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Ärztekammer an Orbán: „Gehaltserhöhung für Ärzte hat den Gesundheitssektor nicht besser gemacht“

Ungarn Heute 2022.04.21.

Laut der Ungarischen Ärztekammer (MOK) war die kürzlich eingeführte Erhöhung der Ärztegehälter von „historischer Bedeutung“, aber die Qualität und Zugänglichkeit der Gesundheitsversorgung ist weiterhin rückläufig. Der Präsident des MOK schrieb in einem offenen Brief an Viktor Orbán im Namen des MOK, dass sich die Qualität der Versorgung im System unter der COVID-Pandemie sogar verschlechtert hat. Sie fordern die Regierung auf, die von ihnen aufgelisteten Hauptprobleme als eine Einheit zu betrachten und nicht einzeln zu behandel und dass die Wiedereinführung eines unabhängigen Gesundheitsministeriums eine notwendige Voraussetzung für eine Verbesserung des Gesundheitswesen wäre. 

Die Kammer stellt in einem Schreiben an den ungarischen Ministerpräsidenten fest, dass obwohl in Verbindung mit dem Verbot von „Dankesgeldern“ im System es zu einem historischen Anstieg der Gehälter von Ärzten kam, die Qualität der Versorgung und der Zugang zur Gesundheitsversorgung hat sich jedoch nicht dementsprechend verbessert, sondern in vielen Bereichen sogar verschlechtert. Leider auch wegen der COVID-Epidemie. Laut den Fachleuten ist das vor allem auf das Fehlen von Zielen, Visionen, d.h. auf das Fehlen einer Konzeption im Gesundheitswesen zurückzuführen.

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Laut dem Präsidenten Gyula Kincses sind komplexe, programmgestützte Maßnahmen erforderlich, wenn man eine signifikante Verbesserung im Gesundheitszustand der Bevölkerung erreichen will. Die Kammer hat daher zehn Vorschläge an den ungarischen Premierminister gerichtet, darunter folgende:

  • Wir brauchen mehr hochqualifizierte Krankenschwestern und -pfleger. Die Gehälter von Krankenschwestern und Krankenpflegern mit Hochschulabschluss sollten dementsprechend ebenfalls angehoben werden, und zwar entsprechend den Gehältern der Ärzte.
  • Die häusliche Pflege und die Hospizpflege sollte besser ausgebaut werden und die Sozialfürsorge sollte von der Gesundheitsfürsorge getrennt werden, die jetzt eine unnötige Belastung für das System darstellt.
  • Das Verhältnis zwischen öffentlicher/staatlicher und privater Pflege sollte geregelt werden. Die Erfahrungen zeigen, dass eine starre Trennung nicht funktioniert oder sogar schädlich sein kann. Die geregelte Interoperabilität der beiden Sphären, eine kontrollierte, transparente und auf den Patienten ausgerichtete Zusammenarbeit ist wünschenswert.
  • Anpassung der Kapazitäten des Gesundheitswesens an die sich ändernden Bedürfnisse, an das sich ändernde technologische Umfeld und an die Struktur der verfügbaren Humanressourcen ist ebenfalls erforderlich.
  • Das institutionelle Finanzierungssystem im Gesundheitssektor muss geändert werden. Ein Qualitätskontrollsystem sollte dazu eingeführt werden.
  • Umsetzung der geplanten und eingeleiteten nationalen Gesundheitsprogramme, Durchführung von Prävention – Screening – Untersuchung – Behandlung – Rehabilitation – Pflege.
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Nach Ansicht der Ungarischen Ärztekammer sollten diese Punkte als Einheit behandelt werden, da nur so ein radikaler Wandel möglich ist. Darüber hinaus fordern sie die Regierung immer wieder auf, das unabhängige Gesundheitsministerium wieder einzuführen, das es früher aus irgendeinem Grund mit Bildung, Kirchenangelegenheiten, Sport und vielen anderen Bereichen zusammengelegt wurde.

Aus verschiedenen Presseberichten geht übrigens hervor, dass der derzeitige Gesundheitsminister, Miklós Kásler, die neue Regierung wahrscheinlich verlassen wird. Der Onkologie-Professor kam mit einer Fülle von Fachkenntnissen ins Ministerium, wurde aber von vielen dafür kritisiert, dass der Gesundheitssektor in den letzten Jahren in der Arbeit des Ministeriums immer noch nicht ausreichend berücksichtigt wurde.

Kanzleramtsminister Gergely Guyás wurde bei seiner gewöhnlichen Pressekonferenz zu einer möglichen Gesundheitsreform befragt und sagte: Es wird KEIN separates Ministerium geben. Wie er sagte, es sei gut, die human-orientieren Angelegenheiten in einem gemeinsamen Ministerium zu haben. Die Regierung will diesen Grundsatz beibehalten.

(Via: MOK, Titelbild: MTI/Balogh Zoltán)