Das Parlament hat am Dienstag beschlossen, ein Referendum über das ungarische Kinderschutzgesetz abzuhalten. Der Antrag wurde von regierungsfreundlichen Abgeordneten und einigen Unabhängigen angenommen, während die Opposition die Abstimmung boykottierte. Sie sind der Meinung, dass die Regierung ein Referendum über ein „nicht existierendes Problem und über etwas, das bereits im Gesetz verankert ist“, abhalten will. Die Opposition betont weiterhin, dass die Regierung dafür unnötig viel Geld ausgeben wird und dass sie damit lediglich von heiklen Themen ablenken will. Präsident János Áder wird den Termin für das Referendum wahrscheinlich im Januar nächsten Jahres bekannt geben.
Am Dienstag ordnete das Parlament ein Referendum über die Initiative der Regierung an, nachdem das Kinderschutzgesetz verabschiedet worden war. Außer den Abgeordneten der regierenden Partei Fidesz, nahmen nur wenige unabhängige Politiker an der Abstimmung teil, die Opposition enthielt sich der Stimme.
In der Volksabstimmung werden der Öffentlichkeit folgende Fragen gestellt:
- Unterstützen Sie, dass für Minderjährige solche Inhalte uneingeschränkt erreichbar werden, welche ihre sexuelle Entwicklung beeinflussen könnte?
- Unterstützen Sie, dass man in Schulen unterschiedliche Beschäftigungen für die sexuelle Orientierung ohne elterliche Zustimmung abhalten darf?
- Unterstützen Sie, dass man geschlechtsangleichende Therapien für Minderjährige fördern darf?
- Unterstützen Sie, dass geschlechtsverändernde Medieninhalte für Minderjährige zugänglich werden?
Die Regierung hatte ursprünglich vor, eine fünfte Frage in das Referendum aufzunehmen, aber die Kurie entschied, dass die Frage
- Unterstützen Sie, dass geschlechtsangleichende Therapien für Minderjährige erreichbar werden?
nicht für gültig erklärt werden kann, da ein Referendum nicht auf eine Änderung des Grundgesetzes abzielen kann und das Grundgesetz unabhängig von der Mehrheitsantwort auf diese Frage in einem gültigen Referendum geändert werden müsste. Schließlich wartete die Regierung die Stellungnahme des Verfassungsgerichts nicht ab, sondern ließ die Frage aus dem Referendum heraus.
Nach dem Beschluss des Parlaments wird das Referendum 5,5 Milliarden Forint (15 Mio. EUR) kosten, wenn es gleichzeitig mit den Parlamentswahlen abgehalten würde, und nicht 12,6 Milliarden, wenn es separat stattfände. Am 9. November änderte das Parlament auf Initiative der Opposition einstimmig das Verfahren für das nationale Referendum. So können Volksabstimmungen gleichzeitig mit Parlaments-, Europaparlaments- oder Kommunalwahlen abgehalten werden.
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Fidesz: „Linke auf der Seite der „LGBTQ-Lobby“
Ungarns linke Parteien haben sich „auf die Seite der LGBTQ-Lobby gestellt, die in die Schulen eindringen will“, sagte István Hollik, Kommunikationsdirektor der regierenden Fidesz-Partei, am Mittwoch in einer Videoerklärung. Die Regierungsparteien betrachten die Sexualerziehung als das ausschließliche Recht der Eltern. Laut dem Fidesz-Politiker ist „die Unterstützung der Linken für die „LGBTQ-Lobby“ offensichtlich geworden, und dass deren Vorschläge von den Parteien Demokratische Koalition und Momentum unterstützt würden.
Im Programm von Momentum steht ganz klar, dass die LGBTQ-Erziehung an den Schulen gewährleistet werden sollte
sagte Hollik und fügte hinzu, dass der frühere Momentum-Vorsitzende András Fekete-Győr „so weit gegangen ist, zuzugeben, dass er es Transsexuellen erlauben würde, so genannte Aufklärungsstunden in Kindergärten abzuhalten.“
„Im Westen ist bereits sichtbar, was passieren würde, wenn die ungarischen Wähler die LGBTQ-Lobby nicht stoppen würden“, so Hollik. In den Niederlanden zum Beispiel „beginnen sie mit der Sexualerziehung ab dem vierten Lebensjahr, und das schließt Geschlechtsidentität und Homosexualität ein.“
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Oppositionskandidat Péter Márki-Zay: „Die Regierung bereitet sich auf eine bösartige Kampagne vor“
Péter Márki-Zay reagierte in der Nachrichtensendung von ATV auf den Auftrag des Parlaments, ein Referendum über den Kinderschutz abzuhalten. Dem gemeinsamen Kandidaten der Opposition für das Amt des Ministerpräsidenten zufolge bereitet sich die Regierung auf eine „üble Kampagne vor“, in der Pädophilie, Homosexualität und Kinderschutz gleichgesetzt wird, und sie weiß, dass das Referendum keinen Erfolg haben wird, wenn es nicht am Wahltag abgehalten wird.
Geschlechtsangleichende Operationen für Kindergartenkinder ist ein Plan, der nur in den Köpfen von Fidesz existiert
betonte der Politiker und erinnerte daran, dass eben Fidesz die Partei ist, die ihren Botschafter Gábor Kaleta aus Peru nach Hause geschickt hat, nachdem mehrere tausend pädophile Fotos auf seinem Laptop gefunden wurden. „Diese Fidesz versucht nun, sich als Anti-Pädophile darzustellen“, so Péter Márki-Zay.
Grünen: „Fidesz beschäftigt sich mit fiktiven Themen“
Nach der Abstimmung sagte Péter Ungár, Abgeordneter der Grünen, dass die vereinigte Opposition die Abstimmung boykottiert habe, weil sie der Meinung sei, dass diese Themen teilweise fiktiv sind oder, wenn sie die Menschen beträfen, nicht zu den zehntausend wichtigsten Problemen Ungarns gehörten.
Wenn Fidesz die Inflationskrise nicht mit einer politischen Aktion, die das ungarische Volk gegen das ungarische Volk ausspielt, bekämpfen und vertuschen wollte, sondern stattdessen einen nationalen Konsens anstrebte, könnte letzterer leichter erreicht werden. Aber das ist nicht das, was sie tun. Bei diesem Referendum geht es nicht um Kinder, es geht nicht um Sexualpolitik, es geht um eines: um die Vertiefung der Gräben im öffentlichen Leben Ungarns.
Die unabhängige Bernadett Szél bezeichnete bei einer gemeinsamen Pressekonferenz der Opposition das Referendum als „Geldverschwendung“. Szél zufolge gibt es jedoch ein echtes Problem im Kinderschutz, und im System ist viel Platz für die Milliarden Forint, die für das Referendum verschwendet werden. Ihr zufolge kostet allein das Referendum 12,7 Mrd. oder 5,6 Mrd. Forint wenn es am selben Tag wie die Wahlen abgehalten wird. Und dabei sind die Kosten für die Medienkampagne noch nicht einmal eingerechnet, die sich ihrer Meinung nach auf bis zu 20 Milliarden Forint belaufen könnten. „All dies, um uns nach Problemen zu fragen, die es nicht gibt und für die bereits Gesetze erlassen wurden“.
Szél würde das Geld für die Mahlzeiten in Kinderheimen und für die Erhöhung der Gehälter von Kinderschutzmitarbeitern ausgeben.
Präsident János Áder wird den Termin für das Referendum wahrscheinlich im Januar nächsten Jahres bekannt geben.