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Ärzte fordern alle zur Impfung auf und wollen noch mehr

Ungarn Heute 2021.11.10.

Die ungarische Ärztekammer hat am Dienstagnachmittag auf ihrer Facebook-Seite die Zahl der bei Autounfällen verstorbenen Menschen mit der Zahl der Coronavirus-Opfer veglichen. Auf diese Weise ermutigen sie die Menschen, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen und Masken zu tragen. Der landesweit bekannte Intensivmediziner beschuldigt die politische Kommunikation, die zu einem „Vertrauensverlust in die Impfung“ geführt hätte. Er und andere Experten fordern strengere Maßnahmen. Wenn die Regierung dies nicht tut, bitten sie die Öffentlichkeit zu mehr Disziplin.

In einem Facebook-Beitrag verdeutlicht die ungarische Ärztekammer den Unterschied zwischen der Zahl der Menschen, die bei Verkehrsunfällen ums Leben gekommen sind und der Zahl der Opfer des Virus.

Wie sie schreiben,

  • Im gesamten letzten Jahr sind 460 Menschen bei Verkehrsunfällen verstorben
  • und in der vergangenen Woche sind 606 Menschen an Folge von Corona-Infektionen ums Leben gekommen

Jeder wird daher dringend aufgefordert, sich impfen zu lassen, eine Maske zu tragen und auf sich selbst aufzupassen.

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Der Arzt bei der Notaufnahme des Krankenhauses in Hatvan formuliert seine Gedanken noch expliziter: er ist der Meinung, dass ein radikalerer Schritt als der von der Regierung angekündigte notwendig wäre, um die Epidemie in den Griff zu bekommen. Gábor Zacher versteht nicht, warum keine Maskenpflicht in geschlossenen Räumen vorgeschrieben ist und warum die Impfkampagne bis zum 22. November warten muss. Er fordert außerdem, dass zusätzliche Beschränkungen für nicht geimpfte Personen eingeführt werden sollten, die von der Polizei überwacht werden könnten. Er sagte auch, dass es in Ungarn nicht so viel Widerstand gegen eine Reihe von Pflichtimpfstoffen gibt wie gegen die Coronavirus-Impfstoffe, obwohl der Impfstoff von Pfizer der am besten erforschte in der Geschichte der Impfstoffe ist. Er beschuldigt die Regierung für die misslungene Kommunikation.

Hohe Überlastung in den Krankenhäusern

„Welche Erfahrungen habt ihr? Wie viele Patienten pro Krankenschwester und Schicht gibt es in den einzelnen Fachbereichen – Intensivpflege, SBO, Innere Medizin usw. Haben sich die Zahl bzw. die Verhältnisse in den letzten zwei Monaten verändert?“ stellte die Unabhängige Gesundheits-Gewerkschaft die provokative Frage auf ihrer Facebook-Seite. Der Beitrag wurde schnell mit Kommenten aus dem Gesundheitswesen überflutet.

„In der Abteilung für innere Erkrankungen kamen 70 Patienten auf 3 Krankenschwestern und 2 Assistenten“, schrieb einer. „Die Notaufnahme ist mit 3 Krankenschwestern besetzt, es gibt keine Triage. 1 Krankenschwester in der Chirurgie/Unfallchirurgie, die anderen 2 in der internistischen Ambulanz/Arztpraxis und in der COVID-Isolation“, heißt es im nächsten Beitrag. „Die Primärversorgung sieht so aus wie ein Fließband, 90-120 Patienten pro Tag kommen für zwei Fachleute, unmenschlich, was wir haben, es ist unerträglich, sowohl psychisch als auch physisch.“

Die Gewerkschaftsvorsitzende Adrianna Soós ruft deswegen alle auf, auf sich aufzupassen um eine klinische Behandlung zu vermeiden.

Selbst wenn man nicht auf die Intensivstation geht, kann man davon ausgehen, dass man etwa 10 bis 15 COVID-Patienten pro Krankenschwester sieht, und wenn man auf die Intensivstation geht, ist die Situation dort nicht viel besser, also ist es am besten, wenn man versucht, diese Situation zu vermeiden“

sagt Soós.

Gábor Vattay, Leiter der Abteilung für Physik komplexer Systeme an der ELTE, erklärte kürzlich gegenüber atv: „In den Herbstferien hat sich die Ausbreitung des Coronavirus in Ungarn vorübergehend verlangsamt, doch in dieser Woche hat sich die Infektion extrem beschleunigt.

Der Unterschied zwischen der zweiten Welle im letzten Herbst und der vierten Welle in diesem Herbst besteht darin, dass wir als Einzelpersonen viel besser geschützt sind und uns deshalb nicht so sehr um das Virus kümmern. Um es ganz grob auszudrücken: In diesem Jahr wird das Virus zehnmal so viele Menschen treffen,  aber es gibt unter ihnen zehnmal weniger schwere Fälle“, fügte er hinzu.

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Seiner Meinung nach ist es die Kombination von Dingen in Ungarn, die die schlechte Situation verursacht. Im Vergleich zu den westeuropäischen Ländern haben wir zum Beispiel viel früher mit den Impfungen begonnen, dessen Auswirkungen im Sommer weitgehend fast verschwunden waren. Zum anderen scheint eine neue Welle von Epidemien aus dem Osten zu kommen, die sich in den baltischen Ländern stärker ausbreitet. Er erklärt, dass in den USA und im Vereinigten Königreich eine Basisvariante der Delta-Variante zirkuliert, die mit einer dritten Impfung vermieden werden kann, dass aber in Osteuropa neue Varianten der Delta aufgetaucht sind, für die es keine genauen Messungen der möglichen Auswirkungen gibt. Der Anstieg der Epidemie zeigt jedoch, dass sie sich schneller ausbreiten können und möglicherweise resistenter sind als frühere Varianten. Diese werden jedoch noch nicht genau gemessen.

Er sagte, das Land befinde sich in einem Zustand der Verzögerung, was die Maßnahmen betreffe. Vattay fordert alle Menschen auf, diszipliniert zu sein: Das Tragen von Masken in geschlossenen Räumen und die Verringerung der Zahl der Kontakte könnten dazu beitragen, dass wir die Epidemie eindämmen können.

(Titelbild: MTI/Varga György)