Der Oberste Gerichtshof Rumäniens weist in einem rechtskräftigen Urteil die Klage gegen die Flagge des Kreises Covasna abWeiterlesen
Das rumänische Außenministerium erklärte am Dienstag, dass es die Äußerung des Vorsitzenden des Außenausschusses des ungarischen Parlaments, Zsolt Németh, über „die angebliche Einschränkung des Hissens der so genannten Szeklerland-Flagge scharf missbilligt“, so Agerpres.
In einem Facebook-Post am Montag schrieb Zsolt Németh, dass „die Szekler-Flagge an den Fassaden ungarischer öffentlicher Einrichtungen wehen wird, solange der rumänische Staat ihre freie Verwendung ohne Einschränkungen auf dem gesamten rumänischen Staatsgebiet erlaubt“.
Nach Angaben des rumänischen Außenministeriums bestellte dessen Leiter Bogdan Aurescu am Dienstag den ungarischen Botschafter in Bukarest ein, um ihm die Position der rumänischen Seite zu erläutern.
In einer Erklärung des Ministeriums heißt es, dass das rumänische Recht die Verwendung nationaler Symbole durch alle auf rumänischem Gebiet lebenden nationalen Minderheiten bei verschiedenen kulturellen und religiösen Veranstaltungen garantiert.
Was das so genannte Szeklerland betrifft, so gibt es in Rumänien keine territoriale Verwaltungseinheit mit einem solchen Namen, und daher ist sie nicht berechtigt, ein offizielles Symbol zu verwenden“,
so die Erklärung.
Dem Karrierediplomaten Bogdan Aurescu kann man Unwissenheit wahrlich nicht vorwerfen. Der studierte Historiker und Experte auf dem Gebiet des Internationales Rechts (Spezialisierung: Minderheitenschutz!) müsste es besser wissen: Sogar in der Zwischenkriegszeit gab es rumänische Landkarten, wo das Szeklerland (Ținutul Secuiesc) entsprechend gekennzeichnet wurde und die spätere Autonome Ungarische Region (1952-1960) deckte dieses mehrheitlich von ungarischen Szeklern bewohnte Gebiet in Rumänien ab. Auch wenn rumänische Schüler nach wie vor ein nationalistisch verzerrtes Bild von der ungarischen Gemeinschaft vermittelt bekommen, kann man davon ausgehen, dass die Bukarester Universität, wo der amtierende Außenminister seinen Abschluss machte, ein Hort der Wissenschaft und nicht ein Orwellsches Wahrheitsministerium ist. Seit mindestens 20 Jahren gibt es einen fruchtbaren Austausch zwischen den Historikern beider Nationen, die unvoreingenommen über die umstrittensten Themen der gemeinsamen Vergangenheit reden können.
Was sind dann die Beweggründe des Chefs der rumänischen Diplomatie, was verleitet ihn zu dieser zynischen Verleugnung der Tatsachen? Um eine Antwort zu finden, müssen wir etwas tiefer in der rumänischen Geschichte bohren. Regionale Unterschiede waren den Bukarester Politikern schon immer ein Dorn im Auge. Gleich nach dem Anschluss der ungarischen Gebiete an Rumänien wurden die großzügigen Versprechen der Karlsburger Nationalversammlung (1918) in Hinblick auf die Selbstverwaltung ad acta gelegt, sehr zum Missfallen auch der diesseits der Karpaten lebenden Rumänen. So beklagte Iuliu Maniu, der einflussreichste Politiker der vormals in Ungarn lebenden Rumänen, wiederholt die Raffgier und das koloniale Gehabe der Beamten aus dem rumänischen Altreich, die unermüdlich daran arbeiteten, die historisch gewachsene Vielfalt des Landes niederzuwalzen, ein Projekt, das später vom kommunistischen Diktator Nicolae Ceaușescu mit seiner Strategie der ethnischen „Homogenisierung“ auf die Spitze getrieben wurde.
Aurescu, in dessen Amtszeit die Arbeit der gemischten ungarisch-rumänischen Kommission zum Erliegen kam, ist immer wieder negativ in Erscheinung getreten als moderner Vertreter einer Bukarester Minderheitenpolitik, die man für überholt hielt. Man kommt nicht umhin, in der Einbestellung des ungarischen Botschafters eine irrationale Handlung zu sehen, die sich in eine lange Kette von unnützen Provokationen gegenüber dem westlichen Nachbarland einreiht, das bisher stets die euro-atlantischen Bemühungen Rumäniens unterstützt hat.
Bereits 1871 bezeichnete der siebenbürgisch-rumänische Schriftsteller und Publizist George Barițiu (1812-1893) Neid als Hauptlaster seiner Nation. Die rumänischen Kommunisten nutzten den Neid anfangs im Sinne des Klassenkampfes als Waffe gegen die sogenannten „Volksfeinde“, später aber auch gegen die ethnischen Minderheiten: Enteignung, Verschleppung und Diskriminierung missbilliger Volksgruppen geschahen meist unter Zuhilfenahme eines staatlich geförderten Ressentiments der Mehrheitsbevölkerung.
Für den gescheiterten Beitritt zum Schengen-Raum musste die rumänische Exekutive im Inland viel Kritik einstecken. Eine Politik, die negative Gefühle aus taktischen Gründen, nämlich als Ablenkung von den wahren Problemen des Landes mobilisiert, ist ihrerseits auch zum Scheitern verurteilt. Rumänien und Ungarn müssen – egal, ob es einigen nicht gefällt – an einem Strang ziehen, nicht zuletzt deswegen, weil diese EU-Staaten eine gemeinsame Geschichte haben.
Beitragsbild: Mikó Imre Jogvédelmi Szolgálat Facebook