Für den heutigen Menschen kann das Kennenlernen der mittelalterlichen Welt eine spannende und faszinierende Zeitreise sein. Die tiefreligiöse Weltanschauung der damaligen Menschen lässt sich am besten durch die alten Kirchen vermitteln, weshalb es so wichtig ist, unsere Kirchen zu renovieren und zu restaurieren. In Kirchen, die ihre ursprüngliche Form wiedergewonnen haben, kann sich der Mensch des 21. Jahrhunderts leichter ein Bild von der damaligen Zeit machen.
Dunkle, zugige Hütten, finstere Burgen, Mangel an Licht, Wärme und Nahrung – Alltag im Mittelalter
Die mittelalterlichen Bauern lebten in Holz- oder Lehmhütten, oft in gegrabenen Höhlen (z. B. in England und Schottland). Sie arbeiteten 12 bis 15 Stunden am Tag auf ihren Feldern und ernährten sich ziemlich einseitig. In den meisten Teilen Europas hatten die Bauern nur ein kleines Stück Land zur Bewirtschaftung, um ihre Familien zu ernähren. Selbstverständlich gehörte ihnen dieses Land nicht. Sie konnten es nur bebauen, wofür sie den Grundherren, denen das Land tatsächlich gehörte, Geld, Ernte und Arbeit schuldeten.
Im Gegensatz dazu lebten die meisten mittelalterlichen Grundherren und Könige in ihren eigenen Burgen, wo sie über großes Hofpersonal verfügten. Burgen waren nicht nur Zentren der Verteidigung und Kriegsführung, sondern auch Zentren des gesellschaftlichen Lebens. Aber auch so war das Leben der Schlossbewohner nicht einfach. Die Burgen dienten ja in erster Linie dem Schutz und nicht dem Komfort: Die Mauern waren dick und die Fenster klein, so dass nur wenig Wärme und Licht von außen in das Gebäude eindringen konnte. Die größeren Räume konnte man kaum beheizen und die Bewohner lebten in ständiger Kälte und Dunkelheit, ganz zu schweigen von den sehr unangenehmen Gerüchen.
Welche Macht spielte die Kirche im Leben der mittelalterlichen Menschen?
Umso wichtiger war damals die Rolle der Kirche. In erster Linie war sie zentraler Ort der Gottesdienste. Im Mittelalter wuchs die Bedeutung der Kirche jedoch darüber hinaus – sie war oft das einzige steinerne Gebäude in der ganzen Gegend. Der Kirchturm war weithin sichtbar und wies denjenigen, die von weither kamen, den Weg. Sonntags strömte das ganze Land zur Kirche, die die Gemeinschaft zusammenhielt und beschützte.
Die Kirche bestimmte umfassend über das Leben der Bevölkerung. Der Glaube war für die Menschen extrem wichtig, denn sie fürchteten sich sehr vor dem Tod. Und weil man fest ans Fegefeuer glaubte, wurden die merkwürdigsten Methoden akzeptiert, um ihm zu entkommen.
Umbau und Erneuerung romanischer Gebäuden in Ungarn
Fürst Géza und sein Sohn, König Stephan I. und Gründer des ungarischen Staates erkannten, dass das ungarische Volk nur dann weiterbestehen kann, wenn ein stabiler feudaler Staat gegründet wird und das Christentum Aufnahme findet. Géza rief zur Verbreitung der christlichen Ideen und der europäischen Kultur Benediktinermönche aus Italien und Böhmen ins Land. Ihr erstes Kloster errichteten sie in der ungarischen Kleinstadt Pannonhalma zu Ehren des in Pannonien geborenen Bischofs aus dem französischen Tours, der später als der Heilige Martin bekannt wurde.
Benediktiner-Erzabtei St. Martin in Pannonhalma (Ungarn)
Die Benediktiner-Erzabtei Pannonhalma ist ein zentraler Ort des kirchlichen und geistlichen Lebens in Ungarn. Die seit mehr als tausend Jahren bestehende Abtei, in der auch heute rund 50 Benediktiner leben und arbeiten, ist neben der ungarischen Domstadt Esztergom das wichtigste spirituelle Zentrum des Landes. Die Renovierungsarbeiten der Abtei von Pannonhalma erstreckten sich über viele Jahre. Letztmalig wurde die Kirche im Jahre 2012 erneuert. Während der Restaurierung war das wichtigste Ziel, der Kirche ihren mönchischen Charakter zurückzugeben. Auch aus dem Grund, damit die hier lebenden Mönche ein wahres Zuhause haben sollten. Die Klostergemeinschaft ist auch Trägerin eines Gymnasiums samt Internat sowie eines Seniorenheims für pflegebedürftige Geistliche. In ihrer Bibliothek gibt es mehr als 400 Tausend Bände und es wird hier die Gründungsurkunde der Abtei von Tihany (die älteste erhaltene vollständige Urkunde Ungarns aus dem Jahre 1055) aufbewahrt.
Fact
Abteikirchen im deutschsprachigen Raum Europas werden auch verschönert
Sanierung der Fassaden der ehemaligen Abteikirche St. Michael in Bamberg (Deutschland)
Noch im Dezember 2021 gab es gute Neuigkeiten aus Bayreuth: Die Regierung von Oberfranken hatte für die Sanierung der Fassaden der Abteikirche St. Michael Städtebaufördermittel in Höhe von 6,7 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Die stadtbildprägende Klosteranlage St. Michael, die 1015 vom ersten Bamberger Bischof Eberhard gegründet wurde, war akut einsturzgefährdet. Nach der statischen Instandsetzung beginnt nun die Restaurierung.
In Bamberg werden seit 2009 Sanierungsmaßnahmen in einer Vielzahl von Bauabschnitten in der ehemaligen Benediktinerabtei St. Michael durchgeführt. Die Gesamtkosten für diese bereits abgeschlossenen und noch bis 2030 vorgesehenen Maßnahmen an der Klosteranlage belaufen sich auf ca. 80.000.000 Euro.
Quelle: www.stadt.bamberg.de/Unsere-Stadt/Kultur-und-Kunst
Abtei von Payerne (Schweiz)
Dreizehn Jahre dauerte die Renovierung der Abtei von Payerne.
Ab Juli 2020 ist die größte romanische Kirche der Schweiz wieder öffentlich zugänglich. Die Abtei von Payerne (VD) blickt auf eine über tausendjährige Geschichte zurück und steht seit 1900 unter Denkmalschutz. Allerdings drohte die größte romanische Kirche der Schweiz in sich zusammenzufallen. Mehr als 1000 Arbeiterinnen und Arbeiter aus spezialisierten Unternehmen arbeiteten daran, die Schäden zu reparieren.
Quelle: www.tagblatt.ch/kultur/buch-buehne-kunst
Stiftskirche St. Peter Salzburg (Österreich)
Die Erzabtei St. Peter ist das älteste Kloster im deutschen Sprachraum mit einer ungebrochenen Kontinuität. Seit mehr als 1300 Jahren leben und wirken hier Benediktinermönche.
Mit der Erneuerung des Priestersessels endete die Renovierung der Stiftskirche St. Peter (2021). Volksaltar und Lesepult sind schon früher fertig geworden.
Die Erzabtei St. Peter gilt als ältestes Kloster im deutschen Sprachraum. Seit 696 leben, beten und arbeiten hier Mönche.
Quelle: www.erzabtei.at/de/kloster
Die Abtei Hauterive in der Schweiz
Die Abtei Hauterive wird einer Verjüngungskur unterzogen.
Die Restaurierungsarbeiten der Abtei Sainte-Marie d’Hauterive unweit Freiburgs haben letztes Jahr begonnen. Geplant ist eine vollständige Außen- und Innenrestaurierung. Die Fassade, die Fresken, die Buntglasfenster und das Gestühl werden saniert. Die technischen Anlagen werden auf den neuesten Stand gebracht und der thermische Komfort verbessert.
Die Abtei wurde 1138 in einer Schlaufe des Saanegrabens vom örtlichen Fürsten Guillaume de Glâne gegründet. Dieser stammte aus Cherlieu im französischen Jura. Auf dem Gebiet der heutigen Gemeinde Posieux liess sich eine Zisterziensergemeinschaft nieder. Sie widmete sich dem Gebet, der Arbeit und dem brüderlichen Leben.
Quelle: www.kath.ch/newsd/die-abtei-hauterive-wird-einer-verjuengungskur-unterzogen
Abteikirche St. Georg in Ják (Ungarn)
Der wunderschöne Ort Ják befindet sich an der westlichen Grenze Ungarns, etwa 10 Kilometer südlich von Szombathely. Die Abteikirche in Ják zählt zu den bedeutendsten spätromanischen Kirchen Ungarns.
Sie wurde um 1220 gegründet und 1256 zu Ehren des Heiligen Georg geweiht. Während der Bauphase wurden die Pläne möglicherweise mehrmals geändert, wie verschiedene Unregelmäßigkeiten zeigen. Sie hat eine bewegte Geschichte: Sie wurde durch Feuer, Sturm und das osmanische Heer beschädigt und musste mehrmals restauriert werden. Ihr berühmtestes Merkmal ist der nach innen versenkte, mehrteilige Haupteingang, der mit normannischen Motiven verziert ist und über dem im Tympanon Jesus mit Engeln und Aposteln dargestellt ist. Gegenüber der Hauptfassade der Kirche befindet sich eine kleine Kapelle. Das ist die Jakobskapelle, die im Mittelalter die Kirche von Jac war, da die Klosterkirche nicht als Pfarrkirche fungieren durfte.
Die letzten Renovierungsarbeiten der Kirche begonnen im Jahre 2020 und laufen immer noch.
Fact
Als typische Erkennungsmerkmale romanischer Bauten gelten Rundbögen, Rundbogenfenster, schwere Säulen und dicke Wände mit betont wuchtigen Steinmassen. Dies war ja nötig, da die damaligen architektonischen Techniken große Räume nur durch den Bau von überdimensionalen tragenden Mauern abdecken konnten. An den Außenwänden wurden dicke Strebepfeiler angebracht, um den seitlichen Druck der Gewölbe auszugleichen. Im Inneren der Kirchen trennten Strebepfeiler und Säulen das Kirchenschiff von den Seitenschiffen. Die Dächer wurden auf der Innenseite mit Stein- und Ziegelplatten gedeckt. Wegen den kleinen Rundbogenfenstern war der Innenraum dunkel und wurde mit Fackeln beleuchtet. Grundrisse und Baukörper folgten einfachen geometrischen Formen.
Bélapátfalva – Zisterzienser-Abteikirche Mariä Himmelfahrt (Ungarn)
Das Zisterzienserkloster, das in Bélapátfalva – die ungarische Kleinstadt liegt im Komitat Heves (Nordungarn) – ist die einzige intakte romanische Abteikirche von Ungarn. Es befindet sich am Fuße des 815 m hohen Bél-Kő (Bél-Stein), neben einer Quelle (Háromkút) an einem bewaldeten und hügeligen Hang. Die Erneuerung der Abtei wird aus staatlichem Zuschuss verwirklicht, das Geld wird sowohl für die Innen- als auch für die Außenrenovierung dieser wichtigen religiös-kulturgeschichtlichen Stätte verwendet.
In seinen Mauern scheint die Zeit stehen geblieben zu sein: Wenn man eintritt, verschwinden die Geräusche und Sorgen der Außenwelt und es bleibt nur eine tiefe Stille, ein Gefühl des Friedens und der grenzenlosen Ruhe. Die Anordnung der Bögen, der Säulen, der Kirchenbänke strahlt Harmonie und Ordnung aus, die weiten und eindrucksvollen Räume verkünden mit Würde die Kraft des Glaubens, des Geistes, des menschlichen Wissens und Willens.
Die Abtei ist nicht nur ein Museum, sondern auch eine lebendige religiöse Stätte. Alle zwei Wochen zwischen Ostern und Mariä Himmelfahrt – von April bis August – werden hier Messen gefeiert und hier finden auch wunderschöne Hochzeiten statt: Junge Paare aus dem ganzen Land kommen hierher, um in dieser Kirche ihren Bund fürs Leben zu schließen.
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Die Dreifaltigkeitskirche in Velemér (Ungarn)
Die Dreifaltigkeitskirche in Velemér liegt in der ungarischen Őrség (Wart), die ein unberührter Naturschatz nahe der slowenischen und österreichischen Grenze ist. Diese Kirche aus dem 12. Jahrhundert ist eine der wertvollsten Kirchen Ungarns, in der einzigartige Freskenfragmente in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten sind. Sie ist als Kirche des Lichts bekannt, weil die Sonne, die durch die schmalen Fenster scheint, zu verschiedenen Tageszeiten verschiedene Fresken beleuchtet. Es werden also immer die aktuellen Szenen beleuchtet – am 6. Januar zum Beispiel fällt der Lichtstrahl auf den Stern von Bethlehem. Es gibt nur einen Bereich der Wand, der nie Licht durch die Fenster erhält, und das ist die Stelle, an der sich die Darstellung der Hölle befindet.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts machten der berühmte Denkmalpfleger Rómer Flóris und der Dorflehrer Imre Gózon auf den außergewöhnlichen künstlerischen Wert der Kirche aufmerksam. In der Folgezeit wurde die Kirche mehrmals restauriert, 1968 und zuletzt im Jahr 2003.
Und es gibt noch eine Menge weiterer kleiner, aber umso schönerer Dorfkirchen in Ungarn aus dem frühen Mittelalter: Csaroda, Csempeszkovács, Csengersima, Cserkút, Dörgicse, Egregy, Őriszentpéter, Lébény – die Liste könnte man noch lange fortführen.
Kleine Kirchen in noch kleineren Dörfern, von denen nicht mal die Ungarn wissen. Es lohnt sich also, unser Land zu besuchen. Kommen Sie nach Ungarn und entdecken wir zusammen die frühchristlichen Schmuckkästchen aus dem Zeitalter der Romanik.
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"Wo Kirchen gebaut werden, werden Gemeinschaften gebaut" - Grundstein der Prämonstratenser Kirche in Gödöllő gelegtSeit der Gründung des Prämonstratenserordens durch den heiligen Norbert im Jahr 1121 sind die Mitglieder des Ordens auch in Ungarn präsent.Weiterlesen
Quellen:
www.csodalatosmagyarorszag.hu, www.br.de/radio/bayern2/programmkalender, tudasbazis.sulinet.hu/hu/tarsadalomtudomanyok/tortenelem/a-kozepkor-tortenete-476-1492
tortenelemtanulas.blog.hu/2014/06/17/igy_elt_a_kozepkor_embere, www.divany.hu/vilagom/elet-a-kozepkori-varban, www.mittelalter-genealogie.de/die-macht-der-kirche-im-mittelalter
Bilder: Szlovák Sándorné, Titelbild: Ják