Die deutschsprachigen Medien im Ausland veranstalten 2017 die erste weltweite Wahl zur „Auslandsdeutschen des Jahres“. Bei dem Wettbewerb ist vor allem das Engagement der Teilnehmerinnen für die eigene Kultur ausschlaggebend.
Beworben haben sich Frauen aus aller Welt. Vier von ihnen sind nach einer Vor-Auswahl durch eine Jury in die Endausscheidung gekommen. Auch die Leser von „Ungarn Heute“ dürfen nun entscheiden, welche der vier Kandidatinnen den Titel „Auslandsdeutsche des Jahres 2017“ tragen soll. Schicken Sie den Namen ihrer Favoritin und den Namen des Landes, aus dem sie abstimmen, bis zum 10. Dezember 2017 an info@imh-service.de. Diejenige Kandidatin, die am meisten Stimmen aus verschiedenen Ländern erhält, hat gewonnen. Das Ergebnis wird Mitte Dezember bekanntgegeben.
Vorstellung der vier Kandidatinnen:
Viktória (Ungarndeutsche)
Viktória (22) ist Ungarin mit deutschen Wurzeln mütterlicherseits. Ihre Vorfahren kamen mit den Zügen der Donauschwaben in der Zeit von Maria Theresia nach Südosteuropa. Bis heute wird in ihrem Elternhaus auch Deutsch gesprochen. Sie engagiert sich in ihrer nordungarischen Heimatregion westlich von Budapest einerseits politisch in der deutschen Nationalitätenselbstverwaltung und andererseits kulturell in der Leitung einer großen donauschwäbischen Tanzgruppe. Für ihre Mittänzer organisiert sie beispielsweise Auftritte im Ausland. Um ihr sprachliches Erbe weitergeben zu können, studiert sie in Budapest das Spezialfach „Deutsch als Minderheitensprache“.
Isabel (Deutschbrasilianerin)
Isabel (30) lebt im südbrasilianischen Bundesstaat Santa Catarina, in dem die deutschstämmigen Einwanderer samt ihrer Kultur sehr auffällig sind. Deutsch ist immer noch die zweithäufigste Muttersprache Brasiliens, obwohl ihr Gebrauch lange Zeit von der Regierung unterdrückt und sogar verboten wurde. Isabels Vorfahren kamen um 1828 aus dem Hunsrück in Südwestdeutschland nach Santa Catarina und gehörten zu den Gründern der ersten deutschen Siedlungen dort. In ihrer Familie wird bis heute die Mundart aus dem Hunsrück gesprochen. Hochdeutsch hat sich Isabel selbst neu beigebracht. Sie betreibt intensiv Ahnenforschung und ist begeistert von der Kultur ihrer Vorfahren. Deshalb baute sie unter dem Namen „Deutschbrasischland“ eine Internetpräsenz und eine Facebook-Seite auf. Bei Facebook folgen ihr mittlerweile rund 50.000 Menschen, die sich regelmäßig über das Neueste in der deutsch-brasilianischen Szene informieren möchten. Außerdem beteiligt sie sich aktiv an der Arbeit eines deutschen Vereins bei der Organisation von Festen und Umzügen für Deutschstämmige.
Anne (Deutschaustralierin)
Anne (34) ist in der ostdeutschen Lausitz geboren. Während ihres Studiums der Fächer „Deutsch als Fremdsprache“ und „Publizistik“ in Berlin lernte sie einen Australier kennen, mit dem sie nach Südaustralien, ins Barossa-Tal bei Adelaide, auswanderte. Das Tal ist seit dem 19. Jahrhundert ein traditionelles Siedlungsgebiet deutscher Einwanderer. Sie möchte mithelfen, das deutsche Erbe der Region zu erhalten. Dafür engagiert sie sich im Sprachverein „Barossa German Language Association Inc.“, wo sie Kindern – unter anderem ihren zwei eigenen – spielerisch die deutsche Sprache näherbringt, die Internetseite pflegt und die Vereinszeitschrift „Das Blatt“ herausgibt. An der Schule der Deutschen Sprache e.V. in Adelaide unterrichtet sie zudem Erwachsene.
Michaela (deutschstämmige Mennonitin aus Paraguay)
Michaela (38) lebt in einer vor 80 Jahren gegründeten mennonitischen Kolonie und Agrarkooperative im Zentrum von Paraguay namens „Friesland“. Ihre Muttersprache ist Plattdeutsch, weil ihre Vorfahren aus Friesland an der Nordsee stammen, wo sie sich der evangelischen Glaubensgemeinschaft von Menno Simons angeschlossen hatten. Auf der Suche nach freien religiösen Entfaltungsmöglichkeiten wanderten die Ahnen zunächst nach Russland. Durch den Kommunismus wurde das Leben dort unerträglich und sie zogen weiter – erst zurück nach Deutschland und dann nach Paraguay. Die Mennoniten bewahren die hochdeutsche bzw. plattdeutsche Sprache im Ausland seit Jahrhunderten als Teil ihrer Religion. Deutsch ist Umgangssprache in der Kolonie, Unterrichtssprache der dortigen Schule und die Sprache der Medien: einer Zeitschrift und einer Radiostation. Michaela half bei der Gründung des Senders und arbeitet in der Redaktion der monatlichen Zeitschrift „Friesland Informationsblatt“. 2013 initiierte sie zusammen mit einem anderen Mennoniten die „Plattdeutsche Medienkonferenz“, die seitdem alle zwei Jahre an wechselnden Orten stattfindet. Zu den Treffen versammeln sich Mennoniten und Sprachinteressierte aus aller Welt, um Aktionen zur Bewahrung und Förderung der plattdeutschen Sprache im Ausland zu starten und zu koordinieren. 2017 organisierte Michaela die Konferenz in einer Mennoniten-Siedlung in Mexiko.
Björn Akstinat, Leiter des Netzwerks der deutschsprachigen Auslandsmedien (IMH-Internationale Medienhilfe): „Der Wettbewerb soll speziell die jüngeren weiblichen Mitglieder der deutschen Gemeinschaften und Minderheiten rund um den Globus für ihre bisherigen Aktivitäten belohnen bzw. für eine Mithilfe in deutschen Vereinen und sonstigen Institutionen motivieren. In vielen deutschen Vereinigungen im Ausland sind jüngere Leute noch unterrepräsentiert. Ziel des Wettbewerbs ist außerdem, in Deutschland auf die großen kulturellen Leistungen und Traditionen der Auslandsdeutschen stärker aufmerksam zu machen. Viele Bürger der Bundesrepublik wissen so gut wie nichts von den deutschen Minderheiten weltweit, da diese im Unterricht der Schulen und Hochschulen zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen kaum thematisiert werden.“
via Pressemitteilung der Internationalen Medienhilfe (IMH), Foto: IMH