Aufgrund des großen Interesses an der Ausstellung „Art déco Budapest“ wird sie einen Monat länger, bis zum 25. September, geöffnet sein, teilte die Ungarische Nationalgalerie (MNG) am Samstag mit.
Die Ausstellung „Art déco Budapest. Plakate, Objekte, Räume (1925-1938)“ der Ungarischen Nationalgalerie hat bisher rund 70.000 Besucher angezogen. Die Ausstellung bietet einen umfassenden Überblick über die unverwechselbare visuelle Kultur der Zwischenkriegszeit, heißt es in einer Pressemitteilung.
Nach den traumatischen Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und der Spanischen Grippe begann eine Phase der wirtschaftlichen Konsolidierung. Trotz der ungerechten Grenzziehung, die – nach menschlichem Ermessen – ein Scheitern des Rumpfstaates prognostizierbar machte, stellte sich Ungarn erstaunlich schnell auf die Beine. Vor allem die Hauptstadt stand auf wie Phönix aus der Asche:
In den Spät-Zwanzigern wird die unbändige Lebenslust und der damit verbundene Glanz zum wesentlichen Bestandteil der Art-Déco-Ästhetik. Der ökonomische Aufschwung und ein neues, weniger elitäres Lebensgefühl macht den Jugendstil der Vorkriegszeit obsolet.
Die ursprünglich in Frankreich beheimatete Art-Déco-Bewegung war eine Mischung aus verschiedenen Inspirationen: Die revolutionären Ansätze der Avantgarde-Kunst, die Reduktion des Jugendstils, Zitate historischer Stile sowie die Wiederentdeckung der Volkskunst und exotischer Kulturen. Die Art-Déco-Plakate sollten vor allem überwältigen und zwar mit der schillernden Überzeichnung des Glamours, der Erotik, der Geschwindigkeit und der Halbwelt. Kunst, Handwerk, Film, Theater, Musik und Architektur lassen das Lebensgefühl der lebenshungrigen Donau-Metropole in der Zwischenkriegszeit erahnen.
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die ungarische Art-Déco-Kunst, insbesondere die Plakatkunst und das moderne städtische Leben. Die meisten der mehr als 250 ausgestellten Kunstwerke werden nur sehr selten ausgestellt oder waren noch nie zuvor öffentlich zu sehen.
Keine andere umfassende Ausstellung zu diesem Thema hat bisher die Welt der ungarischen Hauptstadt zwischen den beiden Kriegen so komplex dargestellt. Neben Plakaten umfasst die Ausstellung auch Zeitschriften, Anzeigen, Bücher, Illustrationen aus illustrierten Zeitschriften und Objekte der angewandten Kunst, darunter Möbel, Keramik, Glaswaren, Kleidung, Accessoires und Kostümentwürfe.
Es ist vielleicht kein Zufall, dass der Erfinder des ungarischen Krimis, Vilmos Kondor (geboren 1954), seinen Romanhelden, den Kriminalreporter Zsigmond Gordon in diese schnelllebige, von Gegensätzen geprägte Welt der 1930-er Jahren eintauchen lässt. Sein 2017 verfilmter „Budapest noir“ (deutsch: Der leise Tod, 2010) hat das Lokalkolorit des ungarischen „Babylon“ meisterhaft eingefangen.
Szene aus dem Film „Budapest noir“ (2017)
Die Ausstellung umfasst mehr als 130 Plakate und zahlreiche Plakatentwürfe von einigen der bedeutendsten Designer der Zeit, wie Róbert Berény, József Bottlik, István Irsai, Kató Lukáts und Gitta Mallász. Ihre Art-déco-Plakate wurden zur Werbung für Luxusgüter, Filme in Kinos, Cafés und Nachtclubs in Pest verwendet.
Den Angaben zufolge wird auch die begleitende Kammerausstellung „Dancing 1925 – Ungarische Künstler in der Pariser Nacht“ noch einen Monat lang geöffnet sein. Das englische Wort dancing bezeichnete nicht nur das Tanzen selbst, sondern auch das beschwingte Lebensgefühl der „années folles” (verrückten Jahre), das die Menschen suchten, die sich amüsieren und das Trauma des Krieges vergessen wollten. Die Ausstellung zeigt das Pariser Nachtleben der 1920er Jahre aus der Sicht von drei ungarischen Künstlern: Die Werke von Marcell Vértes, János Vaszary und Miklós Vadász erinnern an die pulsierende Atmosphäre der Pariser Nachtclubs.
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Im September bietet die Ungarische Nationalgalerie eine Reihe von Veranstaltungen für die Öffentlichkeit an. In regelmäßigen Abständen werden Führungen durch die Ausstellungen stattfinden, und am Mittwoch, den 21. September, beim herbstlichen Weinabend, werden die Ausstellungen bis 22:00 Uhr geöffnet sein, heißt es in der Zusammenfassung.
Die Kuratoren der beiden Ausstellungen haben offensichtlich ein Händchen für die richtige Themenwahl: Damals waren Krieg und Epidemie, heute dieselben, nur in umgekehrter Reihenfolge, die einschneidenden Ereignisse der westlichen Welt. Ob diese Erfahrungen auch hundert Jahre später indirekte Auslöser für die Entfaltung der Kreativität sein werden?
Via MTI Beitragsbilder: Ungarische Nationalgalerie Facebook