Ungarns Kriminalisierung von Aktivitäten, die Migranten bei ihren Asylbewerbungen helfen, welche nicht die nationalen Kriterien für einen internationalen Schutz erfüllen, verletzen das Recht der Europäischen Union, sagte der Generalstaatsanwalt am Luxemburger Gerichtshof der EU am Donnerstag. Die Regierung wird die Grenzen Ungarns und Europas weiterhin beschützen und alles daran setzen, internationale Migrantenkorridore zu verhindern, dies sagte Justizministerin Judit Varga als Reaktion darauf.
Das ungarische Parlament hat 2018 ein Gesetzpacket, das mit „Stop Soros“ bezeichnet wird, erlassen, welches „die Organisation und Förderung illegaler Migration“ kriminalisiert.
Die Europäische Kommission hat aufgrund dieses Gesetzes ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet, wobei sie sich am Ende an den Europäischen Gerichtshof wandte und beanstandete, dass Ungarn die Hilfsaktivitäten für Asylsuchende einschränke und ihr Recht auf Schutz verletze.
Der Generalstaatsanwalt des Europäischen Gerichtshofes Athanasios Rantos sagte in einer unverbindlichen Stellungnahme, dass die Kriminalisierung solcher Aktivitäten gegen die Gesetze der EU verstoßen, welche denjenigen Hilfe garantiert, die internationalen Schutz suchen.
Er merkte an, dass Asylsuchenden nach ungarischem Recht nur dann internationaler Schutz in Ungarn zustehe, wenn sie direkt aus einem unsicheren Land kommen. Da Ungarn Serbien als sicheres Land einstuft, steht Migranten, die von dort kommen, kein internationaler Schutz zu.
Rantos wies auch auf ein Urteil des EuGH vom vergangenen März hin, das Ungarns Regeln für sichere Transitländer als Verstoß gegen das EU-Recht erklärte.
Er sagte, dass jede Person oder Organisation, die Migranten hilft, die Ungarn von Serbien aus betreten, als „dessen bewusst gilt“, dass der Asylantrag der Migranten abgelehnt werden würde und dass sie eine strafrechtliche Verfolgung riskieren.
Rantos sagte, dass Ungarns Kriminalisierung solcher Aktivitäten abschreckend für diejenigen ist, die es den Asylsuchenden vereinfachen wollen, internationalen Schutz oder humanitäre Hilfe zu erlangen.
Der Generalstaatsanwalt sagte, dass ein weiteres Gesetz, das es denjenigen, denen ein Strafverfahren „wegen Beihilfe zur illegalen Einwanderung“ droht, verboten ist, näher als 8km zu Ungarns Außengrenze zu kommen, ebenfalls die negativen Effekte der Kriminalisierung der Unterstützung von Asylsuchenden verschärft. Er fügte jedoch hinzu, dass diese Maßnahme das EU-Recht nicht verletze, da es lediglich den Behörden erlaubt, denjenigen, die unter Verdacht stehen eine Straftat begangen zu haben, die Einreise in Gebiete, die mit diesen Straftaten in Verbindung stehen, zu verbieten.
Daher schlug Rantos vor, dass der EuGH den Teil der Anfechtungsklage der EG zurückweist, in dem die Kommission versucht, die Nichterfüllung der Verpflichtungen Ungarns allein auf der Grundlage dieser Rechtsvorschrift festzustellen.
Obwohl die Stellungnahme des Generalstaatsanwaltes nicht rechtlich bindend ist, zeigen frühere Fälle, dass das Gericht stark davon beeinflusst wird.
Justizministerin: Regierung „schützt weiterhin Grenzen von Ungarn und Europa“
Die Regierung wird die Grenzen Ungarns und Europas weiterhin beschützen und alles daran setzen, die Schaffung internationaler Migrantenkorridore zu verhindern, sagte Justizministerin Judit Varga als Reaktion auf eine Stellungnahme des Generalstaatsanwaltes des Europäischen Gerichtshofes am Donnerstag.
In einem Facebook-Post in Verbindung mit der Stellungnahme von Athanasios Rantos, dass das Gericht das Verfahren der Europäischen Kommission gegen bestimmte Elemente des Gesetzespakets „Stop Soros“ teilweise aufrechterhalten sollte, schrieb Varga: „Wieder ein Beispiel dessen, wie die westliche Gedankenblase funktioniert.“
„Es ist eindeutig, dass die ungarische Regierung auch noch so kooperativ sein kann, es wieder einfach für die Elite in Brüssel ist, Verfahren gegen Ungarn einzuleiten, indem man sich hinter oft benutzten Mantras und magischen Worten versteckt,“ sagte sie.
Varga sagte, dass die EG und der Generalstaatsanwalt „leider“ zustimmten, dass es „völlig akzeptabel sei, illegale Migration zu unterstützen, erleichtern und zu organisieren“. Im Gegenzug stuft das ungarische Strafgesetzbuch solche Aktivitäten als eine Straftat ein, fügte sie hinzu.
„Laut der ungarischen Regierung versteht die Kommission die Sachlage und den Umfang der strafbaren Handlung falsch, andererseits har die Brüsseler Behörde ihr Argument nicht mit Beweisen untermauern können,“ so Varga.
Sie erklärte, dass es immer noch möglich sei, an ungarischen Auslandsvertretungen „eine Absichtserklärung zur Einreichung eines Asylantrags“ einzureichen.
Titelfoto-Illustration von Edvárd Molnár/MTI