Der erste Schritt, der gemacht wurde, um der Welt bei dem durch das Coronavirus verursachten Chaos zu helfen, stammt von Katalin Karikó. Die Arbeit der ungarischstämmigen Forscherin wurde zweifellos ein Schlüsselfaktor im Kampf gegen COVID. Ein Kampf, der das Leben der gesamten Bevölkerung der Erde beeinflusst. Die Professorin hat scheinbar aus dem Nichts einen revolutionären Impfstoff entwickelt, doch die Wahrheit ist, dass sie schon lange in diesem Bereich gearbeitet hat und unermüdlich das Potenzial der mRNA-Technologie erforschte. Obwohl sie in diesem Jahr mit dem Nobel-Preis nicht ausgezeichnet wurde, wird sie aber vielleicht irgendwann der langen Liste der ungarischen Nobelpreisträger angehören. Und natürlich auch die ungezählte Anzahl der Auszeichnungen, die sie in diesem Jahr erhalten hat, zeigen, dass ihre Arbeit auf der ganzen Welt beachtet wird. Viele stellen sich wahrscheinlich fast jeden Tag die Frage: „Wer genau ist Katalin Karikó und woher kommt dieses bescheidene, demütige „Genie“?“
Katalin Karikó wurde am 17.01.1955 in der ungarischen Stadt Szolnok geboren. Nach dem Abitur studierte sie Biologie an der Universität Szeged, wo sie auch promovierte. Schon während ihres Studiums in Szeged arbeitete sie an dem Thema Synthetisierung von RNA. Im Jahre 1985 nach neuen Möglichkeiten suchend, wanderte Katalin Karikó mit ihrem Mann Béla Francia, einem Ingenieur, und ihrer Tochter in die USA aus.
Auf die Einladung der Temple University in Philadelphia hat sie dort drei Jahre lang gearbeitet. Danach lebte sie ein Jahr lang in Washington. Ab 1989 arbeitete sie an der Medizinischen Fakultät der University of Pennsylvania. 1998 traf sie den Immunologen Drew Weissman, Professor an der University of Pennsylvania, mit dem sie danach an der Entwicklung von Medikamenten auf mRNA-Basis forschte. Gemeinsam gründeten die beiden ein Unternehmen, dem Karikó als Geschäftsführerin vorstand. Eine konkrete Medikamentenentwicklung scheiterte, das von den beiden erlangte Patent auf die Technologie wurde von der Universität verkauft. Karikós Stelle als Research Assistant Professor wurde von der Universität nicht verlängert, sie wurde auf eine befristete Postdoc-Stelle zurückgestuft.
Trotz der Erfolglosigkeit blieb Karikó der RNA-Forschung treu. Es gelang ihr schließlich, die viralen RNA-Moleküle so zu modifizieren, dass sie in menschlichen Zellen nicht mehr vom Immunsystem zerstört werden. Die Ergebnisse publizierte Karikó gemeinsam mit Weissman. Derrick Rossi von der Harvard University griff die Technologie auf und entwickelte sie weiter. 2010 gründete er mit Kollegen die Firma Moderna. In Deutschland wurden die Gründer von Biontech, Uğur Şahin und Özlem Türeci, auf Karikó aufmerksam und boten ihr eine Stelle an. Seit 2013 ist Karikó Senior Vice President bei Biontech. Parallel dazu ist Karikó Adjunct Associate Professor of Neurosurgery an der University of Pennsylvania.
Die synthetische mRNA löste zunächst starke Entzündungsreaktionen aus, da das Immunsystem sie als Feind angesehen hat. Karikó hat darüber folgendes gesagt:
Schließlich ersetzte ich einen der vier Bausteine der mRNA, Uridin, durch eine modifizierte Version davon, Pseudouridin, die häufig in der RNA unserer Zellen zu finden ist, und Drew zeigte, dass eine solche mRNA „still“ ist, d. h. keine Immunzellen aktiviert. Zu unserer Überraschung war diese „stille“ mRNA auch als Impfstoff besser geeignet. Die Universität patentierte eine Methode namens Karikó-Weissman-Technik, die heute die Grundlage für die Entwicklung zahlreicher Covid-Impfstoffe bildet.
Nach jahrzehntelanger Arbeit ist Katalin Karikó ins Licht der Öffentlichkeit getreten und hat eine Reihe renommierter wissenschaftlicher und staatlicher Auszeichnungen erhalten, bis auf eine: den Nobelpreis. Wir haben schon das Thema ausführlich analysiert. Lesen Sie hier mehr darüber:
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Nobelpreis: Wer sonst, wenn nicht Karikó?Jahrzehntelange Forschung hat gezeigt, dass die Injektion geeigneter, synthetisch hergestellter mRNA in den Menschen einen Schutz gegen verschiedene Virusinfektionen bieten kann. Es stellt sich also erneut die Frage: Ist die Kürze der Zeit wirklich ein stichhaltiges Argument?Weiterlesen
Karikó hat über die Auszeichnungen selber gesagt:
Die Preise sind nicht wichtig, der eigentliche Preis ist die Entdeckung selbst. Das Nobelkomitee ist ein Team, das aus Schweden besteht, die entscheiden, wer den Preis verdient. Gut für sie, aber konzentrieren wir uns eher darauf, was wirklich wichtig ist. Ich kümmere mich nur um das, was ich ändern kann, was ich beeinflussen kann, auf den Preisausschuss habe ich keinen Einfluss
Obwohl sie nicht mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, hat sie zahlreiche andere hochwertige Preise erhalten, unter anderem den Rosenstiel-Preis, den Horwitz-Preis, die Reichstein-Medaille, den Prinzessin-von-Asturien-Preis, den „Preis für große Einwanderer“ („Great Immigrants“) der USA, den Breakthrough-Preis, den Keio-Medizinpreis, den Paul-Ehrlich- und Ludwig-Darmstaedter-Preis, die Grande Medaille und den „Dr. Paul Janssen Award for Biomedical Research“ und den „Pearl Meister Greengard Prize“.
Einige der Auszeichnungen erhielt sie gemeinsam mit ihrem Forscherkollegen Drew Weissman. Karikó wurde kürzlich auch in die Liste der 100 einflussreichsten Personen des TIME Magazine aufgenommen. Sie erhielt auch in Ungarn zahlreiche Auszeichnungen, so wurde sie zur „Person des Jahres“ von den öffentlichen Medien gewählt, bekam die Ehrenbürgerschaft von Szeged (wo sie studiert hat), die Ehrendoktorwürde der Universität Szeged, den Preis für Menschenwürde, den Ignác-Semmelweis-Preis. Ihre Forschungsarbeit wird aber auch im Alltag geschätzt: so wurde kürzlich in Budapest und in Spanien ein Wandgemälde von ihr angefertigt.
Liste der Preise und Auszeichnungen, die Karikó bis zum 10. Dezember 2021. erhalten hat
1975 – 2020
1975 – 1978: Népköztársasági ösztöndíj
2009: Kisújszállás városának Tiszteletbeli Polgára
2020: Kisújszállás díszpolgára
2020: Public Media Person of the Year Award
2020: Rosenstiel Award
2021
- Preis des Albany Medical Center
- Bill Foege Preis
- Bolyai-Preis
- Building the Foundation-Preis
- Fodor-József-Plakette
Preis für Menschenwürde
- Forbes No. 1 (Unternehmer, Führungskräfte, Wissenschaftler, Schöpfer; 50+)
- Golden Goose Award
- Grande Médaille
- Hawking-Vorlesung in Cambridge
- Ehrenbürger des Komitats Csongrád-Csanád
- Ehrenbürger der Stadt Szeged
- Ehrendoktor der Duke University
- Ehrendoktor der Universität von Szeged
- Preis des Ungarischen Geistes
- Janssen-Preis
- Jedlik-Anyos-Preis
- John-Scott-Medaille
- Keio-Preis
- Lasker-DeBakey Clinical Medical Research Award
- Louisa-Gross-Horwitz-Preis
- National Inventors Hall of Fame
- New Yorker Akademie für Medizin
- Novo Nordisk Preis
- Prinzessin-von-Asturien-Preis in der Kategorie „Wissenschaftliche Forschung“
- Prinzessin Marina Sturdza Preis
- Reichstein-Medaille
- Research!America 2021 Outstanding Achievement in Public Health Awards
- Semmelweis-Preis
- Straub-Plakette
- Széchenyi-Preis
- Theodor-Boveri-Preis
- Time 100
- Wilhelm-Exner-Medaille
- Deutscher Zukunftspreis
- Der Asteroid 166028 Karikókatalin, der 2002 von den ungarischen Astronomen Krisztián Sárneczky und Zsuzsanna Heiner auf der Piszkéstető-Station entdeckt wurde, wird nach ihr benannt
2022 im Voraus
- Preis für den Durchbruch in den Biowissenschaften
- Deutscher Immunologie-Preis
- L’Oréal-UNESCO-Preis für Frauen in der Wissenschaft
- Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter Preis
(Titelbild: MTI/EPA/ANSA/Mourad Balti Touati)