiligen Abend täglich, das die Heilige Familie darstellende Bild, abwechselnd zu beherbergen und zu beten.
Auch die Rorate ist ein Teil des ungarischen Brauchtums: Es wird ab dem ersten Adventssonntag bis zum Christtag jeden Tag in der Früh eine heilige Messe gehalten. Dem Aberglauben nach gingen dann die Hexen um, weswegen die Ställe zugesperrt werden mussten, noch bevor die Glocken zu läuten beginnen.
Obwohl das 20. Jahrhundert eine verwickelte Periode in der Geschichte des Landes war, haben die Ungarn immer ihren Weg gefunden, Weihnachten mit ihren Familien fröhlich zu feiern. Die unten stehenden Fotos, die von dem Online-Fotoarchiv fortepan.hu geteilt wurden, zeigen, wie die Ungarn Weihnachten im vergangenen Jahrhundert verbrachten. Unabhängig von den aktuellen kulturellen bzw. gesellschaftlichen Trends […]Weiterlesen
Luciafest (Luca nap)
Der Tag der Heiligen Lucia findet am 13. Dezember statt. Der Name der frühchristlichen geweihten Märtyrin bedeutet „die Leuchtende“, von lateinisch „lux“.
Zahlreiche vielfältige ungarische Brauchtümer sind mit diesem Tag verbunden. Eines der bekanntesten ist die Anfertigung des Stuhls von Lucia, womit man sich dem Aberglauben nach gegen verschiedene Verhängnisse wehren konnte
Er wurde dreizehn Tage aus neun Holzarten lang erstellt, wobei man an einem Tag nur einen einzigen Bauteil anfertigen durfte.
„Mendikálás“
Das Wort kommt vom italienischen Wort mendicare = betteln.
Vor allem die Kinder sammelten Spenden in dieser Zeit
In kleineren oder größeren Gruppen gingen Sie zu den Häusern, wo sie für Geschenke Weihnachtslieder sangen.
„Kántálás“
Die weihnachtliche Begrüßung mit Singen oder Rezitation wurde als „Kántálás“ (Singsang) bezeichnet. Es war ein ähnliches Ritual wie das vorherige „Mendikálás“, jedoch wurde hier nicht für Spenden gesungen. Die Erwachsenen trugen ihre Gesänge bis Mitternacht vor.
Krippenspiel
Diese Tradition ist ein Brauch, welcher bis zum heutigen Tag lebendig ist, jedoch wird er langsam auch von den Gebräuchen bezüglich dem heiligen Nikolaus verdrängt.
Das Krippenspiel ist ein traditionelles Weihnachtsspiel, bei dem die Geschichte der Geburt Jesu dargestellt wird
Die Darsteller gehen als Hirten verkleidet mit einer hausgemachten Krippe oder einer kleinen Bethlehem-Kirche von Haus zu Haus. Sie rufen die Ereignisse der Geburt Jesu mit heiligen Gesängen und scherzhaften Dialogen wach.
1942, Foto: Fortepan / Miklós Lajos
Hirtenspiel
Die Darsteller des Hirtenspiels gingen bis Mitternacht am Heiligen Abend zu den Häusern. Sie hatten einen wolligen Ledermantel an, haben Brotbeutel auf der Schulter getragen und einen Hirtenstab in der Hand gehalten. Der kleine Hirte trug die Weihnachtskrippe. Sie haben Gesänge vorgetragen und am Ende Spenden vom Hausherrn bekommen.
Da Weihnachten in Ungarn beginnt – dieses Jahr in einer eher ungewöhnlichen Form, da aufgrund der Coronavirus-Epidemie die Weihnachtsmärkte Ende November nicht geöffnet werden – füllt die berühmte Weihnachtssüßigkeit des Landes, Szaloncukor („Salonbonbons“), die Geschäfte im ganzen Land. In diesem Jahr wurde zum ersten Mal der Wettbewerb „Bester Szaloncukor des Jahres“ als zivile Initiative organisiert, […]Weiterlesen
Hostie-tragen
In der Weihnachtsfastenzeit oder ein paar Tage früher hat der Lehrer/Kantor mit den Schulkindern jeder Familie eine angemessene Zahl von Hostien geschickt.
Als Gegengabe bekam der Lehrer Mehl, Bohnen, Eier und Wurst, die Kinder selber haben Geld, Äpfel und Trockenobst bekommen
Die Hostie war ein wichtiger Teil des Weihnachtsessens, welche in vielen Orten zusammen mit Honig und Knoblauch gegessen wurde.
„Regölés“
Am Stephanstag, dem 26. Dezember bis Neujahr gingen die „Regősök“ von Haus zu Haus.
„Regölés“ nennt man eigentlich einen Brauch, bei dem gesungen, begrüßt und Spenden gesammelt wurden, um Reichtum zu zaubern und Paare zu verkuppeln
Die wollige Ledermäntel tragenden Burschen gingen mit einem Kettenstab und einer Reibtrommel ausgerüstet zu Häusern, in denen es heiratsfähige Mädchen gab, und haben dort ihren Zaubergesang vorgetragen. Nach Ankunft klopften sie an der Tür und fragten, ob sie zu singen beginnen durften. Wenn der Hausherr zugestimmt hat, begannen sie mit der Einführung und haben anschließend ihre Glückwünsche geäußert. Am Ende haben sie dann die Geschenke erhalten.
In Westungarn war es noch zusätzlich ein Teil des Brauchs, Jugendliche im heiratsfähigen Alter „aneinanderzuzaubern“: Im Falle eines erfolgreichen Zaubers, konnten die Paare in der Faschingszeit schließlich heiraten.
Johanneswein
Am 27. Dezember, am Fest des heiligen Johannes wurde der Wein gesegnet. An diesem Tag brachte jede Familie Wein in die Kirche, um ihn vom Priester segnen zu lassen.
Dem gesegneten Johanniswein wurde nämlich eine magische Kraft zuerkannt: Mit ihm wurden kranke Menschen sowie Tiere geheilt
Darüber hinaus hat man ihn in Weinfässer gegossen, um dem Verderben des Weins vorzubeugen.