Ein regierungsfreundlicher Kolumnist weist die Kritik ukrainischer Spitzenpolitiker an der ungarischen Haltung gegenüber ihrem Land zurück. Sein linksorientierter Kollege ist der Ansicht, dass die Wirkungen des Krieges die Wählerschaft der amtierenden Regierung verunsichern könnten.
Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk hat Ungarn scharf für seine Weigerung kritisiert, Waffen an die Ukraine zu liefern. Sie warf der ungarischen Regierung – irrtümlicherweise – vor, sich den westlichen Sanktionen gegen Russland nicht anzuschließen. Staatschef Selenskyj hingegen forderte Ministerpräsident Viktor Orbán persönlich auf, seine Haltung zu überdenken und Waffen an die Ukraine zu liefern sowie den Handel mit Russland einzustellen. Das Büro des Ministerpräsidenten lehnte diese Forderungen ab, fügte aber hinzu, dass sich Ungarn den westlichen Sanktionen anschließe, die russische Aggression verurteile und ukrainischen Flüchtlingen helfe.
In Magyar Nemzet beschreibt Lászlő Szőcs die Haltung der ungarischen Regierung als von Trauer über das Leiden des ukrainischen Volkes geprägt. Gleichzeitig sorge sie dafür, dass sich der Konflikt nicht über die Grenzen der Ukraine hinaus ausweite. Szőcs begrüßt die Politik der NATO, als Bündnis keine Waffen in die Ukraine zu schicken, sondern vielmehr den einzelnen Mitgliedsstaaten die Lieferung von Defensivwaffen zu gestatten. In seiner Schlussbemerkung deutet der regierungsnahe Kommentator – ohne die Vereinigten Staaten ausdrücklich zu erwähnen – an, dass ein Land, das „die ukrainische Politik jahrelang beeinflusst hat“, nun angesichts der Zerstörung vor Ort vielleicht Reue empfinden könnte.
Die Anhänger der Regierung dürften ratlos sein, nachdem sie jahrelang mit „prorussischer Propaganda” gefüttert worden seien, während der Ministerpräsident und seine Kollegen nunmehr die russische Aggression gegen die Ukraine verurteilen und sich den westlichen Sanktionen gegen Russland anschließen würden, vermutet Tamás Beck. In seinem Artikel für die linke Tageszeitung Népszava äußert er gar die Hoffnung, dass viele der Regierung geneigte Wählerinnen und Wähler am 3. April nicht zu den Wahllokalen kommen würden, da sie sich nur schwer mit der landesweiten humanitären Hilfswelle zugunsten der massenhaft nach Ungarn strömenden ukrainischen Flüchtlinge identifizieren könnten.
(via budapost.de, Beitragsbild: MTI/AP/Ukrán elnöki sajtóhivatal)