Hunderte Fälle wurden von der NAIH untersucht, die alle die gesetzlichen Kriterien erfüllten.Weiterlesen
Das Europäische Parlament wird einen Sonderuntersuchungsausschuss zum Missbrauch von Pegasus einrichten, der Spionagesoftware, die die ungarische Regierung gegen Journalisten, Oppositionspolitiker, Anwälte und andere politische Gegner eingesetzt haben soll, berichtet Hvg.hu. Darüber hinaus wird in einer kürzlich veröffentlichten Liste behauptet, dass die Polizei in Israel die Spionagesoftware auch zur Überwachung mehrerer Ziele ohne richterliche Anordnung eingesetzt hat.
Der niederländische Europaabgeordnete Jeroen Lenaers kündigte am Mittwochnachmittag an, dass das Europäische Parlament eine Sonderuntersuchung zum Fall Pegasus einleiten wird. Konkret sagte er, dass ein solcher Ausschuss den mutmaßlichen Missbrauch der Spionagesoftware durch die Mitgliedstaaten der Europäischen Union untersuchen wird.
Important news that @Europarl_EN today decided to set up a special inquiry committee on the abuse of #Pegasus spyware by EU governments against national opposition politicians, lawyers and journalists. @EPPGroup
— Jeroen Lenaers (@jeroen_lenaers) February 9, 2022
[Das Europäische Parlament] hat heute beschlossen, einen Sonderuntersuchungsausschuss zum Missbrauch der #Pegasus-Spionagesoftware durch EU-Regierungen gegen nationale Oppositionspolitiker, Anwälte und Journalisten einzurichten.“
Weitere Kritik am Pegasus-Missbrauch durch Fidesz
Der mutmaßliche Missbrauch von Pegasus durch die ungarische Regierung steht seit dem Datenleck des Pegasus-Projekts im vergangenen Juli in der Kritik.
Der Sonderausschuss für ausländische Einmischung (INGE) kam zu dem Schluss, dass die EU dringend ihre Cybersicherheit verbessern und die Verwendung von Pegasus als illegal einstufen sollte. Die Software sollte verboten werden. Sie stellte außerdem fest, dass die EU nicht über die notwendigen Sanktionen und Maßnahmen verfügt, um ausländische Eingriffe von der Union fernzuhalten.
Szabolcs Panyi, der vom Überwachungsskandal betroffene Journalist von Direkt36, sprach Ende Januar in der Sitzung des EP-Ausschusses zu diesem Thema über das internationale Ermittlungsprojekt. Panyi sagte, dass bisher 10 europäische Länder betroffen seien und dass mehr als 200 Journalisten überwacht worden seien.
Abgeordnete der Opposition unterstützen Untersuchung
Anna Donáth, die die zentristische Momentum-Partei im Europäischen Parlament vertritt, kündigte die Einsetzung eines Sonderuntersuchungsausschusses auf Facebook an. Donáth forderte zusammen mit ihren Kolleginnen Róża Thun und Sophia in’t Veld die Einrichtung eines solchen Gremiums. Die Momentum-Abgeordnete schrieb, dies sei eine Frage der Demokratie.
Sie fordern auch, dass der ungarische Premierminister Viktor Orbán zu einer Anhörung erscheint.
Es ist an der Zeit, dass Europa endlich begreift, dass wir den Schutz der Opfer des Falles sicherstellen müssen. Wir müssen den Schutz auf jene investigativen Journalisten, Studenten, Anwälte und Oppositionspolitiker ausweiten, die ohne jeden vernünftigen Grund bespitzelt wurden.
Bislang haben die ungarischen Ermittlungsbehörden keine Beweise für einen illegalen Einsatz der Spionagesoftware der NSO-Gruppe gefunden, obwohl immer wieder das Gegenteil behauptet wird. In ihrem Bericht erklärte die Nationale Behörde für Datenschutz und Informationsfreiheit (NAIH), dass alle untersuchten Fälle die gesetzlichen Kriterien für Überwachung erfüllen.
Panyi fand es absurd, dass NAIH diejenigen angezeigt hat, die zur Aufdeckung des Missbrauchs von Pegasus beigetragen haben. Ihm zufolge werden nach solchen Berichten vertrauliche Quellen von Enthüllungsjournalisten aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen keine Informationen mehr weitergeben.
Israelische Polizei unter den jüngsten Beschuldigten
Nicht nur Ungarn und Polen, sondern mehrere Länder auf der ganzen Welt sind des Missbrauchs von Pegasus beschuldigt worden. Kürzlich wurde auch Israel in diese Liste aufgenommen. Das Technologie-Nachrichtenportal Calcalistech enthüllte eine Liste israelischer Bürger, die von der Polizei mit der Spionagesoftware überwacht wurden, bevor die entsprechenden Ermittlungen eingeleitet wurden.
Auf der Liste stehen ehemalige Minister, Protestführer von Behindertenrechtsgruppen und Israelis äthiopischer Abstammung, Bürgermeister, Journalisten, Geschäftsleute und sogar der Sohn von Premierminister Benjamin Netanjahu, Avner Netanjahu. Die israelische Polizei hat geantwortet, dass sie „mit dem Untersuchungsteam des israelischen Generalstaatsanwalts zusammenarbeitet“.
(Via: Hungary Today, Titelbild: Viktor Orbán im Europäischen Parlament, Foto: Balázs Szecsődi/Pressebüro des Premierministers)