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Opposition: „Orbán ist feige, Mehrwertsteuer von Grundnahrungsmitteln sollte auf 5 % gesenkt werden“

Ungarn Heute 2022.01.13.

„Die Ankündigung von Viktor Orbán ist ein Eingeständnis, dass sich die ungarische Wirtschaft in einem tragischen Zustand befindet“ reagierten einheitlich fast alle Mitglieder des Oppositionsbündnisses „Gemeinsam für Ungarn“ in einem Beitrag auf ihren Social-Media-Seiten. Sie sind der Meinung, dass anstelle einer verantwortungsvollen Wirtschaftspolitik „der galoppierende Preisanstieg mit offiziellen Preisen bekämpft wird, was einem Geständnis gleichkommt“. Sie versprachen zugleich eine 5%-ige Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmitteln. Ministerpräsident Orbán kündigte am späten Mittwochnachmittag an, dass die Regierung die Presie von 6 Lebensmitteln deckelt. 

Knapp drei Monate vor der Parlamentswahl hat der Ministerpräsident eine Deckelung der Preise von sechs Lebensmitteln angekündigt.

Wir haben beschlossen, in die Preise von sechs Produkten einzugreifen: Kristallzucker, Weizenmehl, Sonnenblumenspeiseöl, Schweinekeulen, Hühnerbrust und Milch

so Orbán am Mittwoch in einem auf seiner Facebook-Seite veröffentlichten Video.

Alle Oppositionsparteien reagierten rasch und sehr kritisch auf die geplante Maßnahme. Mitglieder des Bündnisses, das aus sieben Parteien besteht, posteten fast alle den gleichen Beitrag auf ihren Social-Media-Seiten:

„Die Ankündigung von Viktor Orbán ist ein Eingeständnis, dass sich die ungarische Wirtschaft in einem tragischen Zustand befindet. Die Regierung muss verschwinden, die erst in den letzten 12 Wochen ihrer 12-jährigen Zweidrittelmehrheit-Herrschaft beginnt, sich mit den Lebensmittelpreisen zu beschäftigen. Anstelle einer verantwortungsvollen Wirtschaftspolitik wird der galoppierende Preisanstieg mit offiziellen Preisen bekämpft, was einem Geständnis gleichkommt. Nach dem Regierungswechsel werden wir die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel auf 5 % begrenzen.“

Die gleiche Mitteilung haben fast alle Mitglieder des Oppositionsbündnisses „Ungarn gerhört allen“ gepostet: Párbeszéd, DK, LMP, MMM, Momentum und MSZP, Ausnahme ist Jobbik, die eine etwas längere Reaktion ihres Parteivorsitzenden mitteilte. Darin bezieht sich Péter Jakab auf das Vorgehen der polnischen Regierung.

Fact

Für einkommensschwache Haushalte gibt es in Polen Zuschüsse vom Staat. Außerdem sollen die Steuern auf besonders von der Inflation betroffene Produkte sinken. Die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, Gas und Düngemittel will Ministerpräsident Mateusz Morawiecki mit Beginn des kommenden Monats vorübergehend sogar ganz abschaffen. Auch Polen hatte kürzlich andere geldpolitishe Maßnahmen gegen die steigende Inflation ergriffen: Die Zentralbank des Landes hob erneut den Leitzins an. Die Notenbank setzte den Zinssatz auf 2,25 Prozent fest, zuvor lag er bei 1,75 Prozent. Damit erhöhte die polnische Zentralbank das vierte Mal in Folge binnen vier Monaten den Leitzins. Dieses geldpolitische Instrument der Zentralbank gilt als Mittel, um die Preissteigerung einzudämmen. Die Inflation in Polen stieg zuletzt immer weiter an. Im November waren die Preise laut polnischem Statistikamt um 7,8 Prozent gestiegen, im Oktober waren es 6,8 Prozent gewesen.

Jakab schrieb in seinem Facebook-Post:

Die polnische Regierung ist mutig, die Regierung Orbán ist feige
🗣 Die polnische Regierung hebt die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel schrittweise auf, um den Preisanstieg einzudämmen.
🗣 Die Orbán-Regierung führt Preisstopps nur für 6 Lebensmittel ein.
Das ist alles, was Orbán angekündigt hat. Er weigert sich nach wie vor, die höchste Mehrwertsteuer Europas aufzugeben, er weigert sich nach wie vor, die Profitmacherei auf Kosten der Ärmsten aufzugeben.
➡️ Stattdessen erwartet er ähnlich wie beim Einfrieren der Spritpreise, nun auch von den Ladenbesitzern Opfer zu bringen, er erpresst sie, aber er selbst weigert sich, einen einzigen Forint für das ungarische Volk zu opfern.
🍊 Das ist alles, was Fidesz in den letzten zwei Monaten ihrer 12-jährigen Regierungszeit aufzeigen kann.
Die Händler werden ihre Verluste mit anderen Produkten ausgleichen!
Das Programm der vereinigten Opposition ist klar!
➡️ Wir fordern eine sofortige Senkung der Mehrwertsteuer für alle Grundnahrungsmittel.
Dies ist die Ankündigung, die wir heute von Orbán erwartet haben. Er ist doch ein Feigling. Das ungarische Volk verdient eine mutige Regierung, die nicht nur sich selbst, sondern alle Ungarn vertritt!
Und am 3. April werden sie gewählt.

Gemeinsam für Ungarn!

Die unabhängigen Abgeordneten Ákos Hadházy und Bernadett Szél kritisierten ebenfalls die Ankündigung von Orbán. Hadházy schrieb auf seiner Facebook Seite:

„Das Deckeln der Preise einiger Produkte wird nichts ändern. Sie kann zu einer Verteuerung anderer Produkte führen. Das eigentliche Problem ist die unverantwortliche Wirtschaftspolitik, das sinnlose Verschwenden von Geld. Jetzt versucht die Regierung die galoppierende Inflation mit Almosen zu bekämpfen, was das gleiche ist, als würde man Brände mit Benzin löschen“. Laut dem Politiker würde ein Regierungswechsel eine „wirkliche Lösung“ mitbringen.

Soziale Marktwirtschaft statt Leninismus!
„Unter Orbán war die Propaganda schon immer stärker als der gesunde Menschenverstand, und die Machtgier war schon immer stärker als der Patriotismus. Die Behörden kalkulieren jetzt die Preise für das Land, aber sie stehlen wie selbstverständlich, und die Almosen werden in einem noch nie dagewesenen Ausmaß vor den Wahlen verteilt, so dass das Land jetzt völlig verschuldet ist“ schrieb Bernadett Szél und stellte fest, „wir sind Steuerzahler, keine Leibeigenen, und eine korrupte politische Kraft verdient keine Stimme im April.“

Die Preise für die sechs Produkte müssen laut Orbán auf den Stand vom 15. Oktober 2021 sinken. Die Maßnahme tritt am 1. Februar in Kraft. Die jährliche Inflation hatte in Ungarn im November mit 7,4 Prozent den höchsten Stand seit fast 15 Jahren erreicht.

(Titelbild: MTI/Balogh Zoltán)