Wöchentliche Newsletter

Antwort Brüssels: Antrag von Viktor Orbán auf einen schnellen Kredit wird noch geprüft

Ungarn Heute 2022.03.24.
FIZETŐS

„Die Europäische Kommission prüft noch das Schreiben, das Ministerpräsident Viktor Orbán am vergangenen Freitag an die Präsidenten der Kommission, des Europäischen Rates und des Europäischen Parlaments geschickt hat“ reagierte Andrea Masini, Sprecher für Wirtschaftsangelegenheiten bei der Europäischen Kommission auf eine Anfrage vom ungarischen Nachrichtenportal Privátbankár. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat die Europäische Kommission, bzw. Ursula von der Leyen persönlich in einem Brief gebeten, alle dem Land zugewiesenen EU-Mittel auszuzahlen, einschließlich eines Darlehens im Rahmen des Wiederaufbaufonds, aber er bittet dies zur Bewältigung der ukrainischen Flüchtlingskrise. 

Die Europäische Kommission prüft den Antrag Ungarns auf eine vorzeitige Inanspruchnahme des Konjunkturfonds, verlangt aber eine angemessene Begründung und ein Programm sowie eine Neubewertung und Genehmigung des bereits vorgelegten Plans, so die Antwort der EU-Behörde an das ungarische Wirtschaftsportal Privátbankár.hu. Nach den bisherigen Erfahrungen mit den unterschiedlichen EU-Prozessen könnte dies jedoch ein langwieriger Prozess sein.

Wie wir bereits am Mittwoch berichteten, bat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán die Europäische Kommission in einem Brief, die Kreditlinie, die dem Land im Rahmen des EU-Konjunkturprogramms zur Verfügung gestellt wurde, teilweise mit sofortiger Wirkung in Anspruch nehmen zu können. Neben der Flüchtlingswelle aus der Ukraine begründete der Ministerpräsident seinen Antrag vor allem damit, dass „die wirtschaftlichen Auswirkungen des Krieges und der Sanktionen die ungarische Wirtschaft schwer belasten“, wobei er sich auf den Einmarsch Russlands in die Ukraine und die Strafmaßnahmen der EU gegen Russland bezog.

Auf die Frage des Portals, ob die Kommission dem ungarischen Vorschlag gegenüber offen stehe und wann mit einer Entscheidung in dieser Frage zu rechnen sei, gab der Sprecher keine konkrete Antwort und verwies darauf, dass die Bewertung des Schreibens noch nicht abgeschlossen sei.

Andrea Masini fügte jedoch hinzu, dass Ungarn noch keinen konkreten Antrag auf „Darlehensunterstützung“ im Rahmen des Konjunkturprogramms gemäß dessen Regeln gestellt hat (d.h. das Schreiben von Viktor Orbán könnte nur ein erster Schritt sein).

Fact

Nach früheren Berechnungen hätte Ungarn während der Coronavirus-Krise Anspruch auf rund 5.900 Mrd. Forint aus dem EU-Konjunkturprogramm gehabt. Ursprünglich war der Entwicklungsplan auf diesen Betrag ausgelegt, doch als das konkrete Programm im vergangenen Frühjahr vorgelegt werden musste, strich die Regierung den Anspruch auf einen Kredit in Höhe von 3.400 Mrd. Forint und nahm dann im Herbst mit einer gigantischen Anleiheemission zu einem niedrigeren Preis Geld am Markt auf. Wichtig ist, dass die Regierung bereits zu diesem Zeitpunkt mitgeteilt hatte, dass sie nur vorübergehend auf die Sanierungsdarlehen verzichtete und dass die Möglichkeit bestand, dass Ungarn die Darlehen später (teilweise) in Anspruch nehmen würde.

Er erinnerte auch daran, dass die Mitgliedstaaten bis zum 31. August 2023 Darlehen in Höhe von maximal 6,8 Prozent ihres BIP (Bruttonationaleinkommen) für das Jahr 2019 beantragen können (nach Angaben des Ungarischen Statistischen Zentralamts betrug das BIP Ungarns im Jahr 2019 47.524 Milliarden Forint, wovon 6,8 Prozent 3.232 Milliarden Forint ausmachen – Anm. d. Red.)

Gleichzeitig wies er darauf hin, dass Ungarn den Antrag begründen und den Bedarf an mehr Finanzmitteln, weiteren Reformen und Investitionen mit vereinbarten Meilensteinen und Zielen nachweisen müsste

Masini sagte weiterhin, die Kommission werde den Plan, der noch vom Europäischen Rat gebilligt werden müsse, anschließend neu bewerten.

Der Sprecher bezog sich auf den Plan, den die ungarische Regierung der Kommission im Mai letzten Jahres vorgelegt hat, wie sie das Geld, das Ungarn aus dem Wiederherstellungsfonds zusteht, zu verwenden gedenkt. Allerdings war dieser Plan „nur“ für die Ausgabe von Zuschüssen vorgesehen und die ungarische Regierung wollte zu diesem Zeitpunkt keine Darlehen in Anspruch nehmen (der Fonds besteht aus zwei großen Teilen: Zuschüsse und Darlehen – Anm. d. Red.).

Der ungarische Plan wurde jedoch im Gegensatz zu den Plänen der meisten Mitgliedstaaten von der Kommission noch nicht genehmigt.

(Via: provatbankar.hu, Titelbild: MTI – Koszticsák Szilárd)